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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung
Autoren: Michaela Thewes
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Löwenanteil hatte Jette getrunken. Da ich an diesem Tag noch zwei unangenehme Aufgaben zu erledigen hatte, war ich, was den Alkohol betraf, lieber zurückhaltend. Wobei es vielleicht nicht einmal verkehrt gewesen wäre, mir Mut anzutrinken, denn die Aussicht, gleich zwei Männern eine Abfuhr erteilen zu müssen, lag mir ganz schön schwer im Magen. Wem sollte ich meine Entscheidung zuerst unterbreiten?
    Meine Wahl fiel auf Hans-Hermann. Natürlich war er alles andere als begeistert, als ich ihm am Telefon mitteilte, dass ich nicht nur die Partnerschaft ausschlagen, sondern der Kanzlei ganz den Rücken kehren würde. Nachdem ihm klar geworden war, dass er mich nicht umstimmen konnte, beglückwünschte er mich jedoch zu meiner mutigen Entscheidung. Er bot mir sogar an, dass ich jederzeit in die Kanzlei zurückkehren könnte, falls mein Neustart im Sauerland schiefgehen sollte. Kurz fragte ich mich, ob die Kündigung nicht doch ein Fehler gewesen war. Einen solchen Chef würde ich nie wieder finden! Als mein eigener Boss war ich vermutlich nicht einmal annähernd so verständnisvoll. Aber dann würde ich eben lernen müssen, etwas nachsichtiger mit mir zu sein.
    Vor dem Telefonat mit Simon graute es mir noch mehr. Wie sollte ich ihm bloß erklären, dass ich ihn nach wie vor für einen fantastischen Mann hielt, aber dass aus uns nie im Leben ein glückliches Paar werden würde? Sosehr wir auch beruflich miteinander harmonierten, so unterschiedlich waren wir in allen anderen Lebensbereichen. Das musste er doch einsehen, oder nicht? Andererseits hatte ich einer zweiten Chance gerade erst zugestimmt. Mist!
    Um Zeit zu schinden und mir moralische Unterstützung zu holen, beschloss ich, vorher noch Pia anzurufen. Vielleicht hatte sie einen Tipp auf Lager, wie ich Simon möglichst taktvoll und einfühlsam einen Korb geben konnte. Der Anruf bei Pia war ohnehin längst überfällig. Seit dem Sektumtrunk in der Kanzlei hatte sie ein paarmal versucht, mich zu erreichen, aber bei all der Aufregung war ich einfach noch nicht dazu gekommen zurückzurufen. Möglicherweise hatte ich mich aber auch unbewusst vor dem Gespräch gedrückt, weil Pia meine Entscheidung, im Sauerland zu bleiben, bestimmt nicht gutheißen würde. Deshalb beschloss ich, sie erst einmal wegen Simon um Rat zu bitten, bevor ich mit meinen Umzugsplänen rausrückte.
    »Ich muss unbedingt mit dir reden«, überfiel ich meine Freundin gleich, nachdem sie sich gemeldet hatte. »Es geht um Simon.«
    »Ach, jetzt versteh ich auch, warum du dich noch nicht gemeldet hast.« Pias Stimme klang besorgt. »Sei ehrlich: Das mit Simon und mir stört dich, oder? Simon hat gesagt, zwischen euch sei alles geklärt. Und da dachte ich, es würde dir nichts ausmachen.«
    »Es macht mir nichts aus«, versicherte ich schnell. Von mir aus konnten die beiden zusammen Tennis spielen, so viel sie lustig waren. »Ihr seid sicher ein prima Team.«
    »Stimmt. Gut, für meinen Geschmack ist er ein wenig zu ehrgeizig«, plapperte Pia aufgekratzt weiter, »aber solange er mich nicht unter Druck setzt, komme ich damit schon irgendwie klar. Andere Dinge sind ja auch viel wichtiger. Zum Beispiel können wir stundenlang miteinander reden.«
    Stundenlang miteinander reden? Wie hatte sie das denn bitte gemeint? Zwar war selbst mir als passioniertem Nichtsportler bereits aufgefallen, dass Tennisspieler alle naselang Pause machten und bei jedem Seitenwechsel erst mal eine Weile auf der Bank rumhockten. Aber dass diese Spielunterbrechungen zum Quatschen gedacht waren, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
    »Die meisten sehen bei Simon nur die schöne Fassade und machen sich gar nicht erst die Mühe herauszufinden, was für ein Mensch sich dahinter verbirgt«, erklärte Pia. »Dabei ist Simon unglaublich einfühlsam. Manchmal habe ich das Gefühl, er weiß schon lange vor mir, was ich denke.«
    Mein Verdacht, dass Pia nicht nur vom Tennisspielen redete, erhärtete sich.
    »Es ist schon verrückt«, fuhr Pia fort. »Anfangs hat Simon nur meine Nähe gesucht, um mich über dich auszuquetschen. Damit es nicht so auffällt, hat er mit mir auch über andere Dinge gequatscht, über seine Familie, über seine Hobbys ... Lauter so Zeug eben. Dabei haben wir festgestellt, wie viele Gemeinsamkeiten wir haben. Na ja, und dann bin ich ja für seinen verletzten Tennispartner eingesprungen. Hinterher haben wir wieder Ewigkeiten über Gott und die Welt geredet. Dass wir uns ineinander verliebt haben,
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