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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung
Autoren: Michaela Thewes
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wunderschöner Schmetterling – die Seele. Und die steigt auf zum lieben Gott.«
    Rebecca, die unsere Unterhaltung mitangehört hatte, sah mich anerkennend an. Eine so kindgerechte und pädagogisch wertvolle Erklärung hatte sie mir offenbar nicht zugetraut. Seit sie es nicht mehr auf den armen Daniel abgesehen hatte, kamen wir ohnehin viel besser miteinander klar.
    Beim gemeinsamen Kaffeetrinken nach dem Friedhofsbesuch setzte Rebecca ihre Politik der Entspannung weiter fort. Sie machte mir sogar ein Kompliment. »Dafür, dass du keine Erfahrung mit Kindern hast, bekommst du das mit den Jungs erstaunlich gut hin«, lobte sie mich zwischen zwei Bissen Schokoladenkuchen.
    Täuschte ich mich, oder hatte das neulich noch ganz anders geklungen?
    »Außerdem ist es ja keine Schande, Hilfe in Anspruch zu nehmen«, fuhr Rebecca fort. »Ich bin wirklich froh, dass ihr meinen Ratschlag befolgt habt. Hab ich euch zu viel versprochen? Frau Meyer-Birkenstock findet einfach super Zugang zu den Kindern. Aber dass sie so schnell bei Lukas Erfolg hat, überrascht sogar mich.«
    »Wie bitte?«, fragte ich dümmlich und machte damit den guten Eindruck, den ich offenbar hinterlassen hatte, sofort wieder zunichte.
    »Lukas beißt im Kindergarten nicht mehr«, erklärte Rebecca geduldig. »Überhaupt erscheint er mir neuerdings viel ausgeglichener.«
    »Oh, das ist schön.«
    Wie es zu dieser Spontanheilung gekommen war, behielt ich wohl lieber für mich. Um das Thema nicht weiter vertiefen zu müssen, wandte ich mich Daniel und Erika zu, die über irgendetwas diskutierten.
    »Ihr Verhalten heute auf dem Friedhof war völlig inakzeptabel«, erklärte Erika gerade mit säuerlicher Miene.
    »Aber Erika, es sind Kinder«, machte Daniel einen ziemlich lahmen Versuch, seine Sprösslinge, die die schwarzen Hemden längst gegen Spider-Man-T-Shirts eingetauscht hatten und zum Spielen verschwunden waren, in Schutz zu nehmen.
    »Ganz genau, es sind Kinder. Und deshalb müssen sie lernen, sich richtig zu benehmen. Mal ganz davon abgesehen, dass es mir unbegreiflich ist, wie du es zulassen kannst, dass sie Kerstin einfach vergessen. Finn, der sonst bei jedem Zeichentrickfilm wie ein Schlosshund heult, hat am Grab nicht eine Träne vergossen! Nicht eine Träne!«
    Mir wollte es nicht so recht einleuchten, warum es erstrebenswert sein sollte, dass ein Kind traurig war!
    »Kerstin ist bestimmt eine fantastische Frau gewesen. Aber sie ist gestorben, als die Zwillinge gerade mal fünf Monate alt waren«, konnte ich es mir nicht verkneifen, mich einzumischen. »Finn und Lukas haben ihre Mutter also nie wirklich kennengelernt. Wie sollen sie einen Menschen vermissen, an den sie sich überhaupt nicht erinnern können?!«
    Kerstins Todestag war vielleicht nicht gerade der ideale Zeitpunkt, um dieses Thema anzusprechen, aber das Problem war meiner Meinung nach schon viel zu lange totgeschwiegen worden. Ich warf Daniel einen hilfesuchenden Blick zu. Doch der verschanzte sich hinter seiner Kaffeetasse.
    »Was wissen Sie denn schon?«, giftete Erika mich über den Tisch hinweg an.
    »Eine ganze Menge. Ich weiß beispielsweise, dass Nina mit den Jungs wunderbar zurechtgekommen ist. Und ich weiß, dass Sie alles darangesetzt haben, das gute Verhältnis zwischen meiner Schwester und den Kindern zu vergiften.« Nur meine gute Erziehung und die ein Meter breite Tischplatte zwischen uns hielten mich davon ab, Erika an die Gurgel zu gehen.
    Rebecca legte beschwichtigend die Hand auf meinen Arm. Dann sagte sie zu Erika: »Ich bin sicher, eure Tochter wird immer einen Platz in Daniels Herz haben. Kerstin hätte gewollt, dass er glücklich wird und eine neue Frau findet, die er liebt. Und die ihn liebt. Schon allein der Kinder wegen.«
    Ging’s vielleicht ein bisschen weniger emotional? Meine Wut war verpufft. Auch wenn ich im Gegensatz zu Finn nicht bei jedem Zeichentrickfilm sofort losheulte – garantieren konnte ich für nichts. Ich war derzeit nämlich ebenfalls ziemlich nah am Wasser gebaut.
    »Vielleicht ist es an der Zeit, dass ihr mit Nina Frieden schließt«, fuhr Rebecca an Erika und Friedhelm gewandt fort. Sie war als Schlichterin voll in ihrem Element. Kein Wunder, schließlich hatte sie dank Max, Lukas & Co auf diesem Gebiet jede Menge Erfahrung. »Ihr müsst sie nicht unbedingt mögen, aber vielleicht gelingt es euch ja, euch irgendwie mit ihr zu arrangieren.«
    »Und das sagst ausgerechnet du?!«, fuhr Erika Rebecca über den Mund. »Du hast dir doch
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