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Mädchenhass und Jungenliebe (Junge Liebe )

Mädchenhass und Jungenliebe (Junge Liebe )

Titel: Mädchenhass und Jungenliebe (Junge Liebe ) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Wagner
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hörbares, schwer zuzuordnendes Geräusch aus dem Hintergrund. Es war meine Mutter. Sie hatte das Gesicht in die Hände gelegt und zitterte ein wenig.
    Weinte sie? Sie hat sich all die Jahre stolz als liberale und für alles offene Mutter dargestellt. Und jetzt erfuhr sie, dass sich ihr Sohn in einen anderen Jungen verliebt hatte. Ließ dies für sie eine Welt zusammenbrechen? Das konnte doch nicht sein.
    „Verdammte Scheiße, ist das wahr?“ Lara war aufgesprungen und hatte sich auf mich gestürzt. Der Justizbeamte, ein großer und kräftiger Mann hatte immense Schwierigkeiten, sie festzuhalten, um zu verhindern, dass sie mich totschlug.
    „David, guck mich an! Ist das wahr? Bist du so 'ne kleine dreckige Schwuchtel? Hat dir der Sex mit mir wenigstens Spaß gemacht? Hast dabei wohl an Schwänze und Jungenärsche gedacht, oder?“
    Ich hatte nicht die Absicht, ihr in diesem Moment die genaueren Umstände zu erklären und als sie merkte, dass ich weder meinen Mund zum Sprechen öffnete, noch anderweitige Anstalten machte, ihr zu antworten, suchte sie sich ein neues Ziel.
    „Henning! Was laberst du da? Stimmt das? War ich ein Jahr lang mit so 'nem widerlichen Schwanzlutscher zusammen?“ Sie schrie und schlug wild um sich.
    Herr Schmitz hatte sich derweil entspannt zurückgelehnt und sah sich das Spektakel als neutraler Zuschauer an.
    „Lara, er hat mir gesagt, dass er sich in mich verliebt hat.“
    Henning blieb bei all dem bemerkenswert ruhig. Er war halt einfach ein cooler Typ und ich liebte ihn und das hatte sich die ganze Zeit nicht geändert und würde sich auch nicht ändern.
    Lara wurde derweil unter größtem Kraftaufwand aus dem Saal entfernt. Wortlos folgten ihr ihre Eltern, deren Gesichtsausdrücke wie versteinert waren. Danach verließ Sarah den Saal, die sich aber einige Millimeter vor der Tür noch mal umdrehte und mir und Henning einen drohenden Finger entgegenstreckte.
    „Irgendwann kriegen wir euch beide noch, ihr widerlichen Arschgesichter. Dann suchen wir uns was anderes, um euch fertig zu machen. Ihr seid beide nur ein Haufen Scheiße.“ Das klang für mich nach einem Geständnis durch die Hintertür.
    Nachdem Familie Prunkmann den Saal verlassen hatte, kehrte eine angenehme Ruhe ein.
    Der Richter nahm den roten Faden wieder auf.
    „Henning, du willst also sagen, der Angeklagte sei homosexuell und habe somit kein Motiv für Sexualstraftaten an einer Person weiblichen Geschlechts?“
    „Ja, irgendwie schon. Ich mein, er hat mir doch gesagt, dass er in mich verliebt ist. Mehrfach sogar.“
    „Herr Kreutzer, möchten Sie etwas dazu sagen?“
    „Nein.“ - „Als Angeklagter muss man doch nichts sagen,        oder?“, wollte ich mich bei Herrn Schmitz erkundigen.
    Nachdem dieser seinen Trancezustand verlassen hatte, kam die aufschlussreiche Antwort:
    „Nö.“
    Darüberhinaus wusste ich immer noch nicht, ob ich mich wirklich als schwul bezeichnen sollte. Noch nie zuvor hatte ich irgendeinen Jungen attraktiv gefunden. Ich liebte Henning, und nur ihn.
    Ich traute mich nicht, zu meiner Mutter zu sehen. Ich wusste nicht, was ich zu erwarten hatte. Immerhin hatte sie doch geweint, als sie erfahren hatte, was los war.
    Zu Henning wollte ich auch nicht sehen. Ich fühlte mich, als stünde ich zu tief in seiner Schuld, um ihn anzusehen. Er hatte mich gerettet, obwohl er mich nicht leiden konnte. So einen Menschen musste man einfach lieben und das tat ich.
    „Dann auf ein zweites. Gibt es noch Fragen oder Anträge?“
    Ich hätte beantragen können, Lara und Sarah in einen Container zu packen und diesen im Rhein versenken zu lassen, aber das schien mir dann doch ein Spürchen zu heftig.
    „Nun, dann schließe ich die Beweisaufnahme diesmal hoffentlich endgültig, verzichte auf eine weitere Stellungnahme der Jugendgerichtshilfe und bitte die Staatsanwältin erneut um ihr Plädoyer.“
    Ich hatte das alles schon mal erlebt und war heilfroh, es diesmal unter angenehmeren Umständen erleben zu können, denn aus der Sache war ich so gut wie raus.
    „Hohes Gericht. Wir können von Glück sprechen, dass der Zeuge Henning Fischer in letzter Sekunde die Kurve gekriegt hat und seine Falschaussage zurückgenommen hat, denn sonst wäre heute sicher ein Unschuldiger verurteilt worden. Niemand hätte hier ahnen können, wie es wirklich geschehen ist, wo doch die Fakten so klar auf dem Tisch lagen. Es ist abscheulich, sich eine Straftat auszudenken, um damit einem anderen zu schaden. Lara und Sarah

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