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Maedchenfaenger #4

Titel: Maedchenfaenger #4
Autoren: Jilliane Hoffman
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Beinen der alten Frau heraus und verschwand in den Büschen.
    «Sindbad! Komm sofort zurück!», rief Mrs. Ross mit weichem, zittrigem Südstaatenakzent.
    An der Grundschule hatte Bradley eineinhalb Stunden früher Schluss als Lainey, und Mrs. Ross diente als nachmittäglicher Bo­xenstopp, bevor Lainey ihren Bruder abholte und mit nach Hause nahm. Früher war Bradley einfach allein nach Hause gegangen, bis einer der neuen Nachbarn ihrer Mutter mit dem Jugendamt gedroht hatte, und seitdem passte Mrs. Ross auf ihn auf. Lainey fand, allein war er besser dran gewesen. Mrs. Ross sah aus wie hundert und konnte weder sehen noch hören, noch erinnerte sie sich an irgendwas. Außerdem roch es bei ihr immer nach Pipi und gekochten Eiern. «Hallo, Elaine», sagte sie. «Komm doch rein.»
    «Soll ich ihn für Sie einfangen?», fragte Lainey.
    «Wen?»
    «Sindbad.»
    Eine Pause entstand.
    «Den Kater», erklärte Lainey.
    Mrs. Ross sah sich um. Dann ging ihr ein Licht auf. «Ach so, nein, nein. Lass ihn ruhig. Der kommt schon wieder. Hier kriegt er sein Fresschen.»
    In der Wohnzimmertür tauchte Bradley auf. Er war ganz blass. «Es gibt eine Sturmwarnung. Die sagen, es kann sogar Tornados geben.»
    Oje. Ihr Bruder konnte sich, ohne mit der Wimper zu zucken, Texas Chainsaw Massacre und Saw IV ansehen, doch seit Hurrikan Wilma vor ein paar Jahren das Fenster in seinem Zimmer ein­gedrückt hatte, reichten fünf Sekunden Wettervorhersage, und Bradley machte sich in die Hose. Anscheinend hatte die Unwet­terwarnung seinen Zeichentrickfilm unterbrochen.
    «Vielleicht wäre es besser, wenn wir hier warten», sagte er mit vor Angst geweiteten Augen. Mrs. Ross presste die Lippen zu­sammen und sah von einem zum anderen. Offensichtlich machte sie sich keine Sorgen um Tornados. Sie wollte ihren Fernseher wiederhaben. Bald fing Oprah an.
    «Reg dich ab. Es regnet ja noch nicht mal», antwortete Lainey gelassen.
    «Aber ... die sagen, dass ein Tornado wie ein Güterzug klingt.»
    «Wir müssen gehen, Brad. Komm schon.» Sie sah Mrs. Ross an. «Wir können nicht bleiben.» Mrs. Ross zuckte die Achseln. «Aber ...», murmelte er wieder.
    «Hör zu, wir rennen nach Hause, bevor der Regen anfängt. Wir machen ein Wettrennen.»
    Bradley sah an ihr vorbei. Wieder rollte ein Donner, und seine Lippe begann zu zittern.
    Lainey seufzte. Zu sehen, wie ihr sonst so frecher Bruder zu einem Häufchen Elend zusammenschrumpfte, hätte sie eigent­lich freuen sollen, doch der Anblick bewirkte das Gegenteil. Der Kleine tat ihr leid. Er war wirklich total verängstigt. «Komm an meine Hand, Brad», sagte sie leise und ging in die Knie, um ihm in die Augen zu sehen. «Es passiert nichts. Das verspreche ich dir. Aber wir müssen los, und zwar jetzt gleich.»
    Gerade als sie Hand in Hand um die Ecke der 43rd Street auf die 114th Terrace rannten, drehte der liebe Gott die Schleusen auf. Und den Donner. Das ohrenbetäubende Dröhnen, das klang, als wäre es direkt über ihren Köpfen, löste drei Autoalarme aus. Als sie das Haus ein paar hundert Meter weiter erreichten, waren sie bis auf die Unterwäsche durchnässt, was den inzwischen völlig verstörten Bradley immerhin eine Viertelsekunde zum Grinsen brachte.
    Sie wartete vor seiner Zimmertür, bis er trockene Kleider an­hatte, dann brachte sie ihn ins Wohnzimmer, schloss die Fens­terläden und legte Resident Evil in seine PlayStation ein. Ein Vi­deospiel konnte nicht von Unwetterwarnungen unterbrochen werden, und die schreienden Opfer der Zombies übertönten den Donner. Lainey beobachtete ihn aus der Küche, bis der schlimms­te Schauer vorübergezogen war und sie sicher sein konnte, dass Bradley mehr mit dem Kannibalen im Schrank beschäftigt war als mit dem Wirbelsturm, der womöglich sein Zuhause dem Erdbo­den gleichmachte. In zwanzig Minuten wäre der Sturm vorbei, Bradley wieder der Alte und sie ohne Mitleid mit ihm. Sie hatte nicht viel Zeit.
    Während er in seinem Spiderman-Pyjama auf dem Sofa her­umturnte und Zombies abballerte, zog sie sich leise zurück und ging in ihr Zimmer am anderen Ende des Flurs.
    Dort schloss sie die Tür hinter sich ab und stellte den Com­puter an.

 

4
     
    Noch bevor sich der Bildschirm richtig aufgebaut hatte, hörte sie schon das vertraute Klingeln. Eine Sofortnachricht. Während sie aus den nassen Kleidern schlüpfte, klickte sie auf das blinkende orange Feld.
     
    ElCapitan:    bist du online?
     
    Es war, als wüsste er, dass sie da war. Als könnte er ihre
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