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Maedchenauge

Maedchenauge

Titel: Maedchenauge
Autoren: Christian David
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angeblich zurückgetragen hat, war ganz besonders übel. Sie hat Schmerzen im Unterleib gehabt und gemerkt, dass sie geblutet hat … Heute bin ich mir sicher, dass er sie vergewaltigt hat. Damals haben wir nicht genau nachgefragt. Wir haben nur darauf gewartet, dass dieses idiotische Sommercamp möglichst rasch zu Ende geht.«
    Ein langes, deutliches Ausatmen war zu hören.
    »Wissen Sie vielleicht noch, wie das vergewaltigte Mädchen geheißen hat?«, fragte Lily.
    »Moment … Ich muss echt nachdenken, vielleicht fällt es mir ein … Das ist so lange her. Und ich bin dermaßen froh, dass nicht mir das passiert ist … Ja, jetzt weiß ich es wieder. Lena hat sie geheißen.«
    Erst jetzt bemerkte Lily, dass ihr Puls während des gesamten Gesprächs gerast war. Sie war froh, dass gleich alles vorüber sein würde. »Frau Kommenda, ich bin Ihnen unglaublich dankbar dafür, dass Sie mir all das erzählt haben. Und ich verspreche Ihnen, dass Sie bald erfahren, wie wichtig Sie für mich waren. Nur noch ein letzter, wichtiger Punkt. Dann belästige ich Sie nicht weiter. Was wissen Sie von diesem Betreuer? Erinnern Sie sich, wie er aussah und wie sein Name war?«
    »Das Aussehen … komisch, das habe ich völlig verdrängt. Das ist wie aus dem Gedächtnis radiert … auch sein Name … Vielleicht würde ich mich erinnern, wenn mir jemand den Namen sagt. Aber von allein schaffe ich das sicher nicht.«
    »Frau Kommenda, wir machen es so: Ich lese Ihnen jetzt ein paar Namen vor. Und sollte der Name des Betreuers darunter sein, geben Sie mir bitte Bescheid. Einverstanden?«
    »In Ordnung, das können wir versuchen.«
    Lily begann, die Namensliste langsam vorzulesen.
    Bis sie von Carla-Sophie Kommenda rüde unterbrochen wurde. »Genau so hat die Drecksau geheißen. Jetzt weiß ich es wieder.«

Freitag, 25. Juni
37
    Während in den frühen Morgenstunden die Ermittlungsmaschinerie so intensiv anlief wie sonst nur bei Fällen von Terrorismus, schlief Lily unruhig in ihrem Bett.
    Belonoz hatte sie nach Hause geschickt. Eindringlich hatte er ihr erklärt, gerade in diesem Fall sei eine ausgeruhte Staatsanwältin erforderlich, um am nächsten Vormittag die richtigen Entscheidungen zu treffen. Inzwischen wolle er selbst dafür sorgen, dass alles möglichst rasch erledigt werde. Die beteiligten Beamten hatte Belonoz zu strengstem Stillschweigen verpflichtet, wobei er behauptet hatte, es gehe darum, den Betroffenen zu schützen, weil dessen Leben gefährdet sei. Die Beamten wunderten sich nicht und stellten keine Fragen, als sie den Namen erfahren hatten.
    Immer wieder wachte Lily schweißnass auf. Begebenheiten und Details aus den Ermittlungen fielen ihr ein. Nun ergaben sie Sinn, ein Mosaiksteinchen fügte sich zum anderen. Das Gesamtbild war noch unvollständig, aber man konnte erste Umrisse erkennen. Ein paarmal überlegte sie, ob sie schon früher die Zusammenhänge hätte erahnen können. Wo war ihre Intuition gewesen?
    Sie begriff, dass Nähe und Vertrautheit die Intuition täuschen konnten. Doch nun war ihr klar, was sie damals in Magdalena Karners Wohnung gespürt hatte. Die Sucht nach Sauberkeit und Ordnung. Danach, sich in die eigenen vier Wände zurückziehen zu können, und sich doch einem Beobachter als visuelles Opfer auszuliefern. Die tiefe psychische Verwundung durch den Missbrauch in Klausen hatte Magdalena verdrängt, aber niemals bewältigt. Der Täter hatte sie fürs Leben gezeichnet.
    Gegen halb neun Uhr morgens eilte Lily ins Graue Haus. Kurz darauf telefonierte sie mit einem aufgekratzt klingenden Belonoz.
    »Die Arbeit kommt gut voran«, sagte er. »Die Zielperson hat nichts gemerkt.«
    Fünf Minuten später rief er Lily an. »Jetzt haben wir es schwarz auf weiß. Er war in der Nacht von Montag auf Dienstag in Dienten. Er hätte sein Handy abstellen sollen. Übrigens ist auch klar, wie er zum Betreuer in Klausen geworden ist. Er hat sich in kirchlichen Organisationen engagiert. Erst vor fünf Jahren hat er damit aufgehört und ist aus der Kirche ausgetreten. Aber das Beste kommt noch. Er besitzt einen Motorradführerschein.«
    Lily konnte nicht umhin, sich zu wundern. »Das hätte ich ihm wirklich nie zugetraut. Passt gar nicht zu ihm … Egal, fangen Sie an, sobald er die Wohnung verlassen hat. Die schriftliche Ausfertigung des Durchsuchungsbefehls stelle ich später aus.«
    Lily saß brav an ihrem Computer und arbeitete. Doch ihre Nervosität wuchs mit jeder Minute. Sie bangte um das Gelingen der Aktion.
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