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Maedchenauge

Maedchenauge

Titel: Maedchenauge
Autoren: Christian David
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zweiten und entscheidenden Schlüsselperson. Nämlich Selma Jordis. Möglicherweise hat sie als Einzige vollständig mitbekommen, was sich abspielt. Geschwisterliche Rücksichtnahme war von ihr nicht zu erwarten. Sie hätte sicher nicht gezögert, dafür zu sorgen, dass Lavinias kleine Welt vollständig zerbröselt. Vielleicht aus Naivität. Oder weil sie aus einer heilen Familie gekommen ist. Daher hat sie nicht verstehen können, in welchen Morast aus Abhängigkeit und psychologischer Enge sie eingedrungen war. Unbewusst hat sie Tom motiviert, sich endgültig von Lavinia zu distanzieren. Der erste Ausbruch nach London war gescheitert. Ich nehme an, dass Lavinia das getan hat, was alle ähnlich veranlagten Menschen in einer derartigen Situation tun.«
    »Sie hat ihn unter Druck gesetzt«, sagte Steffek.
    »Richtig. Vielleicht hat sie mit Selbstmord gedroht. Sie hat erkannt, dass die gleiche Abhängigkeit, die Tom bisher an Lavinia und die Villa gebunden hat, nun durch eine neue Abhängigkeit ersetzt worden war. Nämlich von Selma. Deshalb hat Selma beseitigt werden müssen. Aber so geschickt, damit das alte Leben fortgeführt werden kann. Als hätte Selma Jordis nie existiert. Herr Major, erinnern Sie sich an unser Gespräch über die Zeugen, die eine in Lederoutfit und Helm gekleidete Person gesehen haben? Schon damals war mein Eindruck, dass sich jemand ganz bewusst präsentiert hat. Damit es nur ja niemand übersieht. Wie ein Schauspieler … nein, wie eine Schauspielerin bei ihrem großen Auftritt.«
    Auf einem Blatt Papier hatte Belonoz Notizen gemacht. »Sie haben recht … so könnte es gewesen sein … Es bleibt nur die Frage, ob Lavinia allein oder zusammen mit Gaby Koch gehandelt hat. Eventuell hat sich da eine Interessengemeinschaft ergeben.«
    »Was das Verschwinden der beiden erklären könnte. Entweder haben beide durch Sima vom Alibi für Tom und Nicole erfahren und sind in Panik geraten. Oder … Lavinia hat Gaby Koch exklusiv ein Geständnis versprochen. Ein Angebot, dem keine Boulevardreporterin widerstehen könnte. Und deshalb schlägt sie alle Vorsicht in den Wind …«
    Lily schwieg plötzlich. Sie biss sich auf die Lippen und schloss die Augen.
    »Moment, jetzt fällt mir …«, sagte sie fast wie in Trance. »Herr Major … vielleicht ist es Unsinn … aber es bleibt ein einziger Ort übrig, den wir nicht kontrolliert haben … und es kostet uns lediglich zehn Minuten, das zu überprüfen …«
    Belonoz erhob sich blitzschnell. »Ich weiß, was Sie meinen. Gehen wir. Sofort.«
    *
    Nika Bardel schlich die enge Treppe hinauf und versuchte, jedes Geräusch zu vermeiden. Der Blick von außen auf die Fenster hatte nichts gebracht. Um irgendetwas erkennen zu können, hätte es dunkler sein müssen. Die Sonne würde jedoch erst in einer Stunde untergehen.
    Aus den anderen Wohnungen drangen Geräusche. Menschen lachten, Popmusik erklang, irgendjemand schien lautstark zu telefonieren. Bardel hoffte, trotz dieser Lärmkulisse irgendetwas zu hören.
    Doch als sie im angepeilten Stockwerk ankam, verflogen ihre Hoffnungen. Aber auch ihre Ängste. Was sie sah, war eindeutig.
    Nach der kriminaltechnischen Untersuchung war die Wohnungstür versiegelt worden. Doch seitdem musste jemand eingedrungen sein. Das Siegel war aufgebrochen.
    Sie lauschte an der Tür. Kaum etwas war zu hören. Nur gelegentliches Knacken, als würde jemand auf einem alten Parkettboden herumgehen.
    Sehr angespannt stieg Bardel die Treppe wieder hinunter. Jeder Atemzug, den sie tat, kam ihr wie ein Wirbelsturm vor.
    Langsam öffnete sie die Haustür. Entlang der Fassade, um nicht aus einem der Fenster beobachtet zu werden, näherte sie sich dem Fahrzeug.
    »Und?«, fragte Belonoz vom Rücksitz.
    »Die Tür ist geöffnet worden. Ich glaube, jemand hält sich in der Wohnung auf.«
    »Und benutzt den dritten Wohnungsschlüssel, den wir nicht gefunden haben«, sagte Belonoz und sah Lily an, die neben ihm saß. »Was machen wir? Warten wir auf die WEGA, damit sie die Wohnung stürmen?«
    Lily zögerte nicht. »Auf die Gefahr, mich in Teufels Küche zu bringen … Aber wir dürfen keine Zeit verlieren. Herr Major, wir machen es gleich selbst.«
    »Ganz nach meinem Geschmack.«
    Belonoz, Lily und Bardel begaben sich im Laufschritt zum Haus. Dabei achteten sie darauf, sich möglichst eng entlang der Hausfassaden in der Breiten Gasse zu bewegen. Zum Glück waren fast keine Passanten zu sehen.
    Nika Bardel öffnete das Haustor wieder mit dem
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