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Mädchen im Moor

Mädchen im Moor

Titel: Mädchen im Moor
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Decke klebenden Fenster im Gefängnis, zu der an die Wand klappbaren Pritsche, dem wackeligen Tisch und dem Schemel, auf dem man sich den Steißknochen wund saß. Und der Kübel fehlte, jener Eimer mit Deckel, aus dem der Geruch der Kloake kroch und den man jeden Morgen vor sich hertragen mußte, um ihn im Klosett zu entleeren und auszuspülen.
    Hier war alles licht, sauber, freundlich. Weißlackierte Schränke, ein großer Tisch mit Rohrgeflechtstühlen, Bilder an den Wänden, Buntfotos deutscher Landschaften, ein Boden aus blauem Linoleum, blank wie eine Eisbahn … ein fast steriler Raum, der die Aufgabe hatte, die Bazillen der Gemeinheit abzutöten.
    Noch zwei Betten standen im Zimmer, mit glattem Bettuch, militärisch gefalteten Decken und aufgeschüttelten Kissen. Auf die Bewohner dieser zwei Betten wartete Monika Busse. Sie mußten gleich kommen, die Mittagspause stand bevor, das Umziehen zum gemeinschaftlichen Essen im Speisesaal, das Abwaschen des Stallgeruchs nebenan im gekachelten Waschraum mit den zehn Becken und fünf Brausewannen.
    Etwas nach vorn gesunken, bleich und im Tiefsten hilflos, saß Monika da und wartete. Sie hatte Angst und zwang sich, nicht von dieser Angst überspült zu werden.
    Die erste, die hereinstürzte, war Hilde Marchinski. Sie rannte auf Monika zu, hielt ihr die Hand hin und baute sich breitbeinig vor sie auf.
    »Ich bin Hilde!« rief sie. »Alles andere erzähl ich dir später. Wo kommst du her? Wie sieht's draußen aus? Los erzähl schon!«
    »Was soll ich erzählen. Ich heiße Monika …«
    »Von mir aus! Warum biste hier?«
    »Diebstahl.«
    »Ach, 'ne kleine Klemmsuse! Du, das sag ich dir –« Hilde Marchinski begann sich auszuziehen. Sie streifte die Stallkleidung ab, stieg aus dem blauen Leinen und baute sich nackt vor Monika Busse auf, die Hände in die Hüften gestützt, ein schönes, schlankes Mädchen mit fast weißer Haut, rotblonden Haaren, langen Beinen und einer festen, spitzen Brust. »Wenn du hier an unsere Sachen gehst … wir schlagen dich zum Krüppel, verstanden?! Das vorweg! Aber sonst kannste hier ganz schön was zur Seite schaffen. In der Küche, im Hühnerstall, in der Gärtnerei, im Stricksaal, in der Büglerei … nur in der Wäscherei nicht. Das ist 'ne Sauerei. Die waschen noch wie Urgroßmutter am Trog, und die Klamotten mußte schrubben und wringen. Aber da kommen nur die hin, die was ausgefressen haben. Was tuste denn gern?«
    »Gern? Ich weiß nicht …« Monika sah hilflos auf das nackte Mädchen vor sich. Hilde Marchinski nahm aus dem Spind hinter ihrem Bett andere Unterwäsche und ein Handtuch. Nun kam auch Käthe Wollop herein und blieb an der Tür stehen.
    »Ich bin Käthe –«
    »Sie heißt Monika.« Hilde schlang das Handtuch um ihren schlanken Hals. »Ist 'ne Klemmsuse. Aber ich hab' ihr schon gesagt, daß bei uns nichts drin ist. Ich geh' mich waschen –«
    Käthe Wollop begann sich ebenfalls auszuziehen, zunächst stumm, als sei Monika gar nicht im Zimmer. Sie war etwas fülliger als Hilde, kleiner und gedrungener und trotz ihrer erst siebzehn Jahre von einer deutlichen, fraulichen Reife. Auch sie nahm aus ihrem Spind andere Unterwäsche und ein Handtuch. Mit beiden Händen fuhr sie sich durch die kurzgeschnittenen braunen Haare und drehte sich zu Monika um.
    »Wie lange hast du?«
    »Ein Jahr.«
    »Ich habe zwei! Eigentlich sind wir Kolleginnen. Ich habe auch geklaut, aber anders. Ich habe den Kerlen die Taschen leer gemacht, wenn sie schnarchend neben mir lagen, und dann – hui – war ich weg. Die haben wirklich geglaubt, ich würde mich für lumpige zwanzig Mark verkaufen!« Sie sah Monika Busse mit einem breiten, gemeinen Lächeln an. »Na, und du? Haste 'nen Freund?«
    »Ja.«
    »Wird weh tun, Moni, in der ersten Zeit. Bei mir war es so, daß ich die Stalltüren umklammert habe. Aber dann legt sich das. Und wenn's ganz schlimm ist, gehste zu der alten Gumpertz –«
    »Wer ist denn das?« fragte Monika mit Ekel in der Stimme.
    »Die Küchenleiterin und Chefin der Lehrküche von Wildmoor. Huch!« Käthe Wollop wiegte sich in den strammen Hüften. »Wirste noch alles kennenlernen, Moni! Das Wichtigste ist, nach außen wie ein Lamm zu sein … dann kriegste einen Teil vom Knast erlassen. Und das beste Stück vom ganzen Bau ist der Direktor. Das ist ein feiner Kerl. Wer den ärgert, bekommt Bockkeile, hast du verstanden?«
    Käthe Wollop tänzelte zur Tür. Ihr nackter, aufreizender Körper, zweifarbig, nämlich an den Schultern und
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