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Madru

Madru

Titel: Madru
Autoren: Frederik Hetmann
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Zeitungsblatt sinken, lächelte und fragte: »Was issn? Du siehst mir ein Loch in den Bauch … und da hab ich schon zwei.« »Du siehst müde aus … fertig.«
    »Na, Kunststück bei der Maloche.«
    Er überlegte wieder.
    »Schade«, sage er, »daß du dir so gar nichts aus Männern machst.« »Wer sagt das?«
    »Hast du selbst mal gesagt. Gleich am ersten Tag unserer Bekanntschaft, wenn ich dich daran erinnern darf.«
    »Hab ick bloß jesacht, um dich abzuschrecken«, antwortete sie, »hab damit erreicht, was ich wollte.«
    Wie immer, wenn sie erschöpft war, schlug der Dialekt bei ihr stärker durch.
    »Frauen sind zu Frauen viel zärtlicher«, sagte er böse.
    »Stimmt ja auch … meine Erfahrung im Arbeitshaus. Von den Männern fühltest du dich immer getreten und benutzt.«
    Nun war der Dialekt fort. Merkwürdig. Er sah sie scharf an. Sie hielt seinem Blick stand.
    »Ich glaub dir nicht, daß du nur Spaß daran hast, es mit Frauen zu tun.«
    »Käme auf den Versuch an«, sagte sie grinsend. »Im Augenblick würde es mir gut tun, es mit irgend jemandem zu tun … und sei es mit einem Wolf.«

ZWEIUNDZWANZIGSTES KAPITEL
    Pferdefleischaffäre • Madru wird ein Sohn geboren, den er Alder nennt • Auf der Flucht vor den Gendarmen rettet den Sternensohn eine Nebelfrau • Ein letztes Gespräch mit Allwiss

    Wieder ist Sommer im Großen Wald. Der fünfte Sommer nach dem Winter mit dem Blauen Schnee. So rechnen in dieser Gegend die Leute. Die Dampfsägen singen auf den Holz plätzen am Fluß. Äxte picken dumpf und unermüdlich auf den großen Einschlägen, tiefer im Großen Wald. Dreitausend Waldarbeiter stehen bei der Sunderman-Aktiengesellschaft auf den Lohnlisten. Und man baut neue Baracken im Wald, neue Baracken bei den Sägewerken. Im nächsten Jahr könnten es viertausend, vielleicht sogar sechstausend Waldarbeiter sein. Die Nachfrage nach Holz ist in den letzten drei Jahren ständig weiter gestiegen. Vor allem Eichen für Grubenstempel, Eisenbahnschwellen und Möbel erzielen hohe Preise. In bestimmten Gegenden des Großen Waldes hat man nur die Eichen geraubt und die übrigen Holzbestände an kleine Köhler verkauft. Auch die Nachfrage nach Zeitungspapier hat in den beiden letzten Jahren zugenommen. Ein informierter Planet. Das kann noch zehn, fünfzehn Jahre so weitergehen. Da nach? Keine Ahnung. Höher im Norden ist Eisenerz gefunden worden. Man sollte jetzt schon dort investieren. Ist der Große Wald in zehn, fünfzehn Jahren abgeholzt, kann man die Arbeiter nach Norden schicken. Können froh sein, daß sie wieder in Lohn kommen. Ärgerlich ist lediglich jenes im Parlament schon eingebrachte Gesetz, das dem, der kahlschlägt – und nur Kahlschläge lohnen sich für ein großes Unternehmen – zur Auflage macht, auch wieder aufzuforsten. Man wird seine Verabschiedung hinauszögern können. Es dürfte gelingen, einige besonders unangenehme Bestimmungen noch herauszuoperieren. Ganz zu verhindern wird es nicht sein. Sunderman hat inzwischen zwei Erben: Erik und Gunnar. Die Leute sprechen immer noch vom König von Norrland. Aber so ganz stimmt das nicht. Dies ist keine Zeit der Könige mehr. Fast alles gehört jetzt der Aktiengesellschaft, die seinen Namen trägt. Man hat ihm den Titel Kommerzienrat verliehen, und er hat einen Sitz im Aufsichtsrat. Die Aktienmehrheit hält er nicht. Der Firmenname der Aktiengesellschaft prangt auf fast allen Dingen: auf den Holzstämmen, die im Fluß treiben, auf den Lattenzäunen um die Sägewerke, auf den Schornsteinen der Dampfbarkassen, die jetzt die Holzflöße schleppen und im Winter selbst vereiste Floßrinnen aufbrechen können. Die Warenhäuser, die in den Kleinstädten entstanden sind, gehören ihr, die Banken; beteiligt ist sie an den beiden bürgerlichen Zeitungen, die nun in Ljusdal und Järvsö erscheinen.
    In Färila behauptete sich weiterhin die »Aurora«. Aber wie lange noch? Man sieht in Färila nun viele schmucke Holzhäuser, die Bretter mennigrot bemalt, auf dem Dach blauer Schiefer, Fensterrahmen sahnig-weiß. Sie sollen leuchten, im Sommer mit der Sonne um die Wette, im Winter durch das bedrückende Grau der Nächte, die in den Tag hineinreichen. Die »Aurora« residiert immer noch in der alten Baracke, die mittlerweile aussieht, als werde sie beim nächsten Sturm davongeweht werden. Die Auflageziffern der »Aurora« sind in den letzten zwei Jahren stark zurückgegangen. Die »Aurora« hat längst nicht mehr die Bedeutung für die öffentlichen Meinung,
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