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Madonna

Madonna

Titel: Madonna
Autoren: Kathrin Lange
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hatte!« Bitter lachte Spindler auf. »Aber das wusste ich ja nicht.« Seine Hand tastete zum Gürtel, als müsse sie jede Bewegung jener Augenblicke nachvollziehen.»Ich nahm die Klinge, und es geschah einfach.« Er trat an die Eisengitter. Arnulf ließ die Stäbe los und wich ein Stück zurück, sodass Spindler nun seinerseits nach den Stangen greifen konnte. Er schob seine Arme hindurch und legte sie locker auf den Querverbindungen ab. »Wenn sie vor Gier brennen, will ich ihnen ein Mahl zurichten und will sie trunken machen, dass sie matt werden und zum ewigen Schlaf einschlafen, von dem sie nimmermehr aufwachen sollen, spricht der Herr. Ich will sie hinabführen wie Lämmer zur Schlachtbank.« Hohl hallte seine Stimme zwischen den dicken Wänden wider. Dann lächelte er verträumt, und jetzt sah Richard wieder den Irrsinn, der in ihm glomm. »Das ist aus der Bibel. Buch Jeremia.«
    Der Eisenmeister, der sich die ganze Zeit im Hintergrund hielt und aufpasste, was gesprochen wurde, stieß einen schnaubenden Laut aus.
    »Ihr habt den Mann geschlachtet wie ein Lamm«, fasste Arnulf zusammen. Wie oft, wenn er von derart grausamen Dingen sprach, wunderte Richard sich über die Ruhe, die er dabei auszustrahlen vermochte.
    »Mein ist die Rache, spricht der Herr«, zitierte Spindler. »Ich war sein Werkzeug. Aber offenbar war ich nicht gut genug, denn Gott strafte mich für mein Tun.« Er verstummte für eine Weile. Richard und Arnulf warteten, bis er weitersprach. »Der Mistkerl, der Katharina jagte, hat mich verletzt.« Er hob das schlichte Leinenhemd an, das er trug, und deutete auf eine halbwegs verheilte Schnittwunde an seiner Hüfte.
    Richard dachte an das blutige Messer, das er und Arnulf im Lochgefängnis bei der Leiche des ersten Opfers gefunden hatten.
    »Das hat mich ziemlich eingeschränkt in meinen Bewegungen«, sagte Spindler. »Aber zum Glück gab es ja Mechthild.«
    »Mechthild Augspurger.« Arnulf hatte das Reden jetzt ganz allein übernommen.
    »Ja. Ich war ihr Beichtvater, schon seit dem Tag, an dem sie ins Spital zog.« Spindler grinste breit. »Sie gehörte zu jenen, die ganz leicht zu führen waren, weil sie so leicht zu durchschauen sind. Es brauchte nicht viel, dann hatte ich sie so weit, dass sie mir vollständig vertraute, und so beichtete sie irgendwann auch den Mord an diesem Burckhard.« Wieder kicherte er. »Es muss eine Erleichterung für sie gewesen sein, schließlich hatte sie zuvor nie jemandem davon erzählt. JedeBeichte, die sie vorher ablegte, musste ihr unvollständig und wertlos vorgekommen sein, denn ihre schlimmste Schuld hatte sie dabei stets verschwiegen. Aber ich, ich erteilte ihr Absolution! Und von diesem Moment an hatte ich sie in der Hand.«
    »Was habt Ihr mit ihr getan?«
    »Oh! Ihr werdet es nicht glauben! Ich habe meinen eigenen Mord bei ihr gebeichtet.«
    Verwundert sah Richard den ehemaligen Priester an. »Den an dem Kerl, der hinter Katharina her war.«
    Spindler nickte eifrig. »Ich habe Rotz und Wasser geheult, und sie hat mich festgehalten. Wenn sie gekonnt hätte, hätte sie auch mir die Absolution erteilt. Aber so gab sie mir etwas anderes.«
    »Hilfe.« Richard wusste, dass es so war, denn Mechthild hatte ihm auch das erzählt, als sie im Sterben lag. Ich habe ihm geholfen, all diese Morde zu begehen, hatte sie gewispert, und er hatte nicht begriffen, warum und wie sie das getan hatte.
    Das Warum hatte Spindler eben erklärt. Jetzt legte er die Stirn gegen einen der Stäbe. »Ja. Hilfe. Von diesem Moment an half sie mir, Katharina weiterhin zu beschützen. Von Donatus wusste ich, dass Rotgerber es auf Katharina abgesehen hatte, und ich wusste, dass auch er aus dem Weg geräumt werden musste. Aber die Wunde, die der Mistkerl mir beigebracht hatte, war zu schwerwiegend. Ich konnte nicht davon ausgehen, gegen Rotgerber bestehen zu können. Also erzählte ich Mechthild, was ich vorhatte. Im ersten Augenblick war sie entsetzt, aber es gelang mir, sie dazu zu bringen, mir zu vertrauen. Und mir zu helfen.« Er löste die Stirn wieder von dem Stab. Eine rote Druckstelle zeichnete sich auf seiner Haut ab. Sie sah aus wie ein Schandmal.
    »Wie?«, fragte Arnulf.
    »Mit Pilzen.«
    Arnulf runzelte die Stirn. Er warf einen fragenden Blick in Richards Richtung, und Richard konnte lesen, was in seinen grünen Augen stand.
    Verstehst du, wovon er redet?
    Richard nickte. »Satanstintlinge. Sie wachsen auf der Wiese vor dem Spital, nicht wahr? Ich wusste allerdings nicht, dass
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