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Made in Germany

Made in Germany

Titel: Made in Germany
Autoren: Kaya Yanar
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wissen. Aber wir Jungs untereinander konnten auch nichts mit uns anfangen. Zum Beispiel beim Sportunterricht, beim Fußball:

    Beim Wählen der Mannschaften wurde noch die Klappe aufgerissen: „Hey, wähl mich zuerst, mit mir gewinnst du!”
    „Wählst du mich, wirst du Weltmeister!”
    „Nimm mich, oder ich mach dich platt!”
    Doch dann mussten wir die Brillen beim Lehrer abgeben, und das Chaos nahm seinen Lauf:
    „Wo seid ihr?”
    „Spielen wir schon?”
    „Ist es schon dunkel?”
    Ich weiß heute nicht mehr, wer gewonnen hat – die Maulwürfe oder die Blindschleichen!
     
    Auch in der Disco war die Brille eher hinderlich. Das erste Mal mit dreizehn in der Disco. Das Problem: Draußen war’s kalt, in der Disco war’s warm. Was passiert? Richtig: Die Brille beschlägt! Da sieht die Disco ohne Trockeneisnebel aus wie mit Trockeneisnebel! Nehme ich zumindest an – ich hab ja nichts mehr gesehen! Ich hab die Mädels immer nur gehört: „Was ist das denn für einer?” Und ich dachte nur: „Ich komm gleich zu euch, Mädels – wenn ich euch finden kann ...”

    Spätestens jetzt kann sich jeder lebhaft vorstellen, was sich bei meinem ersten Saunabesuch abspielte. Ich hatte mich so darauf gefreut! Das ist ungefähr so, als würde man wilde Tiere bisher nur aus Büchern kennen, und dann geht man zum ersten Mal in den Zoo! Aber ich musste natürlich die Brille ausziehen – ich hab nichts gesehen! Gar nichts! Keine Löwen, keine Bären und auch sonst nichts! Als ich rauskam, warteten meine Kumpels schon auf mich: „Boa! Hast du die Frau mit den dicken Tüten gesehen?” Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte! Seitdem trage ich Kontaktlinsen!
    Trotzdem sind wir vier irgendwie durch die schwere Schulzeit gekommen – Hakan hat dafür sogar nur sieben Jahre gebraucht! Ranjid, Francesco und ich haben die 13 Jahre voll durchgemacht und alle weiteren Höhen und Tiefen gemeinsam gemeistert. Von uns dreien hat keiner eine Klasse übersprungen, ist sitzen geblieben oder von der Schule geflogen, und so konnten wir gemeinsam beim Abi-Ball unseren Schulabschluss feiern – und Hakan war als Ehrengast dabei! Der Einzige, der das nicht so lustig fand, war unser ehemaliger Klassenlehrer, denn der kassierte von Hakan noch vor dem Eröffnungstanz eine Kopfnuss dafür, dass er ihn damals mit folgenden Worten von der Schule schickte: „Mittelstufe? Da kommst du ned rein!”
    Hakan, Ranjid, Francesco und ich hatten auf dem Abi-Ball eine Menge Spaß. Wir haben große Reden geschwungen, uns ewige Freundschaft geschworen und uns für unwiderstehlich gehalten. Als der Abend schon
weiter fortgeschritten war, versuchten wir, unsere allerletzte Chance zu nutzen: Es gab ein paar besonders tolle Mädchen in unserer Stufe, bei denen wir uns all die Jahre nie getraut hatten, sie anzusprechen. Wenn der Ball erst einmal vorbei wäre, würde man sich vielleicht nie wiedersehen. Also zogen wir vier todesmutig los. Die Erfolge waren unterschiedlich:

    Ich bekam eine Telefonnummer.
    Hakan bekam eine Abfuhr.

    Francesco bekam Ohrfeige.
    Der Einzige, dem es gelang, tatsächlich mit weiblicher Begleitung nach Hause zu gehen, war ausgerechnet Ranjid.
    Aber Ranjid blieb wie immer bescheiden: „Was sollte ich denn tun? Einer musste Benytha ja nach Hause bringen!”

KAPITEL 3
Sprache

    Sie sind in Religionsfragen intolerant.
    Sie fordern ihren eigenen Staat im Staate.
    Und vor allem weigern sie sich beharrlich, die deutsche Sprache zu erlernen.
    Doch genug von den Bayern!
    Das Thema dieses Kapitels ist Sprache. Für mich ist Sprache etwas Wunderschönes. Ohne Sprache gäbe es keine Poesie, keine Kultur und keinen Telefonsex! Liebeserklärungen, politische Diskussionen, Steuerbescheide – ohne Sprache undenkbar!
    Ich bin mir auch nicht sicher, ob Tausende von Kaya-Fans in die Hallen strömen würden, wenn ich einfach nur stumm auf der Bühne stehen und zweieinhalb Stunden lang gucken würde wie eine narkotisierte Eule! Diese These habe ich vor ein paar Jahren meinem guten Kumpel Hakan gegenüber vertreten, doch der sagte nur: „Warum nicht? Deine krasse Fernseh-Show hieß ja auch konkret ‘Was guckst du?’ und nicht ‘Was quatschst du?’”
    Ich habe das Thema Sprache schon öfter im Freundeskreis diskutiert, nicht nur mit Hakan, sondern auch mit Ranjid und Francesco. Leider bin ich mit meiner Sprachliebe allein geblieben. Denn alle drei Kumpels hatten gute Beispiele dafür, wie es auch ohne Worte geht:

    Und selbst Ranjid
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