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Made in Germany

Made in Germany

Titel: Made in Germany
Autoren: Kaya Yanar
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Fresse!
    Ihr haut ihm in die Fresse!
    Sie hauen ihm in die Fresse!”
    „Unverschämtheit, Hakan! Ich haue niemandem in die Fresse!”
    „ Sie ist 3. Person Plural, du Arsch!”
    Deutsche lernen also auch von Ausländern! Wenn das mal nicht ein Anzeichen für gelungene Integration ist! Tatsächlich kann man in Deutschland ein Phänomen beobachten, das Sprachwissenschaftler „Ethnolekt” nennen: Die deutsche Sprache verändert sich durch den Einfluss von Migranten – gerade in Großstädten. Das beginnt mit der Aussprache: Immer mehr junge Deutsche sagen „isch” statt „ich”. Selbst Prominente wie Lukas Podolski sprechen so, auch wenn
Poldi das vehement bestreitet: „Das ist so nisch rischtisch!”
    Migrationslinguistik-Experten (klingt lustig, gibt es aber wirklich!) beobachten außerdem, dass einfache Satzkonstruktionen von Deutschen übernommen werden. Demnächst schallt es dann über deutsche Spielplätze: „Hans-Hermann, komm essen, Arschkopf!”
    Es passiert sogar, dass ganze Vokabeln aus dem Türkischen oder Arabischen übernommen werden. Das arabische „Yalla”, das so viel heißt wie „Los geht’s!”, ist mittlerweile auch bei vielen deutschen Kids weit verbreitet. Und in Berlin ist das altbewährte „aufgeschnittene Brötchen mit Lammgeschnetzeltem” längst durch den türkischen Begriff „Döner” ersetzt worden!
    Ich kenne viele, die jetzt auf die Barrikaden gehen und schreien: „Hilfe! Die Ausländer machen unsere schöne deutsche Sprache kaputt! Die Sprache von Goethe! Die Sprache von Thomas Mann! Die Sprache von Axel Schulz! Unsere schöne deutsche Sprache muss geschützt werden!” Schön und gut. Aber wer denkt an die schöne türkische Sprache? Türkisch ist nämlich eine sehr kultivierte, angenehme Sprache – wenn man sie beherrscht. Die meisten jungen Türken in Deutschland sind kaum noch in der Lage, ihre Muttersprache zu sprechen – sie reden stattdessen Kanak-Sprak. Wenn diese jungen Türken meinen: „Ich füge dir so lange körperlichen Schaden zu, bis du auf medizinische stationäre Hilfe angewiesen bist”, sagen sie: „Isch mach disch Krankenhaus!”
    Nicht schön, aber unmissverständlich. Und respekteinflößend. Denn wir Türken haben Kanak-Sprak nur erfunden, um die Deutschen zu beeindrucken. Und das funktioniert! Allerdings nur bei Deutschen! Bei uns
Türken wirkt Kanak-Sprak nicht. Wir kennen die Masche ja!
    Wenn ein halbstarker, türkischer Junge zu einem deutschen Jungen sagt: „Eh, kommst du her, Arschloch! Isch mach disch Messer!”, dann ist der junge Deutsche durchaus beeindruckt: „Ja, nein, das ist ja wohl ... also, da muss man … wenn der echt bewaffnet ist, dann ...” – und weg ist er!
    Nie erlebt man zwei Türken untereinander: „Eh, kommst du her, Arschloch!” Weil der andere Türke dann entweder sagt: „Kommst du selber her, du Arschloch!” Oder aber er ist friedlich und sagt: „Kemal, mein Lieber, ich bin selber Türke — spar dir die Drohgebärden!”
    „Du hast vollkommen Recht, Yussuf! Tut mir leid!”
    „Nix für ungut, mein guter Kemal! Was wolltest du überhaupt von mir?”
    „Isch wollt disch Messer mache!”
    Kanak-Sprak wirkt also nur bei Deutschen. Aber bei denen wirkt Kanak-Sprak zuverlässig. Ich beobachte das tagtäglich, egal, ob in Frankfurt, Berlin oder sonst wo – ein deutsches Pärchen schlendert Hand in Hand an ein paar halbstarken Türken vorbei, und schon legen die Jungs los: „Ey, Arschloch, kommst du her! Willst du Döner? Mach isch Döner aus dir!”
    Und schwupp – ist das deutsche Pärchen auf der anderen Straßenseite. Und zwar auf die ganz undeutsche Weise – ohne nach links und rechts zu gucken! Einfach rüber! Und dort tuscheln sie: „Nein, Benedikt, das müssen wir uns nicht geben. Nein, nein ...”
    „Aber denen haben wir es gezeigt, Gesine! Haben einfach so die Straßenseite gewechselt! Ohne zu gucken!”
    „Benedikt, du bist ein Teufelskerl!”

    Dabei braucht kein Deutscher Angst vor meinen halbstarken Landsmännern zu haben! Die tun nichts, die wollen nur spielen! Das einzig Gefährliche an denen ist der Klang ihrer Sprache! Wer das nicht glaubt, sollte beim nächsten Mal nach einer Minute nochmal heimlich um die Ecke gucken: „Tehlike önleyici tedbirler ve davrani talimatlari …”
    „Süpürdü ünüzde!”
    Plötzlich klingen die vermeintlichen Gewalttäter wie putzige Blumenmädchen auf einer türkischen Hochzeit! Und weil die Kerle wissen, dass die türkische Sprache in deutschen
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