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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos
Autoren: Johanna Benden
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und erkannte sogleich Jalinas kunstvoll geschwungene Handschrift.
Mein lieber Weggefährte!
Die Dinge haben sich nicht wie gewünscht entwickelt. Ich weiß, dass Du dein Bestes gegeben hast – es hat nicht gereicht. Keine Sorge, ich werde verhindern, dass Du vor dem Untersuchungsausschuss aussagen musst. In Anerkennung Deiner Mühen sende ich Dir eine Flasche Deines Lieblingsweines. Trinke auf mein Wohl.
Deine alte Freundin
    Ein befreites Lachen gurgelte Katteschs Kehle hinauf. „Natürlich! Jalina hat einen Plan! Sie kann es einfach nicht zulassen, dass ich vor dem Rat aussage. Wie konnte ich nur so blöd sein und mir Sorgen machen?“
    Erleichtert legte er das Pergamentpapier beiseite und öffnete die Flasche. Er hob sie dem Kamin entgegen und die flackernden Flammen ließen die Flüssigkeit blutrot aufleuchten. „Auf dich, Jalina – auf dass wir immer auf derselben Seite stehen mögen!“
    Er lachte noch einmal kehlig und dann ließ er den Inhalt der Flasche langsam seinen Schlund hinunter laufen. Er grinste zufrieden, als sich der Abgang in seinem Gaumen ausbreitete.
    Das war sein absoluter Lieblingswein. Er hatte in jahrzehntelangen Bemühungen noch genau fünf Flaschen in seinen Besitz bringen können und die hütete er als seinen kostbarsten Schatz. Jalina hatte seine Leistungen wahrlich anerkannt, indem sie ihm ein solches Geschenk machte.
    Genießerisch schloss Kattesch die Augen, kostete den Wein bis zum letzten Tropfen aus und brummte wohlig vor sich hin.
    Doch plötzlich riss er seine Augen voller Entsetzen auf.
    „Das kann doch nicht sein!“ , dachte er verzweifelt und die Flasche entglitt seinen Klauen.
    Der Abgang war ein Hauch bitter und hinterließ die Erinnerung an überreife Waldblaubeeren. Kattesch wusste nur zu genau was dieses Aroma bedeutete: „Dämonenäther. Die Verräterin hat mich vergiftet!“
    Er war fassungslos, aber schon in diesem Augenblick breitete sich ein brennender Schmerz in seinem Magen aus. Sein Herz begann zu rasen und verteilte das Gift erbarmungslos mit jedem gehetzten Schlag in seinem Körper. Es lähmte seine Muskeln in Sekundenschnelle, schaltete sein Bewusstsein jedoch nicht aus.
    In den nächsten dreißig Minuten litt der König der Roten Höllenqualen. Er kämpfte einen verzweifelten Kampf, den er nur verlieren konnte.
    Kurz bevor sein Herz aufhörte zu schlagen, streifte sein Blick Jalinas Brief. Voller Genugtuung dachte er: „Meine Leute werden wissen, was passiert ist. Sie werden die alte Schlange kriegen. Und dann…“
    Die Schmerzen ließen nach und die Andeutung von Erleichterung zeichnete sein Gesicht. Gleich würde sein Herz still stehen.
    Die Weinflasche lag in Scherben auf dem Boden und neben der Kiste der Brief. Jalinas kunstvolle Handschrift verblasste langsam und Katteschs eckige Krakelei erschien auf dem Papier. Mit schwindenden Sinnen las Kattesch die Worte, die er nie geschrieben hatte.
Meine treuen Weggefährten.
Die Gefährten sind eine Bedrohung für uns alle. Wir müssen sie vernichten! Mein Plan, sie zu töten, ist fehlgeschlagen. Ich habe versagt und übernehme hiermit die alleinige Verantwortung für die Angriffe. Ich kann die Schande nicht länger ertragen und werde euch so nicht mehr unter die Augen treten. Möge der nächste König euch siegreich führen!
Kattesch
    Abgrundtiefes Entsetzen war die letzte Empfindung, die sich tief in Katteschs Züge fraß. Dann war der König der roten Drachen tot.
    Eine Woche später (Anfang August):
     

1. Glückstadt
    Victoria saß neben Jaromir am Steuer ihres alten, blauen VW Polos. Es war Hochsommer und der Tag wolkenlos und herrlich warm. Sie waren auf dem Weg nach Glückstadt zu ihren Eltern.
    Kaffee trinken.
    Kuchen essen.
    Ihren Freund vorstellen…
    !!!
    Bei diesem Gedanken kribbelte es unangenehm in Victorias Bauch. Sie hatte keine Ahnung, was ihre Mutter sagen würde. Wäre Jaromir ihr Kommilitone, dann wäre sie sicher begeistert und würde ihn mit offenen Armen willkommen heißen. Sie würde ihm insgeheim danken, dass er ihrer Tochter über Mark, Victorias Ex-Freund, hinweggeholfen hatte und ihm als Dank dafür jede Menge selbstgebackenen Kuchen und Kekse anbieten.
    Aber Jaromir war nicht ihr Kommilitone, sondern ihr Professor. Und er war zwölf Jahre älter als sie – zumindest in seiner derzeitigen Menschengestalt.
    Victoria grinste. „Wenn Mama wüsste, dass er tatsächlich 212 Jahre älter ist, würde sie auf der Stelle der Schlag treffen.“
    Dann wurde sie wieder ernst. „Aber
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