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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos
Autoren: Johanna Benden
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dass sie sich kaum noch auf etwas anderes konzentrieren konnte.
    Immerhin hatten sie sich inzwischen gesetzt.
    Nach den ersten Bissen fragte Victorias Mutter kühl: „Und im wievielten Semester studieren Sie, Herr … Custos … Portae?“
    Jaromir lächelte besonnen weiter, als er antwortet: „Ich studiere nicht mehr – schon seit ein paar Jahren nicht mehr, Frau Abendrot. Ich stehe jetzt auf der anderen Seite.“
    Giesela war verwirrt: „Aber, Victoria hat doch gesagt, dass Sie mit ihr studieren…“
    Nun reichte es Victoria. Ihre Gabel fiel scheppernd auf den Kuchenteller. Sie sagte: „Nein, Mama. Das habe ich nie gesagt! Ich habe gesagt, dass wir uns an der Uni kennengelernt haben. Und dann hat es an eurer Tür geklingelt und du hast mich am Telefon abgewürgt, wie du dich vielleicht noch erinnerst. Jaromir ist kein Student, sondern mein Professor! Und jetzt weißt du auch, womit er sein Geld verdient!“
    Baff – das saß!
    Ihre Mutter machte den Mund auf, schnappte nach Luft und machte den Mund wieder zu. Sie musste diese neue Information erst mal verarbeiten.
    Ihre Gedanken wirbelten weiter und es wurde nicht gerade besser, denn nun fragte sie hilflos und abweisend: „Sie sind Professor? Ist das denn überhaupt erlaubt? Ich meine, dürfen Professoren denn überhaupt etwas mit ihren Studentinnen anfangen?“
    Gieselas Mann seufzte und sackte ein paar Zentimeter in sich zusammen. Dann rollte er kopfschüttelnd mit den Augen und Jaromir fiel auf, dass seine Tochter genauso guckte, wenn sie von etwas genervt war.
    Hartmut holte tief Luft und sagte beschwichtigend: „Giesela, lass gut sein.“
    Er richtete sich wieder auf und sah Victoria an. Seine Tochter war kalkweiß, den Tränen nahe und krallte ihre Hand so sehr in die ihres Freundes, dass ihre Fingernägel schon weiße Abdrücke hinterließen.
    Hartmut lächelte sie warm an. „Weißt du Vici – am Deich ist es jetzt so schön bei diesem Wetter und sie haben den Hafen im letzten halben Jahr neu gemacht. Das solltet ihr zwei euch unbedingt mal ansehen.“
    Dann stand er auf.
    Victoria hatte das Gefühl, im falschen Film zu sein: „Wovon redet mein Vater da?“
    Sie war wie betäubt und alles verschwamm zunehmend um sie herum. Dumpf bekam sie mit, dass Jaromir ihr beim Aufstehen half und ihr Vater sie beide zur Tür begleitete.
    Er besprach irgendwas mit Jaromir, doch sie konnte nicht verstehen, worum es da ging. Überhaupt drang alles nur noch wie durch Watte zu ihr durch und sie konnte selbst ihren Gefährten kaum noch spüren.
    Sie erstickte fast in diesem Haus.
    Irgendwann stand sie vor der Haustür an der Straße.
    Jaromir nahm Victorias Gesicht in beide Hände und sah eindringlich in ihre Augen. „Hey Kleines, es ist ja alles gut… Ich bin bei dir! Hol erst mal tief Luft.“
    Als sie seinen Blick endlich erwiderte, drückte er sie fest an sich. Sie legte ihren Kopf an seine Schulter und fing an zu schluchzen.
    Jaromir hatte sie zum Hafen gebracht. Nun saßen sie an der Mole und blickten hinüber zur Rhinplatte. Das Wetter war herrlich und der Wind lebhaft, wie meistens hier an der Elbe. Am Hafeneingang kamen und gingen Segelschiffe und die Kommandos der Skipper wehten von den Booten zu ihnen herüber.
    Das hier war einer von Victorias Lieblingsplätzen, doch jetzt kam er ihr fremd und distanziert vor – merkwürdig verdreht.
    Sie schloss traurig die Augen. „Irgendwie ist alles falsch. Das eben war ja wohl eine Vollkatastrophe!“
    Sie lehnte sich erschöpft an Jaromir. Am liebsten wollte sie schlafen – einfach nur schlafen.
    Jaromir hob ihr Kinn behutsam an, so dass er in ihre Augen sehen konnte. Er blickte sie prüfend an und nickte. „Das habe ich mir schon gedacht.“
    Dann griff er in die Brusttasche seines Poloshirts, zog ein Päckchen HotSpice heraus und gab ihr einen Streifen Kaugummi. „Kau das, dann wird es dir gleich besser gehen.“
    Gehorsam wickelte sie den Streifen aus und begann zu kauen. Der scharfe Zimtgeschmack breitete sich intensiv in ihrem Mund aus.
    Sie seufzte erleichtert, als die astralen Kräfte in sie zurück zu strömen begannen und dachte verwirrt: „Mir war gar nicht bewusst, dass ich gezaubert habe…“
    Er lächelte sie zärtlich an. „Oh doch, Kleines. Du hast gezaubert! Ich verstehe zwar nicht, wie du das gemacht hast, aber irgendwie ist es dir gelungen, dich mental von deiner Umgebung abzukoppeln und zwar komplett. Du hast sogar mich nahezu vollständig abgeblockt. Ich konnte dich fast gar nicht
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