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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos
Autoren: Alex Berg
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Assad-Regime als Vermittler nicht zuletzt zum Iran und zur Hamas und Hisbollah zu etablieren. Eine gemeinsame Linie gegen den islamischen Extremismus sollte gefunden werden. Die Syrer differenzierten sehr fein zwischen dem legitimen Widerstand gegen eine Besatzungsmacht wie im Irak und der Gewalt gegen Zivilisten, den auch sie als Akt des Terrors verstanden, und im Kampf gegen Islamisten brachten sie eine jahrzehntelange Erfahrung mit. Große Veränderungen lagen in der Luft, die lang ersehnte Chancen boten. Als Mayer durch die belebten Straßen zu seiner Wohnung fuhr, breitete sich eine gewisse Zufriedenheit in ihm aus bei dem Gedanken, an diesem Aufbau teilzuhaben.
    Seine Wohnung war wie die meisten Residenzen für die ausländischen Mitarbeiter von Botschaften in der arabischen Welt großzügig und luxuriös. Er öffnete alle Schränke und blickte in alle Nischen, bevor er duschte und sich umzog, um in der Altstadt noch etwas zu essen. Es hatte sich nicht viel verändert seit seinem letzten Aufenthalt. Vielleicht gab es mehr Touristen, und die Sanierungsarbeiten hatten Fortschritte gemacht. Damaskus besaß einen eigenwilligen Charme, einen besonderen Geist, es war die Mutter aller Städte, schillernd, lebendig und geheimnisvoll. In ihr ballte sich die Vielfalt der arabischen Welt, stießen Kulturen und Weltgeschichte aufeinander, und Mayer spürte, wie sich der Puls dieser jahrtausendealten Metropole auf ihn übertrug und sich das Gefühl von Heimkehr in ihm ausbreitete.
    * * *
    Valerie trat aus dem Haus und blickte auf die Autoschlüssel in ihrer Hand. Leonie und Sophie liefen ihr voraus zum Wagen, der in der Garage geparkt war, und drehten sich mit glänzenden Augen zu ihr um. »Fährst du uns jetzt jeden Morgen wieder zur Schule?«, wollte Sophie wissen.
    »Ich glaube, ihr seid alt genug, um künftig mit dem Bus oder dem Fahrrad zu fahren«, erwiderte Valerie.
    »Aber doch nicht jetzt, wo es noch so kalt ist«, widersprach Leonie.
    Valerie lächelte. »Nein, vielleicht jetzt noch nicht. Aber spätestens nach den Frühjahrsferien.«
    »Dann muss Papa aber endlich mal mein Rad reparieren …« Das Geplauder der Mädchen verlor sich, als sie einstiegen. Valerie warf einen Blick in den Rückspiegel und in ihre Gesichter. Sie waren immer aufgeregt, wenn es nach den Ferien zurück in die Schule ging.
    Der Weg war nicht weit, der Verkehr wie immer dicht um diese Uhrzeit, und vor der Schule stauten sich die Wagen der Eltern, die ihre Kinder brachten. Valerie drehte sich zu ihren Töchtern um. »Bis später«, sagte sie. Die beiden schenkten ihr ein strahlendes Lächeln. »Bis nachher, Mami.« Dann waren sie auch schon fort.
    Valerie erlebte ein Déjà-vu, als sie ihnen nachblickte und hinter ihr eine Autohupe ertönte. Sie atmete tief durch, legte den Gang ein und fuhr los. Auch heute war sie auf dem Weg zum Flughafen, aber sie würde nicht fliegen. Dennoch war sie nervös.
    Marc hatte es bemerkt. »Du schaffst das schon«, hatte er gesagt und sie liebevoll umarmt. »Du hast schon ganz andere Dinge geschafft.«
    Etwas in seiner Stimme hatte sie aufhorchen lassen, aber es war nicht der richtige Zeitpunkt gewesen, nachzufragen. Auch nicht, um zu zaudern. Mahir wartete bereits auf sie. Sie hatte eben eine SMS von ihm bekommen. Als sie in die Hochallee einbog, sah sie ihn schon von Weitem draußen vor dem Haus stehen, seinen Koffer neben sich, die Schultern hochgezogen gegen den kalten Wind, der durch die Straße fegte. In Damaskus würde es wenigstens etwas wärmer sein. Von Noor wusste sie, dass sich Mahir dort selbst im Sommer noch wohl fühlte.
     
    Sie waren schnell am Flughafen.
    Es war ein seltsames Gefühl, die weite hohe Halle des Abflugterminals zu betreten. Als ob sich ein Kreis schloss. Sie begleitete Mahir zum Check-in und wartete, bis er sein Gepäck aufgegeben hatte.
    »Hast du noch Zeit auf einen Kaffee?«, fragte er mit einem Blick auf seine Uhr.
    »Gern.«
    »Wie viele Stunden fliegst du?«, wollte sie wissen, als Mahir wenig später in seinem Espresso rührte. Es war der einzige Kaffee, den er im Westen trank, vermutlich kam er dem Mokka seiner Heimat am nächsten.
    Er seufzte. »Siebeneinhalb Stunden. Es gibt keinen Direktflug. Diesmal fliege ich über Paris.« Dann sah er sie an. »Hast du schon über mein Angebot nachgedacht?«
    Valerie schürzte die Lippen. »Marc meint, es wäre das Richtige für mich.«
    »Und was meinst du?« Für einen Mann aus der Führungsriege der Wirtschaft hatte Mahir
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