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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos
Autoren: Alex Berg
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er während der Besprechung einen Kugelschreiber durch seine Finger wandern, ein Anblick, den Schavan mit gerunzelter Stirn verfolgte. Der BKA -Beamte konnte Martinez nicht einordnen, die wenigen, die wussten, wer er war, schwiegen, aber Schavan hatte Gerüchte gehört, und seine Abneigung gegen den Amerikaner vertiefte sich von Tag zu Tag.
    Auf dem Weg hinaus passte Schavan Mayer ab. »Ich war gestern Abend verantwortlich für die Sicherheit beim Galadiner, das die Regierungsvertreter gegeben haben«, sagte Schavan. »Raten Sie mal, wer auch geladen war.«
    »Valerie Weymann mit ihrem Mann.«
    Schavan nickte. »Natürlich – Sie kennen die Gästeliste.«
    »In der Tat«, bestätigte Mayer.
    »Ich war überrascht, sie dort zu sehen.«
    »Politisches Kalkül«, erwiderte Mayer kurz.
    »Sie meinen …?«
    »Sie schanzen ihrem Mann ein paar Aufträge zu, damit sie schweigt.«
    Schavan sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an, und wieder einmal wurde Mayer klar, dass Schavan zu rechtschaffen für seinen Job war.
    Sie hatten in der Zwischenzeit Mayers Büro erreicht. »Sie sah nicht gut aus«, bemerkte Schavan, bevor sich Mayer verabschieden konnte. »Ich hatte den ganzen Abend über Angst, sie würde umkippen.«
    Mayer verharrte, die Hand schon am Türgriff. »Sie hat einiges durchgemacht, das wissen Sie.« Er hätte noch mehr dazu sagen können, aber er schwieg. Sein Vorgesetzter hatte ihn angerufen und um eine Einschätzung von Valerie Weymann gebeten. »Sie haben die Frau besser kennengelernt als jeder andere. Wird sie sich auf einen Handel einlassen?«
    »Für sich selbst sicher nicht«, hatte er geantwortet.
    »Dann werden wir uns über die Firma ihres Mannes an die Familie herantasten. Wir können uns keinen Skandal leisten, und es gibt klare Vorgaben aus dem Kanzleramt.«
    »Sie wird das Wohlergehen ihrer Familie nicht gefährden«, konnte Mayer ihm versichern. Und so war es auch. Er war nicht überrascht gewesen, als er die Liste der Zusagen auf den Schreibtisch bekommen hatte. Die Frage war nur, was langfristig passieren würde, wenn Valerie Weymann ihre Agonie einmal überwunden hatte. Er wusste, dass Schavan ähnliche Gedanken durch den Kopf gingen.
     
    In den folgenden drei Tagen blieb keine Zeit, sich mit diesem Problem weiter zu beschäftigen. Die Welt blickte atemlos auf Hamburg, und die altehrwürdige Stadt an der Elbe erinnerte sich ihrer Tradition als Handels- und Kulturzentrum und präsentierte sich in neuem Glanz im Licht dieser Aufmerksamkeit. Es war eine Zeit, in der die Mitarbeiter der Anti-Terror-Einheit kaum zum Atemholen kamen. Ein Ereignis jagte das nächste, es gab geheime und öffentliche Treffen, kleine und große Dinnerpartys, Blitzlichtgewitter aller Orten, Interviews und kurze Gespräche am Rand des Geschehens. Und überall lauerten Sicherheitsrisiken. Überall war Wachsamkeit das oberste Gebot.
    Als die Armada der Staatschefs am dritten Tag zum Rathaus fuhr, um in ihrer letzten Sitzung der Öffentlichkeit zu präsentieren, was Heere von Staatsbeamten und Juristen bereits seit Monaten vorbereitet und ausgehandelt hatten, schien die Sonne von einem makellos blauen Winterhimmel, und die Hamburger, seit Wochen von Einschränkungen und Kontrollen gebeutelt, standen fähnchenschwenkend am Straßenrand. Die Tribünen auf dem Rathausmarkt schimmerten im Sonnenlicht, und der Blumenschmuck hielt trotzig den frostigen Temperaturen stand. Mayer ließ seinen Blick über die Menge gleiten, die sich erwartungsvoll an die Absperrgitter drängte, als die Limousinen vor dem Rathaus zum Stehen kamen. Der französische Ministerpräsident war einer der Ersten, der ausstieg. Er lächelte huldvoll und blieb auf Distanz. Die deutsche Kanzlerin gesellte sich zu ihm, und gemeinsam winkten sie der Menge zu. Der britische Premier und zwei der skandinavischen Regierungschefs zeigten sich, das russische Staatsoberhaupt und dann der amerikanische Präsident. Über dem Publikum wehten plötzlich Stars and Stripes in dem leichten Wind, der von der Alster her über den Rathausmarkt strich. Archer war persönlich an der Seite des Amerikaners und winkte unauffällig weitere Mitarbeiter heran, als er auf die Menschenmenge hinter dem Zaun zustrebte.
    »Mr. President!«, rief ein kleines, ganz in Rosa gekleidetes Mädchen, das in der ersten Reihe auf den Schultern ihres Vaters saß. »Mr. President!« Es schwenkte eine kleine amerikanische Flagge.
    Die übrigen Staatschefs beobachteten den Auftritt des Amerikaners aus
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