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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau?
Autoren: Lutz Jäncke
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bewerkstelligen?
    Diesem roten Faden folgend stößt man auf interessante Ergebnisse, aber auch auf viele offene Fragen. Ohne die Inhalte vorwegzunehmen, kann festgestellt werden, dass immer mehr Querverbindungen zwischen verschiedenen Aspekten der Musik und der menschlichen Kognition festgestellt werden. Allerdings sind die Beziehungen meist komplizierter und manchmal subtiler als bislang gedacht. Insofern werden die oben gestellten Fragen nicht mit einfachen plakativen «Jas» und «Neins» oder – im Fall der dritten Frage – mit einer eindeutigen Erklärung beantwortet, sondern differenziert dargestellt werden. Ich habe mich bemüht, eine allgemeinverständliche Sprache zu finden, um damit auch Nichtfachleute anzusprechen. Deshalb habe ich versucht, an vielen Stellen des Buches die Fachbegriffe in alltagstaugliche Begriffe umzuwandeln. Wenn mir kein Begriff diesbezüglich eingefallen ist, habe ich die Fachbegriffe dann in Fußnoten erläutert. Bevor ich allerdings mit der faszinierenden Reise in die Welt der Forschung beginne, erlaube ich mir, einige grundlegende Begriffe zu erläutern, um das Verständnis für die Inhalte des Buches zu fördern.
    Von Kognitionen, psychischen Funktionen und Genen
    Im Verlauf dieses Buches werde ich häufig die Begriffe «Kognition», «kognitive Funktionen» oder auch «psychische Funktionen» verwenden. Unter dem Begriff der Kognition fassen wir die psychischen Funktionen Denken, Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Lernen, Gedächtnis und Handlungskontrolle zusammen. Diese Funktionen zu erforschen, ist Gegenstand der kognitiven Psychologie. Die kognitive Psychologie ist auch ein relativ junges Forschungsgebiet, das sich erst in den 1960er-Jahren etabliert hat. Den Zusammenhang zwischen den Kognitionen und dem Gehirn erforscht das neue Forschungsfeld der kognitiven Neurowissenschaften. Dieses Forschungsgebiet interessiert sich für die Verankerung der Kognitionen im Gehirn. Hier geht es zum Beispiel um die Frage, welche Hirngebiete mit den entsprechenden Kognitionen betraut sind und wie das Gehirn diese Kognitionen kontrolliert. Die kognitiven Neurowissenschaften benötigen das theoretische Inventar der kognitiven Psychologie. Sie nutzen Modelle, Theorien und Techniken aus der kognitiven Psychologie. Im Zusammenhang mit vielen Befunden aus dem Bereich der kognitiven Neurowissenschaften wird immer wieder der Einfluss der Gene auf unser Verhalten thematisiert. Gene sind zweifellos wichtig, aber sie interagieren immer mit Umweltreizen. Unser Gehirn entfaltet sich nur in Abhängigkeit von den spezifischen Erfahrungen. Insofern ist auch unsere Intelligenz und Lernfähigkeit nur teilweise durch genetische Einflüsse determiniert. Es wurde viel darüber spekuliert und diskutiert, welchen konkreten Einfluss die Gene auf unser Verhalten haben. Derzeit besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass unsere psychischen Leistungen durch eine Wechselwirkung zwischen Anlage, Umwelt und Trainingsmöglichkeiten bestimmt wird. Ich versuche diese Wechselwirkung durch eine einfache Formel deutlich zu machen:
    Leistung = Wollen × Können × Möglichkeit.
    Das «Wollen» beschreibt die in uns wohnenden Motivationskräfte, die unser Verhalten antreiben. Das «Können» umfasst unsere Fähigkeiten und Begabungen in bestimmten Verhaltens- und Denkbereichen. Das «Können» ist durch grundlegende Fähigkeiten (also angeborene Fähigkeiten), aber auch durch die erworbene Expertise bestimmt. Unter dem Begriff «Möglichkeit» fasse ich alle Rahmenbedingungen des Lernens zusammen. Die multiplikative Verknüpfung ist bewusst gewählt, denn alle drei Einflussgrößen müssen grundsätzlich vorhanden sein, um überhaupteine «Leistung» entstehen zu lassen. Dies soll ein Beispiel veranschaulichen. Nehmen wir einmal an, Ihr Kind wäre für das Klavierspielen besonders begabt und würde demzufolge einen hohen Wert für die Variable «Können» erhalten. Der Einfachheit halber wäre der höchste zu vergebende Wert eine 1. Demzufolge würde das hoch begabte Kind für das «Können» eine 1 erhalten. Ihr Kind ist darüber hinaus auch hoch motiviert, weiter Klavierspielen zu lernen, und Sie haben ihm auch ein tolles Steinway-Klavier gekauft. Für die Variablen «Möglichkeit» und «Wollen» fügen wir jetzt jeweils eine 1 ein. Die multiplikative
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