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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht
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Mädchen rauchten und schmollten. Sie begriffen nicht, wieso der reiche Gleb ihnen nicht mehr Kognak spendierte. Die Mädchen wussten nicht, dass der Kognak kostenlos war. Diese zwei Gläschen standen jedem Besitzer einer Clubkarte zu. Gleb flüsterte der Langen etwas ins Ohr und versuchte, sie auf den Hals zu küssen. Schweigend und konzentriert setzte sie sich zur Wehr. Mir war offenbar der Basset zugedacht. Das Mädchen zog ein Gesicht, bei dessen Anblick ich kaum daran zu denken wagte, dass man mit Mädchen ab und zu auch schläft.
    »Was meint ihr, sollen wir uns die Stripshow angucken?«
    Gleb sprach, als ginge er über Eisenbahnschwellen. Mit dem linken Auge schaute er das eine Mädchen an, mit dem rechten das andere. Eine Scheißmasche.
    Der Strip im »69« war eine Amateurshow. Auf der Bühne sollten sich Männer aus dem Publikum ausziehen. Nur wenige hatten Lust dazu. Bevor die Show begann, kamen ein paar professionelle Tänzer in den Saal, und die wurden dann vom Conferencier auf die Bühne geschleift. Der Showman trug ein Kostüm in Form eines Präservativs. Ein orangefarbener, eng anliegender Overall mit einem Pimpelchen auf dem Kopf. Unterhalb des Bauches ragte ein Wasserhahn hervor. Als Belohnung für den Mut der Amateurstripper gab es Wodka. Das menschliche Präservativ schenkte ihn aus seinem Wasserhahn in Trinkgläser ein.
    Die Tänzer waren muskulös und trugen Unterhosen von Calvin Klein. Das Basset-Mädchen starrte sie an und biss sich ärgerlich auf die Lippen. Sie wollte Alkohol und männliche Aufmerksamkeit. Die Tänzer streiften die Jeans ab und ließen choreographisch die Hüften kreisen.
    »Weißt du was, ich tanze auch!«
    Um sich mir vernehmlich zu machen, beugte sich Gleb direkt zu meinem Ohr. Der Conferencier fragte ins Mikrofon: »Hat noch jemand Lust?«, und er riss den Arm hoch und sagte: »Ja, ich!«
    Seinen Pullover ließ Gleb an der Bar. Er kletterte ungeschickt auf die Bühne, blinzelte in die grellen Scheinwerfer und lächelte. Das Publikum applaudierte dem neuen Opfer. Gleb schwankte dorthin, wo der Conferencier stand, und sagte etwas zu ihm. Der lachte. Ich fürchtete, Gleb würde jeden Moment von der Bühne fallen, aber alles ging gut.
    Ausziehen musste man sich zur Musik von Livin‘ La Vida Loca. Das Lied war der Hit der anbrechenden Saison. Als Gleb sich sein teures Hemd über den Kopf zog, riss er mehrere Knöpfe ab. Im Schwarzlicht sah sein T-Shirt schmutzig aus. Er zog sich rasch bis zur Taille aus und machte sich dann an seinem Gürtel zu schaffen. Von meinem Platz aus konnte ich den Rand der schlecht gestrichenen Bühne und Glebs nackten Torso über den Köpfen der vor mir Stehenden sehen. Wie weiß er war – überhaupt nicht gebräunt. Na, wenn schon, bald würde er knackbraun sein.
    Gleb sammelte seine verstreute Kleidung ein und holte sich den verdienten Wodka ab. Die Belohnung sollte eigentlich zwischen allen Teilnehmern des Wettbewerbs geteilt werden, aber die anderen hatten abgelehnt. Man goss ihm den Wodka in große Plastikbecher – eine ganze Nullkommasieben-Flasche. Wir kehrten zur Bar zurück. Die Mädchen nahmen beherzt einen großen Schluck, bekamen keine Luft mehr und klapperten mit den Wimpern. Gleb wurde neugierig taxiert. Dann gingen die Mädchen weg, um zu tanzen – oder vielleicht war ihnen auch nur schlecht geworden? Wir tranken weiter. Dann setzte sich irgendein vager Bekannter mit runder Brille zu uns. Ich spülte den Wodka mit Bier aus seinem Glas hinunter. Im Tanzsaal jaulte der zahnlose Päderast SchurA. Dann gingen die Mädchen endgültig verschütt. Der vage Bekannte kaufte etwas ... Gleb schmuggelte den Wein aus der Garderobe ... Alles Weitere ist mir wie aufblitzende Pailletten in Erinnerung.
    Wir sind auf der Straße und nagen an einer langen Wurst. Abwechselnd beißen wir ab und reichen sie einander. Da schlägt Gleb plötzlich mit voller Wucht aus der Schulter einem Passanten ins Gesicht. Blut fließt auf einen hellen Mantel. Ich gehe dazwischen, will irgendwas beweisen – ich weiß nicht mehr, wem und warum. Aber es kam mir schrecklich wichtig vor. Dann stehe ich in einem Hauseingang und trinke verschnittenen Wein aus der Flasche. Einen Meter von mir entfernt sitzt vor Gleb ein eifriges Mädchen. Manchmal unterbricht sie ihre Tätigkeit und sagt etwas. Sie beteuert, dass Zeit Geld sei und dass sogar Kinder das wüssten. Danach setzt sich Gleb auf die Stufen und schläft ein. Die Flasche rollt lange die Treppe hinunter, aber sie
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