Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Machen Sie sich frei Herr Doktor!

Machen Sie sich frei Herr Doktor!

Titel: Machen Sie sich frei Herr Doktor!
Autoren: Richard Gordon
Vom Netzwerk:
schluckte.
    »Mein Gott«, explodierte Sir Lancelot.
    »Ja, es ist recht schockierend.«
    »Sieh dir doch diese Blinddarmnarbe an. Jemand hat das Mädchen mit einem Bulldozer bearbeitet.«
    »Sie ist recht dickleibig, findest du nicht?« bemerkte der Dean nachdenklich.
    »Da und dort.«
    »Kommst du oft hierher?«
    »Sei nicht lächerlich. Den Jungen scheint das nach dem Rugger-Dinner zu gefallen.«
    »Ich hätte gedacht, sie sehen bei ihrer Arbeit genug nackte Körper.«
    »Es gibt eben Körper und Körper.«
    »Stimmt.« Der Dean schaute interessiert zu, wie das Mädchen ihre spitzengesäumten langen Unterhosen auszog. »Erinnert mich ein wenig an die ambulanten Patientinnen in der Gynäkologie.«
    »Es gibt klinische Nacktheit und erotische Nacktheit.«
    »Ich muß sagen, dieser Unterschied ist mir bisher
    nicht aufgefallen. Sie hat ihre Armbanduhr anbehalten. Und ein Goldkreuz um den Hals.«
    »Wenn du in einem solchen Lokal strippen müßtest, würdest du auch nichts in deinen Taschen lassen.«
    Das Mädchen trug jetzt nichts mehr außer einer roten Papierrose, die sie mit kokettem Lächeln ins Publikum warf. »Reizender Popo«, flüsterte jemand anerkennend dem Dean ins Ohr.
    Während er sich umdrehte und erstaunt feststellte, daß die Bemerkung von seinem Assistenten stammte, gingen die Lichter aus. Der Dean packte Sir Lancelots Arm. »Die Polizei! Ich bin ruiniert.«
    »Beruhige dich. Jeder versucht, in die ersten Reihen zu kommen, das ist alles. Bin sicher, den Mitgliedern unserer Bande ist es gelungen.«
    Es wurde wieder hell. Auf der Bühne befanden sich zwei Mädchen; die eine wurde von der anderen gebadet.
    »Obwohl ich die Asymmetrie der Kniescheiben dieser jungen Frau absolut faszinierend finde«, sagte Sir Lancelot, »habe ich eigentlich genug. Wir werden die Jugend allein lassen.«
    »Ach, ich weiß nicht. Ich finde es - genau wie du sagst, schrecklich langweilig«, stimmte der Dean rasch zu.
    Sie zwängten sich hinaus. »Die Wirtshäuser sind noch offen«, bemerkte Sir Lancelot. »Vielleicht finden wir ein nettes für einen letzten Drink.«
    Als sie den Zugang zur Allee erreichten, blieb der Dean mit seinem Schuh in einem verfaulten Blumenkohl stecken. Während er sich zu befreien suchte, rief eine Frauenstimme aus: »Lionel! Welch reizende Überraschung!«
    Er blickte auf und in die haselnußbraunen Augen seiner Schwägerin Mrs. Samantha Dougal. »Oh! Hallo.« Hilfesuchend sah er sich um. Sir Lancelot war es trotz seiner Leibesfülle gelungen, spurlos zu verschwinden. »Ich bin in einen Blumenkohl getreten.«
    »Welch ein Ansporn, daß auch du dich für diese Dinge interessierst.«
    »Wie bitte?« Der Dean versuchte verzweifelt, seine Züge zu ordnen, aber seine Gesichtsmuskeln wollten absolut keinen normalen Ausdruck annehmen. »Für welche Dinge? Ach, diese Dinge. Du interessierst dich dafür? Wie seltsam.«
    »Aber natürlich, Lionel. Diese erschütternde Konzentration von Nacktheit und Pornographie auf einem winzigen Fleck... alles losgelassen im Namen von Liberalismus, Fortschritt und Freiheit... treibt unsere christliche Kultur unweigerlich in Knechtschaft und Sterilität... Hast du mein Programm von letzter Woche nicht gesehen?«
    Mrs. Samantha Dougal betrachtete ihn aufmerksam im Schein des Lampenlichtes. Die Frau, die so überzeugend vom Fernsehschirm predigte, die Frau, deren Zeitungsartikel die Öde zahlloser Frühstückstische verschärfte und deren Briefe an die Times selbst Pfarrer mit Scham über sich selbst erfüllten, die Frau, die, wenn sie festen Schrittes eine Delegation nach Downing Street führte, den Premierminister dazu veranlaßte, in die Schatzkammer zu flüchten, diese Frau glich eher einer Schönheitskönigin als einer prüden Hausfrau. Sie hatte hohe Backenknochen, eine herrliche Haut, volle Lippen, Wimpern von verblüffender Länge und langes hellbraunes Haar (so wirkungsvoll im Fernsehen), das sie für gewöhnlich auf ihre hübschen Schultern fallen ließ, jetzt aber unter einem Schal verborgen hatte. »Fühlst du dich wohl, Lionel? Du schaust ganz verändert aus.«
    »Ein wenig schwindlig.«
    »Schwindlig?« Sie sah ihn besorgt an. »Warum bist du schwindlig?«
    »Leichte Temperatur — ohne Zweifel eine Sommergrippe.«
    »Armer Lionel.« Sie strich ihm zart über die Schulter. Noch mehr als sonst fiel dem Dean auf, was für eine bemerkenswert schöne Frau seine Schwägerin war. Sie streichelte ihn nochmals. Er nahm sich vor, jedesmal, wenn er sie sah, eine leichte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher