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Machen Sie sich frei Herr Doktor!

Machen Sie sich frei Herr Doktor!

Titel: Machen Sie sich frei Herr Doktor!
Autoren: Richard Gordon
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die Stellung... du weißt, was ich meine.« - »Oh, Lionel!« Josephine sah ihn auf einmal bewundernd an und drehte gleichzeitig den Schalter unter einer dampfenden Pfanne ab. »Wie wundervoll das sein wird - >Sir Lionel Lychfield, königlicher Hofarzt<.«
    »Natürlich ist es eine Stufe weniger als Leibarzt der Königin«, protestierte der Dean bescheiden. »Der königliche Hofarzt muß den Buckingham-Palast vermutlich durch die Hintertür betreten. Ich fürchte, daß man damit beginnt, Diener, Kutscher und solche Leute zu behandeln. Aber es ist eine ungeheure Ehre, die, wie alle Ehren in diesem Land, natürlich weiterführen können.«
    »Zum Haupteingang?«
    Doch der Dean hörte nicht mehr zu. Im Geist sah er sich genau in einer Woche, nächsten Donnerstag, um halb ein Uhr: in einem makellos gebügelten Cut, Gardenie im Knopfloch, und auf einem roten Samtkissen in seinen Händen der goldene Schlüssel. Rund um ihn in der großen marmorverkleideten Halle des neuen St.-Swithin-Traktes waren Lords und Ladies versammelt, ärztliche Kapazitäten aus dem Gesundheitsministerium, ernst blickende Professoren in prächtigen Roben, die teuersten Ärzte des Landes und die prominentesten Mitglieder des Rotary-Klubs. Seine Ansprache war noch nicht ganz richtig, das mußte er zugeben. Zwar konnte er sie seit Wochen auswendig, doch mußte die Modulierung noch perfektioniert, elegante Kunstpausen, subtile Hervorhebungen eingelegt werden.
    »Dein Ei, Liebster.«
    »Danke, Majestät.«
    »Lionel! Versuch doch einmal, ein wenig mehr in .derselben Welt zu leben wie wir anderen Sterblichen.«
    Der Dean öffnete die Zeitung und fuhr bestürzt zusammen. »Apropos Samantha, ich sehe, dein Bruder hat einen neuen Roman veröffentlicht.«
    Josephine saß ihm gegenüber. »Ja, er behauptet, heutzutage beginnt die Weihnachtssaison der Verleger schon während der sommerlichen Hitzewellen - wie der Fußball.«
    Der Dean las vor: »In >Die Bordelle des Geistes< verurteilt Auberon Dougal mit aller Schärfe die gegenwärtige Einstellung zu Sex und Materialismus. Als neuer Messias ruft er nach der Wiederentdeckung der menschlichen Würde und fordert die Menschen auf, das Heil im eigenen Selbst zu suchen. Je mehr die Philosophie des Autors sich ausbreitet, desto seichter wird sie.« Der Dean blickte auf. »Eher bösartig, nicht?« Und fuhr zu lesen fort: »Man kann sich bereits Mrs. Samantha Dougal vorstellen, wie sie auf dem Fernsehschirm für die Philosophie ihres Mannes wirbt.«
    »Auberon sagt, die Kritiker seien alle eifersüchtig auf ihn.«
    »Wenigstens verstehen sie, was er schreibt. Ich nicht.«
    »Auberon ist ein Intellektueller, Liebling«, sagte Josephine sanft.
    »Und ich offenbar nicht? Niemand, der seinen
    Verstand dazu gebraucht, etwas Nützliches zu tun, gilt als Intellektueller. Auberon gibt mir immer das Gefühl, ich sei ein Installateur mit übelriechendem Atem und einer stinkenden Lötlampe.« Er drehte sich um, weil jemand das Zimmer betrat. »Faith, mein Liebling! Gut geschlafen? Sicher vermißt du die Schulglocke und das kalte Morgenbad?«
    »Guten Morgen, Mama, guten Morgen, Papa. Ja, nach einer Rückkehr von Horndean Hall ist der erste Morgen immer herrlich.«
    Der Dean lächelte zärtlich und tauchte eine Schnitte seines bebutterten Schwarzbrotes in das leuchtende Eidotter. Seine siebzehnjährige Tochter gehörte zu den wenigen Lebewesen, denen es gelang, bei einem emotionell so zugeknöpften Menschen, wie er es war, Gefühle hervorzurufen. Sein Sohn George hatte ihn sehr erstaunt, als er das reichste Au-pair-Mädchen Londons heiratete und sofort ins Jet-Set aufstieg, vor allem da der Dean den Jungen in den Entwicklungsjahren als schwachsinnig abgeschrieben hatte. Seine ältere Tochter Muriel war jetzt in St. Swithin Assistentin Professor Oliphants. Ohne Zweifel hatte sie die Intelligenz ihres Vaters geerbt, doch leider auch seine Nase und seine Ohren. Bei Faith aber hatte er - obwohl ihre Intelligenz, verglichen mit der seinen, die Rückkehr zur Norm sehr deutlich zeigte -das Gefühl, daß seine Gene und die seiner Frau außerordentlich gut gemischt waren - unbestreitbar ein gelungener Wurf.
    Faith setzte sich zu Tisch. Sie war schlank und hübsch, hatte große blaue Augen, ein zartes Kinn, eine Figur von geometrischer Ausgewogenheit und ein überaus bescheidenes Benehmen - was der Dean bei einem Mädchen ihres Alters ungewöhnlich und bemerkenswert fand. »Ich nehme an, du bist froh, Miss Clitworth’ Institut zum
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