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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig
Autoren: Jens Lapidus
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sollte er tun? Die Verstärkung war offensichtlich noch nicht eingetroffen. Nicht sein Problem – das, was im Saal geschah, würde auch geschehen sein, wenn er nicht aus dem Keller hochgekommen wäre. Jetzt war er der einzige Polizist vor Ort. Seine Schuldigkeit: das zu stoppen, was sich da drinnen unmittelbar anbahnte. Oder? Keiner wusste, dass er und Hägerström hier waren. Vielleicht sollte er sich einfach aus dieser verflixten Villa hinausschleichen. Es den Geiselnehmern überlassen, sich um die Geiseln zu kümmern. Einen Mörder einen Anstifter ermorden lassen. Bolinder seinem rechtmäßigen Schicksal zuführen.
    Oder eher nicht. Er hatte sich selber geschworen, der Sache hier auf den Grund zu gehen. Trotz seiner Gedanken im Wagen auf dem Weg hierher – dass ein Teil der Menschen, die er kennengelernt hatte, möglicherweise seine Freunde waren – war er Polizist. Ein ganz gewöhnlicher Bulle – wie er schon so oft gedacht hatte: weit entfernt davon, der ehrenhafteste zu sein. Aber dennoch, ungefähr so ehrenhaft, wie man es von einem Polizisten wie ihm erwartete. Es lief doch sowieso auf ein und dieselbe Idee hinaus: Er genoss es, wenn das Gesetz siegte. Wenn es um Kleinigkeiten ging, wie ein Gramm hier und ein Gramm dort, war es ihm egal. Aber er wollte, dass das Gesetz den wahrhaftigen Abschaum bestrafte. Denn in seinem Inneren wusste er genau, um welche Leute es sich handelte. Anzugtragende, vermögende, extremistische Männer wie Sven Bolinder sollten in denselben Knastzellen wie die Saufbolde, Drogendealer und Frauenschänder einsitzen und verrotten. Das war es, was er wollte. Selbst wenn es selten, vielleicht nie eintraf. Er wusste tatsächlich nicht von einem einzigen Fall, in dem es eingetroffen wäre. Aber darauf pfiff er, es war zumindest sein Ziel. Es war seine Chance: etwas zu verändern – mitzuerleben, wie das Gesetz den Sieg davontrug. Sie hatten Palme kaltgemacht. Einen Arbeiterhelden. Das hier war sein Ausweg. Schweden zu verändern. Zumindest ein einziges Mal.
    Er wog blitzschnell die anderen Alternativen ab. Reinstürmen und versuchen, die Eindringlinge zu stellen. Abwarten, bis der Asy abhaute und ihn auf dem Weg nach draußen überrumpeln. Die Typen aus der Entfernung abknallen.
    Den Saal zu stürmen war zu gefährlich. Mindestens sieben, acht Meter. Niklas würde es schaffen, die Bombe detonieren zu lassen und eine Menge Leute zu erschießen, bis er bei ihm wäre. Abwarten, bis der Asy die Biege machte – würde vielleicht nie passieren. Es würde nicht funktionieren.
    Versuchen, ihn auf die Entfernung hin anzuschießen? Ja, eventuell – das war Thomas’ Ding. Er war immerhin einer der Besten im Corps.
    Wenn er seine Strayer Voigt Infinity bei sich gehabt hätte, wäre es ein leichtes Spiel gewesen. Aber jetzt – die Polizeipistole war nicht gerade dafür geeignet, punktgenau zu zielen. Dennoch: Bei acht Metern müsste er es schaffen. Erst Brogren, dann den Neger.
    Er stellte einen Fuß auf den Boden. Richtete seinen Rücken auf. Streckte die Arme vor. Hauptsache, sie entdeckten ihn nicht durch den Türspalt. Er erinnerte sich an seine Top-Schüsse im Schießstand des Järfallaklubb an dem Abend, als Ljunggren erzählt hatte, dass sie Rantzells Wohnung ausfindig gemacht hätten. Er hielt die Pistole so ruhig wie möglich. Visierte die Kimme an. Bei der Sig-Sauer saß sie etwas tiefer. Nahm das Korn ins Visier. Leichtes Zittern. Entspannte sich. Pfiff auf die schlechten Lichtverhältnisse. Konzentrierte sich auf Niklas’ eines Bein. Keine gute Idee, den Brustkorb anzuvisieren – der Typ trug eine Schutzweste. Thomas drückte langsam den Abzug. Die Grundregel eindeutig: umfasse, massiere, streichle ihn. Er kniff die Augen zusammen. Ließ das Unterbewusstsein übernehmen. Noch ein wenig langsamer. Eine in sich zusammenhängende Bewegung. Niklas’ Oberschenkel: das Einzige, was er sah. Das Einzige, was im Augenblick auf der Welt existierte.
    Der Schuss ging los. Die Realität brach über ihn herein. Der Knall hallte in seinen Ohren.
    Niklas stolperte. Aber fiel nicht.
    Im Gegenteil. Er brüllte los. Machte Schritte auf den Kerl zu, den er erledigen wollte.
    Es funktionierte nicht. Er musste es anders angehen.
    Thomas nahm aufs Neue Position ein.
    Zielte erneut auf Niklas.
    Dieses Mal auf die rechte Seite des Brustkorbs. Würde den Verrückten nicht allzu schwer verletzen. Der Typ trug ja eine Weste.

70
    Fuck. Fuck. Fuck. Irgendein Idiot war noch da. Ein Pisser, den Babak
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