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Macabros 124: Drudan, der Mysterienmacher

Macabros 124: Drudan, der Mysterienmacher

Titel: Macabros 124: Drudan, der Mysterienmacher
Autoren: Dan Shocker
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Schatten stellte sich – als eine Puppe heraus.
    Eine Puppe, mit der sie als Kind gespielt hatte, und die jetzt vor
ihren Füßen lag und schmerzlich zu weinen begann…
     
    *
     
    Dominique Monde wollte ihren Worten noch etwas hinzufügen,
als etwas eintrat, das sie davon zurückhielt.
    Die Tür jenseits der düsteren, quadratischen Diele
öffnete sich leise und langsam, wie von Geisterhand bewegt.
    Schwacher Lichtschein, der ihnen zuvor nicht aufgefallen war, fiel
durch den sich erweiternden Türspalt.
    »Da wohnt… doch jemand!« entfuhr es Catherine. Ihre
Worte wirkten erschrocken und befreit zur gleichen Zeit. »Und
ich hab’ schon angefangen, deine verrückte Geschichte
für bare Münze zu nehmen.«
    Dominique Monde ging zwei Schritte nach vorn.
    »Hallo?« sagte sie noch mal, als die Tür halb
geöffnet war und in dieser Stellung stehen blieb.
    Sie sahen den Schatten eines hochlehnigen Stuhles. In ihm
saß jemand!
    Aber dieser Jemand – reagierte nicht.
    Da faßte sich Dominique Monde ein Herz.
    Sie stieß die Tür vollends auf und überschritt die
Schwelle.
    Die Gestalt in dem altmodischen, geflochtenen Sessel las ein Buch
und drehte sich nicht um.
    Sie schien ihre Umgebung überhaupt nicht wahrzunehmen.
    Die Französin ging langsam von der Seite her auf die Gestalt
zu.
    Diese hatte langes, graues Haar, das strähnig an den Seiten
herunterhing.
    »Pardon«, sagte Dominique tonlos. »Bitte
erschrecken Sie nicht… aber die Tür stand
offen…«
    Noch immer erfolgte keine Reaktion.
    Dabei bewegte sich die Gestalt und blätterte in einem
vergilbten Buch.
    Das Rascheln der Seiten war nicht zu hören…
    Es war das gleiche Phänomen, das die jungen Französinnen
vorhin schon festgestellt hatten.
    Am liebsten wäre Dominique Monde auf und davon. Aber sie
fühlte sich von der gespenstischen, unheimlichen Situation
gleichermaßen angezogen wie abgestoßen.
    Im Sessel saß ein uralter Mann.
    Sein Gesicht war runzelig, die Nase lang und scharf gebogen und
erinnerte mehr an einen Schnabel als an ein Riechorgan.
    Die Lappen waren dünn wie ein Strich und bleich.
    Der Alte hatte kleine dunkle Augen, die tief in den Höhlen
lagen. Die Brauen waren dick und grau und erinnerten an helle
Raupen.
    Der Alte blickte auf, sein stummer Blick traf Dominique. Er ging
der Frau durch und durch.
    »Wo sind wir hier?« fragte sie matt. »Was ist das
für ein Dorf? Warum ist alles so ruhig?«
    Sie hörte ihre eigene Stimme, schwach und hohl wie in einem
unwirklichen Traum, in dem alles kopf stand. Sie wußte nicht,
ob der Alte im Sessel sie überhaupt verstand. Wenn in dem
merkwürdigen Geisterdorf die Akustik nicht stimmte…
    Aber wieder erlebte sie eine Überraschung.
    »Willkommen in Lebou«, sagte der Alte mit brüchiger
Stimme.
    »Lebou?« echote Dominique.
    »Ja, so heißt das Dorf… Du wolltest doch seinen
Namen wissen, nicht wahr?«
    Dominique Monde nickte und konnte sich nicht erinnern, von einem
Dorf dieses Namens jemals gehört zu haben.
    Aber schließlich konnte man auch nicht jeden kleinen Ort im
Land kennen.
    »Was geht hier vor?« fragte sie. »Warum ist alles
so still… so verlassen? Wieso führt die Straße herein
– aber nicht mehr heraus? Wo sind die Menschen?«
    »Fortgegangen. Ich bin der einzige, der geblieben
ist.«
    Die Französin blickte in die Runde.
    Es gab keinen Schrank, an den kahlen, fleckigen Wänden hing
kein Bild.
    Da war nur eine primitive Deckenleuchte, die aus einer nackten
Glühbirne bestand, an der eine Schnur hing, wodurch man die
Birne ein- und ausschalten konnte.
    Der Alte war unheimlich, hatte etwas von einem teuflischen Magier
aus einem Märchen an sich.
    »Und… warum sind Sie geblieben?« zwang sich
Dominique zum Reden.
    An der Tür tauchte jetzt ihre Begleiterin auf, die die Worte
ebenfalls hörte und neugierig näherkam.
    »Weil ich… im Buch der Träume lese«, lautete
die verblüffende Antwort.
    Mit diesen Worten tippte er auf die stockfleckigen Seiten.
    Die beiden Freundinnen blickten darauf.
    Sie sahen nur Bilder auf den Seiten, keine Buchstaben.
    Die Bilder – waren schrecklich.
    Auf der linken Seite war ein urwelthafter Drache zu sehen, der
Feuer spie. Im Feuerstrahl aus seinem Maul ging ein Mensch in Flammen
auf.
    Die rechte Seite zeigte ein Tiefsee-Monster, wie es zu Anbeginn
der Zeiten auf der Erde gelebt haben mochte.
    Es stand aufrecht wie ein Mensch, war von grünen Schuppen
bedeckt, hatte Kiemen, Fischaugen und ein Fischmaul und zwischen den
fünfgliedrigen Händen
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