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Macabros 071: Spinnenritter greifen an

Macabros 071: Spinnenritter greifen an

Titel: Macabros 071: Spinnenritter greifen an
Autoren: Dan Shocker
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die Hostie und blickte sie mit
beinahe verklärtem Gesichtsausdruck an.
    Der heimliche Beobachter hielt unwillkürlich den Atem an.
    Sein Herzschlag stockte, als er etwas auf dem Bild zu sehen
glaubte, was eigentlich nicht sein konnte.
    Das Bild – bewegte sich!
     
    *
     
    Unwillkürlich kniff der Mann die Augen zusammen, um
schärfer sehen zu können.
    Da griff eine Hand zu.
    Für den Lauscher ging alles so schnell, daß er nicht
mal mehr dazu kam, eine Abwehrbewegung zu machen.
    Hart wurde er herumgerissen. Im nächsten Moment legte sich
eine breite, nach Schweiß und Rauch riechende Hand auf seinen
Mund und seine Nase und verhinderte, daß er schrie.
    Nur die Augen in dem erbleichenden Gesicht schienen noch zu
leben.
    »Lauscher mögen wir nicht«, sagte der Unbekannte,
der sich des fremden und so merkwürdig verhaltenden Besuchers
auf dem Platz angenommen hatte.
    Der durchnäßte Franzose mit dem schwarzen
Rollkragenpullover starrte sein Gegenüber an wie einen
Geist.
    Gegen diesen Mann hatte er keine Chance. Der war mindestens ebenso
groß wie Pawel Lanzinski, wenn nicht noch einen Kopf
größer. Er war breit wie ein Kleiderschrank, hatte einen
Stiernacken, und seine schräg stehenden Augen und der gelbliche
Teint verrieten sofort den Asiaten.
    Der Mann zog den Franzosen einfach herum, hob ihn wie einen
kleinen Jungen und trug ihn ohne besondere Anstrengung um den
Wohnwagen herum und die schmale Stiege hoch zur Tür, hinter der
der »Unbezwingbare« sich aufhielt.
    Der Asiate – ein Koloß, mindestens zweieinhalb Zentner
schwer – hatte seinen Arm um die Brust des schmächtigen
Franzosen gelegt. Er preßte ihn an sich und hielt gleichzeitig
mit der großen, breitflächigen Hand ihm immer noch Mund
und Nase zu, so daß Gerard Mallet das Gefühl hatte, bald
zu ersticken, wenn sein Gegner ihn nicht losließ.
    Der stieß ihn in den warmen Wohnwagen.
    Der Druck auf seiner Brust wich, und Mallet hustete, ehe er
überhaupt etwas sagen konnte.
    »Was soll das?« krächzte er, rasch einen Blick
hinter sich werfend, wo der Koloß die Tür ins Schloß
zog und sich dann vor dem Eingang postierte, so daß Mallet
nicht damit rechnen konnte, hier noch mal gegen den Willen des
anderen freizukommen.
    In der Mitte des Wagens saß Lanzinski und legte langsam das
Bild, das er so intensiv betrachtete und zum Mund geführt hatte,
um es zu küssen, wie ein Zentnergewicht auf die Tischplatte
zurück.
    »Was soll das? Wer ist das, Tschakko?« klang es hart und
unpersönlich aus dem Mund des Polen.
    »Ich habe ihn erwischt, als er draußen vor dem Fenster
deines Wagens stand, Herr«, antwortete der Asiate, der von
Lanzinski mit Tschakko angesprochen worden war.
    »Ah – Sie haben mich also belauscht?« wandte der
Pole sich direkt an den Franzosen.
    Der Überraschte atmete flach und abgehackt. Er zuckte die
Achseln. »Der Eindruck täuscht«, stieß er
hervor. Seine Stimme klang schwach. Die Atemnot machte sich noch
immer bemerkbar. »Ich kam zufällig vorbei…«
    Pawel Lanzinski lachte lauthals. »Hast du das gehört,
Tschakko? Ein einsamer Spaziergänger, dem es Freude macht, auf
einem Schlammacker spazieren zu gehen. Merkwürdige Leute
gibt’s hier in Südfrankreich! Eine schlechtere Ausrede ist
Ihnen nicht eingefallen? Wer sind Sie?«
    »Gerard Mallet. Ich bin Reporter für das ›Magazin
Noir‹. Ich wollte Sie… interviewen.«
    »Und dazu stellen Sie sich ans Fenster?«
    »Ich bin gerade angekommen, sagte ich doch, da warf ich einen
Blick durch’s Fenster, um mich erst zu vergewissern, ob Sie auch
– da sind…«
    »Er lügt, Herr! Er stand schon einige Minuten da. Ich
habe ihn aus der Ferne beobachtet.« Tschakko schaltete sich
wieder in das Gespräch ein.
    »Sie wollten mich also beobachten«, zog Lanzinski sofort
seine Schlüsse. »Und was haben Sie beobachtet?«
    Er faßte sein Gegenüber genau ins Auge.
    Mallet beging einen Fehler. Es war nur ein flüchtiger Blick,
nur ein leichtes > Schielen nach dem Bild auf dem
Schminktisch, das so unerwartet sein Interesse und seine
Aufmerksamkeit geweckt hatte. Lanzinski entging dieser flüchtige
Reaktion nicht.
    Er lächelte gefällig. »Das Bild… Sie haben
also das Bild gesehen…«, sagte er leise, und seine Stimme
klang plötzlich erschreckend gefährlich.
    »Ja! Aber nicht genau… Das war gerade in dem Moment, als
ich ankam.« Mallet blieb bei seiner Lüge, weil er
spürte, daß er etwas falsch gemacht hatte.
    Lanzinski rückte in dem engen Wohnwagen den Stuhl zur
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