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Macabros 044: Mirakel - Herr im Geisterland

Macabros 044: Mirakel - Herr im Geisterland

Titel: Macabros 044: Mirakel - Herr im Geisterland
Autoren: Dan Shocker
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kürzesten Anreiseweg hatte, kam zu
spät.
    Andrew O’Hara fuhr schnell. Die gute Federung des neuen Ford
schluckte die beachtlichen Schlaglöcher, die es zu durchfahren
und überfahren galt.
    Der Mann aus Glasgow warf einen Blick auf seine attraktive
Begleiterin. In der Einladung Ed Hopkins’ stand, daß er in
weiblicher Begleitung nach seiner Wahl kommen sollte. Er entschied
sich für Ireen. Die charmante Platinblonde war eine seiner
vielen Freundinnen, doch er war überzeugt davon, daß er
mit ihr heute den größten Erfolg in Hopkins’ Augen
buchen würde. Hopkins, selbst ein Frauenheld, liebte es, von
schönen Damen umgeben zu sein. Ireen gehörte zur
Sonderklasse. Mit ihr konnte man sich sehen lassen, und O’Hara
war überzeugt davon, daß dieser Partyabend im Manon-Castle
trotz der unangenehmen Verspätung noch erfolgreich sein
würde.
    »Geister auf Manon-Castle«, flüsterte Ireen Bous
lächelnd. »An was die Leute alles glauben. Ich habe das
Gefühl, daß hier in den Dörfern, die in den Bergen
liegen, die Zeit stehen geblieben ist.«
    »Nicht nur in den Dörfern, Ireen. Ich möchte nicht
wissen, wieviele Menschen heute noch oder wieder an Gespenster- und
Spukerscheinungen auch in den großen Städten glauben. Und
wer weiß: Vielleicht ist wirklich etwas dran. Hinter den
Fassaden kalter Betonhäuser, hinter der Welt der Technik, die
wir uns geschaffen haben – können sich die Wesen, die das
Denken und Fühlen unserer Vorfahren bestimmten, vielleicht noch
besser verbergen, als hinter massigen Mauern und in dunklen
Wäldern.«
    »Du glaubst an – Gespenster?«
    »Glauben ist zuviel gesagt. Ich kann mir vorstellen,
daß es welche gibt, Ireen. Wenn die Leute hier in Blairgrownie
behaupten, daß der alte Earl noch in den Gemäuern seines
Castle spukt – dann ist es nicht meine Sache, ihnen diesen
Glauben zu nehmen. Vielleicht begegnet er uns heute abend, wer
weiß…«
    Er lachte und legte den Arm um ihre Schultern. Der Duft ihres
betörenden Parfüms stieg ihm in die Nase.
    Am Ortsausgang wies ein Schild in Richtung Pitlochry.
    Die Straße war hier noch verhältnismäßig
gut.
    O’Hara konnte schnell fahren.
    Ireen zählte die Feldwege, die auf die
Hauptverkehrsstraße mündeten.
    »Jetzt mußt du aufpassen!« sagte sie, als sie drei
registriert hatte.
    Andrew O’Hara wurde langsamer.
    Zwei Meilen weiter kam die Abfahrt. Links und rechts dehnten sich
Äcker und Wiesen auf hügeligem Gelände aus. Breit und
überdimensional ragten die Lichtarme der Autoscheinwerfer in die
Dunkelheit und rissen den unbekannten Weg aus der Finsternis.
    Fünf Minuten lang ging es im wahrsten Sinne des Wortes
über Stock und Stein, dann auf direktem Weg in die Berge.
    Der Weg war schmal und wand sich schneckenförmig in die
Grampians.
    Am Ende dieses Weges breitete sich ein steiniges Felsplateau vor
den Augen der Ankommenden aus. Auf dem Plateau standen drei
Autos.
    Links führte ein schmaler Weg sehr steil in die Höhe.
Man konnte ihn nur zu Fuß gehen.
    O’Hara stellte seinen Ford auf dem Plateau rechts neben dem
letzten Fahrzeug ab. Er fuhr ebenso weit nach vorn wie die anderen
Besucher es getan hatten. Das Plateau war weder durch eine niedrige
Mauer, noch durch aufeinandergeschichtete Steine, noch durch einen
Zaun abgesichert. Gleich vor dem Kühler begann tief und
zerklüftet die steil abfallende Schlucht.
    Andrew O’Hara und seine hübsche Begleiterin stiegen
aus.
    Ireen ging vorsichtig bis zum vorderen Kotflügel vor und
starrte in die Tiefe. Die Platinblonde schüttelte sich.
    »Da wird’s einem ja schwindelig, wenn man in die Tiefe
starrt«, sagte sie leise.
    Rund zweihundert Meter unter ihr befand sich mitten zwischen den
bizarren Felsen ein gewaltiger Krater, in dessen stillen Wasser sich
Mond und Sterne spiegelten.
    »Für einen romantischen Ausblick haben wir jetzt keine
Zeit. Komm’!« Er nahm sie bei der Hand, und gemeinsam
liefen sie auf den Pfad zu, der zu dem düsteren Schloß
führte.
    Das Manon-Castle lag unter dem silbernen Mondlicht wie eine
trutzige Silhouette aus dem Zeichenblock eines mystischen Malers.
    Hart und scharf hoben sich die Zinnen gegen den mondhellen Himmel
ab. Steil und massig ragten die Türme und Erker aus dem Castle
hervor. Hinter einigen der mit bunten Scheiben versehenen Fenster
brannte schummriges Lacht.
    Vor dem schweren Holztor angekommen, auf das breite
Eisenbeschläge geschmiedet waren, zog O’Hara an einer
Kette. Im Schloßhof schlug eine Glocke an, deren
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