Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Macabros 039: Im Verlies der Hexendrachen

Macabros 039: Im Verlies der Hexendrachen

Titel: Macabros 039: Im Verlies der Hexendrachen
Autoren: Dan Shocker
Vom Netzwerk:
brüllende Wolkenmeer. Ein Teil Rha-Ta-N’mys
traf Tuur in denkbar ungünstiger Position.
    Der steinerne Thronsitz und die Sänfte wurden emporgerissen.
Der geschliffene Felspfad zum Rand der Arena hob sich empor, als ob
unter der Erde plötzlich Kräfte erwachten, die heftig bei
dem entstehenden Chaos in unmittelbarer Nähe der Symbolfigur
mitmischten.
    Der ferne Durchlaß am Ende der geschliffenen Straße,
durch den die Besucher zur Nacht der Drachen gekommen waren,
glühte in einem phantastischen Grün, in das sich ein
fahlvioletter Schimmer mischte. Das Tor stand in violetten Flammen,
und die Gäste aus der dritten und anderen Dimensionen, die das
Buch der Totenpriester oder Auszüge daraus gelesen hatten,
liefen um ihr Leben, um den Übergang noch zu schaffen. Die
dunkelgekleideten Männer, die wie Magier aussahen, eilten mit
wehenden Umhängen auf das Flammentor zu, stürzten sich in
das Nichts und schienen in wirbelnden, ins Endlose führende
Spiralen zu verschwinden. Das Pelzwesen folgte nach, andere
Gäste, deren Heimat nicht diese Dimension waren, schlossen sich
an.
    Harry Frandon in der Gestalt des Drachen, der er unter dem
Streicheln seiner Geliebten wurde, schloß sich den
Flüchtlingen an, sehr schnell begreifend, daß er so doch
noch hoffen konnte, dem Chaos zu entgehen.
    Er wollte instinktiv Danielle de Barteaulieé mit sich
reißen. Doch die hübsche Comtesse stand wie gelähmt
und war unfähig, sich zu rühren.
    Die enorme Explosion zog sie mit in das Verderben, das der
mißachteten und entmachteten Symbolfigur Tuur galt.
    Sie stürzte in den schwarzen Krater, der sich vor ihren
Füßen bildete. Sie hörte es krachen und bersten, als
sich die steinernen Bänke lösten, die hinter und neben ihr
standen.
    Danielle de Barteaulieé stürzte nach vorn. Der Boden
unter ihren Füßen öffnete sich.
    Es ging alles so schnell, daß die Hexe nicht mal mehr zum
Schreien kam.
    Dunkelheit umgab sie. Sie lag auf dem Boden des Kraters und
glaubte über sich gegen den grünflammenden Himmel die
Silhouette zerschmetterter Bänke und Steinquader zu
erkennen.
    Staub rieselte auf sie herab. Sie war nicht verletzt, und nichts
tat ihr weh.
    Danielle de Barteaulieé hielt sekundenlang den Atem an. Wie
ein Film lief ihr bisheriges unruhiges und seelenloses Leben vor
ihrem geistigen Auge ab. Sie hatte geglaubt, mit einer Geste nun doch
noch Rha-Ta-N’mys und Molochos’ Verzeihung zu erreichen.
Sie war freiwillig gekommen. Mehr als fünfhundert Jahre hatte
sie gebraucht, um sich zu entscheiden. Sie war in all der
zurückliegenden Zeit sowohl in der Welt, in der sie geboren
wurde als auch hier in jener Welt, wo sie ihre Ausbildung als Hexe
erhalten hatte, nur ein Geistwesen. Als Geist auch hatte sie hier
Besuche machen können. Für ihre menschlichen Sinne war das
ein abstoßendes Reich – für die Sinne, die sie als
Hexe entwickelt hatte, ein Labsal.
    Sie wandte den Blick, und genau neben ihr lag der gefallene
Tuur.
    In dem grünen Glosen inmitten des Kraters ereignete sich
etwas das einen Menschen zum Irrsinn getrieben hätte. Die Nerven
der schönen Hexe jedoch wurden mit dem Phänomen fertig.
    Tuur, der Steinerne, wandte ebenfalls den Kopf.
    Vertraute Züge, die vor Jahrhunderten erstarrten,
füllten sich wieder mit Leben.
    Danielle de Barteaulieés’ Herzschläge rasten, als
sie dunkel zu ahnen begann, was nun auf sie zukam. Und ihr heftiges,
plötzliches Erschrecken zeigte ihr selbst, daß sie noch
immer nicht bereit war, dem Ruf der Dämonen- und Hexenwelten
uneingeschränkt zu folgen.
    Tuur, der Steinerne – das war jener Dämon, dem sie als
Frau versprochen worden war und vor dem sie floh, den ihr Vater
hinterging und der hier nun auf sie wartete.
     
    *
     
    Die Stimmen waren verklungen, als er die Spitze des Kaps erreichte
und Totenstille umgab ihn.
    Jacques Dupont hielt die Flinte im Anschlag. Der kühle
Nachtwind spielte in seinem schütteren Haar. Leise heulte der
Wind in den Mauerritzen.
    Der gespenstische Chorgesang war verstummt.
    Hier oben hatte bis vor wenigen Minuten etwas stattgefunden.
    Dupont warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Mitternacht! Was war
durch das Auftauchen des Engländers, dessen Wagen er am
Fuß des Kaps entdeckt hatte, ausgelöst worden?
    Der Wirt ging durch den düsteren Schloßhof, und seine
Schritte hallten dumpf auf den alten großen Quadersteinen, mit
denen der Hof gepflastert war.
    Dupont ging an den Turmruinen baufälligen Wirtschafts- und
Wohngebäuden entlang, deren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher