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Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse

Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse

Titel: Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse
Autoren: Dan Shocker
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Horizont eins wurde…
     
    *
     
    Der Ort schlief, als Frank Morell mit seinem BMW 520 durch die
schmalen Straßen fuhr.
    Er verließ Königstein.
    Nachdenklich saß er hinter dem Steuer, und die Ereignisse
der letzten Stunden passierten vor seinem geistigen Auge Revue.
    Die Gespräche und Erörterungen mit Dr. Kurt Felkmann und
Professor Arnold Mass, die Durchsuchung des Parks nach dem
geheimnisvollen Fremden, der den Gast aus München
niedergeschlagen hatte. Die Bernhardinerhündin war auf schwachen
Beinen aus eigener Kraft in das Haus gekommen, schien sich jedoch
noch immer nicht recht von dem Zusammenstoß mit der unbekannten
Kraft erholt zu haben. Cora wirkte verstört.
    Vor allem auch ging ihm die Eröffnung nicht aus dem Sinn, die
der Psychiater und Hypnotiseur Johann Fürchtegott Kellermann
betreffend machte. Felkmann sah darin eine Bestätigung,
daß es kein Zufall war, daß die Seele des Dykten noch mal
im Körper Frank Morells ausgerechnet hier in dieser Umgebung zum
Leben erwachte.
    Johann Fürchtegott Kellermann war ein Magier gewesen, ein
Zauberer, von dem man behauptete, daß er von den Sternen
Botschaften erhalte, daß er mit geheimnisvollen Wesen verkehre,
die ihm fremdes Wissen mitteilten.
    Kellermann war der Eingeweihte, der Adept, der zum ersten Mal die
von der Dykten-Welt geschmuggelte Seele jenes Mannes schaute, der als
Frank Morell wiedergeboren werden sollte.
    Diese Seele war auf etwas vorbereitet. Kellermann hatte den
Anstoß geben sollen. Das war durch den Eingriff einer fremden
Macht mißlungen. Die gleiche Macht, die auch jetzt wieder
versuchte, etwas Rechtmäßiges zu verhindern.
    Kellermann war wenige Kilometer von der Saalburg entfernt auf
einem bewaldeten Hügel gehenkt worden. Auf seinen eigenen Wunsch
hatte man ihn dorthin gebracht. Morell hatte Gelegenheit gehabt, jene
Passage nachzulesen, von der Dr. Felkmann sich in der Deutschen
Bibliothek eine Abschrift anfertigte.
    Die Hartnäckigkeit, mit der Kellermann auf dem bewaldeten
Hügel rund fünf Kilometer von der Saalburg entfernt,
hingerichtet werden wollte, war bemerkenswert…
    Es war kurz vor Mitternacht, als Morell die asphaltierte
Straße verließ und den unbefestigten Pfad benutzte.
    Wie überdimensionale Geisterfinger stachen die Scheinwerfer
in die Dunkelheit und rissen die Bäume aus der Nacht.
    Weit und breit war kein Mensch, man sah keine Häuser.
Stille…
    Morell parkte sein Fahrzeug am Fuß des Hügels. Ein
Trampelpfad führte hinauf zu jener Stelle, wo drei
mächtige, uralte Eichen standen, die manchem Sturm getrotzt
hatten.
    Der Mond schien fahl durch das Geäst, aber sein Licht war
nicht hell genug, um alles erkennen zu können. Morell nahm die
Taschenlampe aus dem Handschuhfach und stieg dann den Trampelpfad
hinauf.
    Szenen liefen vor seinem geistigen Auge ab. Er mußte daran
denken, daß schon Johann Fürchtegott Kellermann und seine
Häscher vor mehr als dreihundert Jahren diesen Weg gegangen
waren. Dort oben, unter dem ›mittleren der Bäume‹ wie
es wörtlich in der Chronik der Prozesse in diesem Bezirk
hieß, ›möchtet ihr meinem Leben ein Ende bereiten.
Dies ist mein Wunsch, die große, die älteste der drei
Eichen‹.
    Dieser Wunsch wurde von den Häschern lachend
erfüllt.
    Der Zug durch die Dörfer wurde zu einem einzigen
Spießrutenlaufen für den tapferen Kellermann.
    Aber er scheint genau gewußt zu haben, was er wollte.
    In den Prozeßberichten stand zu lesen daß Kellermann
kurz vor Mitternacht, »zur Zeit des vollen Mondes gehenkt wurde.
Die Häscher blieben nur noch kurze Zeit. Sie wollten die Nacht
bei Suff und Fraß im nahen Wirtshaus beim Wirt Geiß
verbringen.«
    Als sie am nächsten Morgen die Leiche besichtigen wollten
erlebten sie eine Überraschung. Kellermann war verschwunden.
    Das war eine Tatsache, die nie geklärt wurde.
    Die mittlere Eiche barg ein Geheimnis und bot einen Hinweis
für denjenigen, den dieser Hinweis etwas anging.
    Nachdenklich stand Morell unter dem uralten Baum. Rund um dessen
Wurzeln war der Boden aufgequollen. Tiefe Narben und Löcher wies
die Rinde auf die an eine hornige Elefantenhaut erinnerte.
    Die Eiche war so dick, daß drei Männer nötig
gewesen wären, sie zu umspannen.
    Morell konnte sich nicht erklären weshalb er seiner Neugierde
nachgegeben hatte und in dieser Nacht hier vorbeikam.
    Eine Vollmondnacht! Eine Nacht wie jene, in der vor über
dreihundert Jahren ein Mensch sein Leben hier verlor, der keine
Verbrechen begangen hatte, der lediglich dem
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