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Lynne Graham

Lynne Graham

Titel: Lynne Graham
Autoren: Geständnis auf der Jacht
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und am Ende des Monats blieb nichts übrig. Doch Kathy war froh, dass sie wenigstens das hatte. Nur wenige Menschen waren so großzügig und aufgeschlossen wie Bridget.
    Wie immer war sie erleichtert, die Tür ihres möblierten Zimmers hinter sich schließen zu können. Die Privatsphäre war ihr wichtig, und sie genoss es, dass sie keine lauten Nachbarn hatte. Sie brauchte dieses Refugium, denn schon als Kind hatte sie eine ganze Menge durchgemacht. Als sie zehn war, starb ihre Mutter bei einem Eisenbahnunglück, und kurz darauf erkrankte ihr Vater schwer. Sie pflegte ihn, und daneben führte sie den Haushalt und erledigte die Schularbeiten. Die Liebe zu ihrem Vater gab ihr die nötige Kraft, und ihr einziger Trost war es, dass er starb, bevor er zusehen musste, wie das Leben seiner Tochter zerstört wurde.
    Es war bereits Abend, als Kathy den Bürokomplex betrat, in dem sie fünf Nächte in der Woche arbeitete. Inzwischen gefiel ihr das Putzen sogar. Hier hatte sie ihre Ruhe, und solange sie ihre Arbeit ordentlich erledigte, kommandierte niemand sie herum. Außerdem gab es hier nur sehr wenige Männer, die sie belästigten. Sie stellte rasch fest, dass niemand dem Reinigungspersonal große Beachtung schenkte. Es war, als sei sie unsichtbar, und das passte ihr ganz ausgezeichnet. An die Blicke der Männer, die sie sonst oft genug auf sich zog, konnte sie sich einfach nicht gewöhnen.
    Sie leerte gerade einen Papierkorb, als ein Mann ihr vom anderen Ende des Korridors ungeduldig etwas zurief.
    „Sind Sie die Putzfrau? Kommen Sie in mein Büro – ich habe etwas verschüttet.“
    Kathy wirbelte herum. Der Mann im dunklen Anzug hielt sich nicht damit auf, sie anzuschauen, und hatte sich bereits wieder umgedreht. Als sie hinter ihm her eilte, verschwand er in dem protzigen Privatbüro, vor dem das wertvolle Schachspiel stand. Ihre Lippen zuckten, und mit einem Blick überflog sie das Spielbrett, als sie daran vorbeiging. Ihr unbekannter Gegner hatte einen weiteren Zug getan. In der Pause, wenn sie allein war, würde sie wieder ziehen.
    Das riesige Büro war imposant und bot einen fabelhaften Blick über die Skyline von London.
    Kurz musterte Kathy den Mann. Er drehte ihr den Rücken zu, während er in einer fremden Sprache telefonierte. Er war sehr groß, hatte breite Schultern und schwarzes Haar. Mit diesen Beobachtungen erlosch ihr Interesse auch schon wieder, denn sie entdeckte die Bescherung. Bei einer Kaffeetasse war der Henkel abgebrochen, und der Inhalt hatte eine große Pfütze hinterlassen. So gut es ging, wischte sie den Kaffee auf und holte dann frisches Wasser.
    Sergio beendete sein Telefonat und setzte sich an seinen Schreibtisch. Erst jetzt bemerkte er die Putzfrau, die auf der anderen Seite des Büros auf dem Boden kniete und eifrig den Teppich schrubbte. Das lange Haar schimmerte wie poliertes Kupfer und war im Nacken hochgesteckt.
    „Danke. Ich bin mir sicher, dass das jetzt reicht“, rief er ihr zu.
    Kathy blickte auf. „Der Fleck wird bleiben, wenn ich es so lasse“, warnte sie.
    Mit großen grünen Augen schaute sie ihn an. Die Wimpern waren so lang, dass sie fast wie gemalt wirkten. Ihr herzförmiges Gesicht war so ungewöhnlich und aufsehenerregend schön, dass Sergio, der niemals eine Frau anstarrte, den Blick nicht von ihr lassen konnte. Selbst der formlose Overall konnte die Anmut ihres schlanken Körpers nicht verbergen. Das konnte keine gewöhnliche Putzfrau sein! Vielleicht war sie Schauspielerin, die gerade kein Engagement hatte, oder ein Model. So schöne Frauen brauchten keine Böden zu scheuern, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
    Hatte sich einer seiner Freunde einen Scherz erlaubt? Oder verfolgte diese Lady ihre ganz eigenen Absichten?
    Als ihr Blick auf den Mann hinter dem Schreibtisch fiel, starrte Kathy ihn einige Sekunden an. Er sah umwerfend aus. Das glänzende Haar war kurz geschnitten, die dunklen Augen schimmerten wie schwarze Perlen, die Wangenknochen wirkten wie gemeißelt, und die gerade Nase verlieh ihm ein aristokratisches Äußeres. Die glatte Haut war leicht gebräunt, nur über dem Kinn lag ein dunkler Schatten. Kathys Herz schien fast stehen zu bleiben, so schwer und dumpf schlug es.
    „Ein Fleck. Auf dem Teppich“, brachte sie hervor. Sie erinnerte sich kaum noch, warum sie hier in diesem Büro war. Unsicher stand sie auf und wollte gehen.
    Sergio verdrängte den Gedanken an ihre makellose Erscheinung. Gut aussehende Frauen waren nichts Neues für ihn.
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