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LYING GAME Und raus bist du

LYING GAME Und raus bist du

Titel: LYING GAME Und raus bist du
Autoren: Shepard Sara
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bedeuten, die Schule aufzugeben, sich eine Wohnung zu suchen und einen Vollzeitjob anzunehmen, um die Miete zu bezahlen. Clarice hatte Emmas Sozialarbeiterin gesagt, sie könne bis zu ihrem Schulabschluss bei ihr wohnen. Nur noch neun Monate , sagte sich Emma immer wieder. Das würde sie durchhalten, oder?
    Travis nahm einen tiefen Zug von seinem Joint. »Willst du mal?«, fragte er mit erstickter Stimme, während er den Rauch in seinen Lungen behielt.
    »Nein, danke«, sagte Emma steif.
    Endlich atmete Travis aus. »Die liebe kleine Emma«, sagte er mit zuckersüßer Stimme. »Aber so brav bist du nicht immer, stimmt’s?«
    Emma reckte das Gesicht zum Himmel und betrachtete wieder ihre Sternfamilie. Weiter rechts am Horizont gab es einen Stern, den sie vor Kurzem den »Freund-Stern« getauft hatte. Er schien heute näher als sonst beim Emma-Stern zu stehen – vielleicht war das ein Zeichen. Vielleicht würde sie dieses Jahr den Richtigen finden, den perfekten Freund, der für sie bestimmt war.
    »Scheiße«, flüsterte Travis plötzlich. Er hatte im Haus jemanden gesehen. Schnell machte er den Joint aus und warf ihn unter Emmas Stuhl. In diesem Augenblick erschien Clarice auf der Veranda. Emma schaute voller Verachtung auf die glühende Spitze des Joints – wie nett, dass Travis versuchte, ihr das anzuhängen – und stellte ihren Fuß darauf.
    Clarice trug immer noch ihre Arbeitsuniform: Smokingjacke, weißen Seidenrock und schwarze Fliege. Ihr blond gefärbtes Haar war zu einem straffen französischen Knoten zusammengefasst, und sie trug fuchsienfarbenen Lippenstift, der keinem Hautton schmeichelte. In der Hand hielt sie einen weißen Briefumschlag.
    »Mir fehlen zweihundertfünfzig Dollar«, verkündete Clarice ohne Umschweife. Der leere Umschlag knisterte. »Das war mein persönliches Trinkgeld von Bruce Willis. Er hat einen Schein signiert, den wollte ich in mein Album kleben.«
    Emma seufzte mitfühlend. Das Einzige, was sie inzwischen von Clarice wusste, war, dass sie von Promis absolut besessen war. Sie hatte ein Album, in dem sie alle Begegnungen mit Promis detailgenau aufschrieb, und glänzende Autogrammfotos bedeckten die Wände beim Frühstückstisch. Gelegentlich begegneten sich Emma und Clarice mittags in der Küche. Für Clarice war das früh am Morgen, denn ihre Schichten endeten sehr spät nachts. Clarice wollte dann nur darüber reden, dass sie am Vor abend lange mit dem letzten Gewinner von American Id ol gesprochen hatte oder dass die Brüste eines bestimmten Actionfilm-Starlets auf jeden Fall künstlich waren und die Moderatorin einer Reality-Dating-Show sich wie ein echtes Miststück benahm.
    Emma hörte immer interessiert zu. Promiklatsch war ihr ziemlich egal, aber sie träumte davon, eines Tages als Journalistin zu arbeiten. Natürlich erzählte sie das Clarice nicht. Clarice hatte ihr noch nie eine persönliche Frage gestellt.
    »Das Geld lag in diesem Briefumschlag in meinem Schlafzimmer, als ich heute Nachmittag zur Arbeit gegangen bin.« Clarice starrte Emma mit zusammengekniffenen Augen an. »Jetzt ist es weg. Hast du mir etwas zu sagen?«
    Emma linste verstohlen zu Travis, aber der fummelte an seinem BlackBerry herum und scrollte durch seine Fotos. Emma bemerkte eine unscharfe Aufnahme, die sie vor dem Badezimmerspiegel zeigte. Ihr Haar war nass, und sie hatte sich ein Handtuch um den Körper gewickelt.
    Mit brennenden Wangen drehte sie sich zu Clarice um. »Davon weiß ich nichts«, sagte sie mit ihrem diplomatischsten Tonfall. »Aber frag doch mal Travis. Vielleicht kann er dir weiterhelfen.«
    »Wie bitte?«, krächzte Travis. »Ich habe kein Geld geklaut.«
    Emma gab ein ungläubiges Räuspern von sich.
    »Du weißt, dass ich das niemals tun würde, Mom«, fuhr Travis fort. Er stand auf und zog seine Shorts hoch. »Ich weiß doch, wie schwer du arbeitest. Aber ich hab Emma heute in dein Zimmer gehen sehen.«
    »Was?« Emma wirbelte herum und sah ihn an. »Das stimmt nicht!«
    »Stimmt wohl!«, schoss Travis zurück. Sobald er seiner Mom den Rücken zudrehte, wurde sein falsches Lächeln von einer höhnischen Grimasse mit hochgezogener Nase und zusammengekniffenen Augen abgelöst.
    Emma starrte ihn mit offenem Mund an. Es war erstaunlich, wie kaltschnäuzig er lügen konnte. »Ich habe gesehen, wie du in der Handtasche deiner Mom gewühlt hast«, verkündete sie.
    Clarice lehnte sich gegen den Tisch und verzog den Mund. »Das hat Travis getan?«
    »Nein, das habe ich nicht!«
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