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Luzifer

Luzifer

Titel: Luzifer
Autoren: Jason Dark
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Gestalt wie Luzifer hatte sich bestimmt ein anderes Schicksal für mich ausgesucht. Das stand fest.
    Das Pferd und der stolze Ritter schwebten auf mich zu. Eine Lanze senkte sich mir entgegen. Sie nahm an Größe zu, war auf meinen Kopf gezielt, als wollte sie ihn zertrümmern, doch kurz, vor Erreichen des Ziels zerplatzte sie in tausend Teile und verschwand. Die einzelnen Stücke wurden wie von einem Sog geschluckt.
    Und wieder rollten die Schatten der Dunkelheit heran. Wieder wurde ich von ihnen eingenommen. Das Vergangene verschwand, aber meine Reise war noch nicht beendet.
    Allmählich wurde mir auch klar, wie pervers dieser Luzifer mir gegenüber handelte. Er hätte mir das Wissen und den Verstand rauben können, er hatte es bewußt nicht getan, denn er wollte, daß ich meine eigene Hilflosigkeit so deutlich miterlebte.
    Jede Einzelheit mußte ich erkennen und auch die Tatsache, daß es keiner dieser Größen möglich war, mir zu helfen. Luzifer ließ mich leiden. Das Rad der Zeit drehte sich weiter zurück. Und mich nahm eine noch weiter entfernt liegende Vergangenheit gefangen. Wenn ich rechnete, würde die Jahrtausendwende längst überschritten sein, und so näherte ich mich der Zeitrechnung um Christi Geburt. Nichts geschah. Es blieb dunkel. Die kompakten Schatten gaben keine Lücke frei. In dieser Zeit war nichts passiert. Mir allerdings war bekannt, daß sich der Schleier mindestens einmal noch lichten würde, denn ich hatte ebenfalls im Altertum existiert.
    Daß ich die Zeitrechnung um Christi Geburt überschritten hatte, merkte ich persönlich nicht, aber als die Dunkelheit aufriß und sich wie aus der Ferne einer Kinoleinwand eine bestimmte Szene hervorschob, da hätte ich am liebsten aufgeschrien.
    Ich muß einfach bei dem Vergleich mit dem Film bleiben, denn es sah fast so aus wie in einem Hollywood-Film.
    Alte Mauern, Wächter, die Lendenschurze trugen, Kniesandalen und zum Schutz gegen die Sonne lange Nackentücher.
    Das alte Ägypten.
    Und damals waren die Israeliten in die Gefangenschaft des Pharao geraten. Ein Mensch, ein sehr wichtiger, hatte sich unter ihnen befunden. Einer der großen Propheten.
    Hesekiel, der Erschaffer meines Kreuzes!
    Ich wußte, wie er aussah, ich hatte es schon einmal erlebt. Durch eine Zeitreise war es mir damals gelungen, die Entstehung des Kreuzes teilweise mitzuerleben.
    Jetzt sah ich ihn wieder.
    Wie damals, so hockte er einsam und verlassen in einer kargen Gefängniszelle, umgeben von ausbruchsicheren, dichten Mauern. Konnte er mir helfen? Wenn ja, wie, wo ich auf dem Rad der Zeit festgebunden war? Ich sah zwar alles, doch die Vergangenheit war für mich nicht real.
    Ich sah ihn hocken. Er hatte sich mit seinem Rücken gegen die Wand gelehnt. Schmutz klebte auf seinem alten, sackleinenähnlichen Gewand. Die Haare wuchsen als Wirrwarr auf seinem Kopf. Verfilzte Strähnen, die tief in sein Gesicht hineinhingen.
    Aber er kam vor.
    Es war wie beim Anblick des Richard Löwenherz. Auch Hesekiel glitt auf mich zu.
    Luzifer, der Kaiser des Bösen, spielte durch die Beherrschung des Rads alle Tricks aus, um meine Todesangst zu fördern. Er ließ meine Helfer aus der Vergangenheit Revue passieren und verdeutlichte mir so die eigene Hilflosigkeit.
    Hesekiel, der große Prophet, der Erschaffer des Kreuzes, der weit in die Zukunft hineingeschaut hatte, hob mit einer müden Bewegung seinen Kopf und strich das Haar zurück.
    Ich blickte in die Züge eines schon alten Gesichts, das von langen Leiden in der Gefangenschaft gezeichnet worden war. Sogar die Wasserschale neben ihm konnte ich erkennen. Auf der Oberfläche schwamm eine graue Staubschicht.
    Dann sah ich seine Augen.
    Sie blickten hell und klar. Sie paßten nicht zu der tiefen Traurigkeit, die das Volk Israel in der Gefangenschaft eingehüllt hatte. Mir kam es plötzlich vor, als wüßte er genau, wer vor seinem geistigen Auge angehalten hatte. Sein Blick änderte sich. Über den hellen Augenbrauen zog sich die Stirn zusammen, als wäre Hesekiel dabei, über ein bestimmtes Ereignis nachzudenken.
    Dann trübte sich sein Blick. Plötzlich zuckte er zusammen. Hätte er sich weiter zurückdrücken können, er hätte es sicherlich getan. Da dies nicht möglich war, blieb ihm nur mehr die Chance, seine Arme auszustrecken, als wollte er das Bild nicht wahrhaben, das sich seinem Auge zeigte. Gleichzeitig glitt er wieder zurück. Seine Gestalt blieb in dieser abwehrbereiten Haltung, und ich mußte grausam und deutlich erkennen,
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