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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
Autoren: Karin Wahlberg
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pittoresken Holzhäusern überging.
    Sie ließ sich auf die Bank sinken, die eine etwas andere Aussicht bot.
    Auf der Besvärsgatan herrschte kaum Verkehr, da sie auf eine Treppe mündete, die zum Hafen hinabführte.
    Ein Tritt in ihrer Gebärmutter riss sie aus ihren Gedanken. Sie legte eine Hand auf ihren Bauch und spürte, wie er ausbeulte. Ein Fuß oder eine Hand. Sie verzog den Mund zu einem seligen Lächeln.
    Da rief Claes an und teilte mit, dass sie jetzt erst mit dem Sandalenkauf begannen, da es im Spielwarenladen etwas länger gedauert hatte.
    »Keine Panik«, erwiderte sie großzügig. Es hatte keinen Sinn, zur Eile zu mahnen, wenn das nicht nötig war.
    Dann spürte sie das Wesen, das sie in sich trug, von neuem. Sie dachte sich nichts dabei, da der Termin für den Kaiserschnitt, für den man sich aufgrund ihres Alters entschieden hatte, feststand. Ihr Becken war vermutlich weniger elastisch als früher. Außerdem war Klara mit Hilfe eines akuten Kaiserschnitts aufgrund einer Plazentaablösung zur Welt gekommen, einer Ablatio placentae.
    Aus vielen kleinen Gründen entstand ein großer, entscheidender Beschluss. So deutete Veronika die Beurteilung des Facharztes für Geburtshilfe, weder sie noch Claes hatten eine gegenteilige Meinung gehabt.
    An ihrem nächsten Geburtstag wurde sie siebenundvierzig. Sie gehörte zu den alten Müttern.
    Niemand hatte das ihr gegenüber zur Sprache gebracht, aber sie hegte den Verdacht, dass davon geredet wurde, sobald sie sich außer Hörweite befand. Sie hatte ähnliche Ansichten vertreten, als sie jung und mit Cecilia allein gewesen war und alles am besten gewusst hatte. Lange bevor sie Claes begegnet war und eine der alten Mütter geworden war, die trotzdem auf ihre Existenzberechtigung pochten.
    Sie dachte an Cecilia. Sie war spät in der Nacht bei der ersten Dämmerung im Karolinska Sjukhuset in Stockholm zur Welt gekommen. Veronika war dreiundzwanzig gewesen, ein anatomisch günstiges Alter zum Gebären. Damals hatte sie sich keine Sorgen gemacht, war wohl einfach zu unbekümmert gewesen. Alles war reibungslos und wie vorgesehen verlaufen, obwohl die Schmerzen sie überrascht hatten.
    Auch damals waren Kommentare nicht ausgeblieben. Es sei unverantwortlich, mitten im Studium ein Kind zu bekommen. Sie hatte frisch entbunden, musste sich verteidigen und sich außerdem noch anhören, dass man mit größerer Reife eine bessere Mutter war. Das sagte ihre Schwiegermutter. Ja, was denn?, hätte sie gerne erwidert. Willst du etwa, dass ich sie weggebe?
    Sie konnte sich noch gut erinnern. Selbstverständlich, denn Entbindungen vergaß man nicht. Sie brachten sich regelrecht physisch in Erinnerung, wenn Cecilia oder Klara Geburtstag hatten. Die wirre Freude und der Stolz. »Jetzt sind Sie Mutter«, hatte die Hebamme gesagt, als sie mit der nackten Cecilia im Arm dagelegen hatte. Bei diesen Worten waren ihr die Tränen gekommen. Sie war Mutter.
    Sie erinnerte sich auch an das schmerzvolle und düstere Gefühl der Verlassenheit, das sie erst einmal hatte verarbeiten müssen. Wo sich der Kindsvater in der langen Nacht der Wehen befand, wusste sie nicht. Es gab noch keine Handys, und vermutlich war er zu betrunken und zu müde gewesen, um den Zettel auf dem Küchentisch zu lesen, als er endlich nach Hause gekommen war. Er behauptete später, ihn nicht gesehen zu haben.
    Konnte sie ihm verzeihen, dass er nicht da war? Anfänglich glaubte sie das. Sie verließ sich auf die milde Macht der Versöhnung und auf die alle Wunden heilende Zeit. Sie hoffte so sehr auf eine Familie zu dritt. Dass zwei auch eine Familie sein könnten, kam ihr nicht in den Sinn.
    Aber Dan enttäuschte sie öfter, als sie ihm verzeihen konnte. Es tat immer noch weh, wenn sie an diese Zeit dachte, eine Zeit voller widersprüchlicher Gefühle: Trauer und Hilflosigkeit, aber auch Stolz, Freude und Glück. Doch, glücklich war sie, das auch.
    Jetzt war sie nicht länger allein. Nur zu alt.
     
    Bevor sie in Mutterschutz gegangen war, begegnete sie einer Patientin, die an den schönen Erinnerungen festhielt. Sie war knapp über neunzig, aber sehr scharfsinnig. Ihr fiel Veronikas schwangerer Bauch unter ihrem grünen Kittel auf. Sie befanden sich in einem der kleineren Behandlungszimmer in der Notaufnahme. Eine Schwester hatte Veronika hergebeten, da sie die Patientin in der Vorwoche operiert hatte.
    »Es kommt also was Kleines«, sagte die Frau freundlich. »Ein glückliches Ereignis.«
    Veronika nickte lächelnd.
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