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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
Autoren: Karin Wahlberg
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Chaos ein Heim wurde. Diesmal konnte er zwar nicht alles allein entscheiden, doch andererseits war das eine Herausforderung und irgendwie ganz spannend. Vielleicht konnte er der Arbeit eine Woche Urlaub abringen, auch wenn er den Urlaub eigentlich für die Zukunft aufsparen wollte. Man würde sehen.
    Niemand nahm ab. Auch an ihrem Handy antwortete keiner. Sie hatte es wohl zu Hause vergessen, wie meistens. Veronika mochte keine Handys, das war eine Berufskrankheit. Sie hatte erklärt, sie sei es leid, von piepsenden und klingenden Signalen herumgescheucht zu werden.
    Dabei hatte er nur fragen wollen, ob er auf dem Heimweg etwas zu essen einkaufen sollte, denn er wollte sie nicht noch mehr tragen lassen, als sie bereits trug. Er vermutete allerdings, dass sie bereits Einkaufstüten nach Hause geschleppt hatte, da sie zu der emsigen, sich selten beklagenden Sorte gehörte. Dieses Modell hatte Vorteile, aber auch seine Nachteile. Seiner Meinung nach kannte sie ihre Grenzen nicht. Und an diesem Punkt sah er eine Aufgabe, die er zu erfüllen gedachte.
    Als er seinen Mantel angezogen hatte, klingelte das Telefon auf dem Schreibtisch. Er hoffte vergebens auf einen Anruf Veronikas – es war Gottes Frau, die gleich im ersten Satz fragte, ob er ihre bessere Hälfte gesehen habe. Claesson war irritiert, denn soweit er sich erinnern konnte, hatte die gewissenhafte Ehefrau des Polizeichefs ihn noch nie angerufen und nach ihrem Mann gefragt. Ob etwas passiert war?
    »Ich habe ihn heute Vormittag gesehen. Warum?«, fragte Claesson.
    »Er wollte früh nach Hause kommen. Wir wollen noch weg«, antwortete sie trocken. »Und ich kann ihn weder über die Zentrale noch über sein Handy erreichen.«
    »Dann ist das Handy bestimmt ausgestellt, oder das Akku ist leer«, meinte Claesson, der gern eine ganz natürliche Erklärung finden wollte, was vielleicht an seinem Naturell lag, oder aber an seinem Beruf. Vielleicht auch an beidem.
    »Ach, er wird schon noch kommen«, sagte Frau Gottfridsson schnell, er konnte aber dennoch ihre Unruhe hinter den munteren Worten hören.
    »Wenn ich ihn sehe, jage ich ihn sofort nach Hause«, sagte Claesson, womit Vanja Gottfridsson sich zufrieden gab.
    Er legte langsam den Hörer auf und blieb noch eine Weile mit offenem Mantel stehen. Bei dem Gedanken, dass Gotte etwas passiert sein könnte, beschlich ihn ein unangenehmes Gefühl, das fast als Angst oder Kummer zu bezeichnen wäre. Woran er als Erstes dachte – und in gewisser Weise war er sogar bereits darauf vorbereitet –, war, dass sein Chef Olle Gottfridsson, allgemein Gotte genannt, einen Herzinfarkt oder irgendeine andere Krankheit bekommen könnte, die mit einem allzu üppigen Lebenswandel einherging. Kein ausschweifender Lebenswandel, nur ein genießender. Geräucherte Leberwürste, Eierkuchen, Schweinefleisch und Aal in allen Formen. Und natürlich einen Schnaps dazu, oder auch zwei, wenn man nicht im Dienst war, aber nie wirklich ein Besäufnis. Jedenfalls jetzt nicht mehr. Früher war es manchmal hoch hergegangen, Claesson hatte davon gehört, aber das war so lange her, dass selbst das Gerücht schon erfunden sein konnte. Er lud gern ein, der gute Gotte, von Herzen gern, er liebte es geradezu, seinen Gästen etwas zu servieren, und freute sich, wenn andere sich die Delikatessen schmecken ließen, die ebenso wie er selbst ihre Wurzeln in Skåne hatten. Nur für gegrillte Schweinefüße hatte er doch niemanden aus dem Amt erwärmen können.
    Gotte war gut sechzig und schleppte zu viele Kilo mit sich herum, doch seine große, massige Gestalt repräsentierte auch mental eine Art unerschütterlicher Stabilität. Sie erwuchs aus einem ausgeprägten Gefühl der Güte und aus einer altmodischen Gemütlichkeit – warum auch immer Gemütlichkeit mit altmodisch gleichgesetzt wurde. Gotte zeichnete außerdem noch eine alberne, fast kindliche Neugier aus, die er manchmal, wenn sie nicht mehr wussten, wo ihnen der Kopf stand, zur Entspannung einsetzen konnte.
    Wenn Gotte in Pension ging, auch wenn er den Teufel nicht an die Wand malen wollte, verfluchte Claesson sich selbst, aber an dem Tag, an dem Gotte seine Uniform hinhängen würde, verschwand mit ihm nicht nur fundiertes Wissen, aus dem alle hatten schöpfen können, da verließ auch eine große Persönlichkeit das Revier. Wie leer es danach sein würde, daran wagte er nicht einmal zu denken, noch weniger traute er sich auszumalen, welche Neuerungen dann vermutlich auf ihn zukämen. Gottes Platz
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