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Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Titel: Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins
Autoren: Michaela Seul
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stöhnt das Sofa entsetzt auf.
    Johannes lacht: »Und ich müsste es auch.«
    Einmal ist er einen Halbmarathon mit Luna gelaufen, vom Veranstalter bekam sie eine Sondermedaille. Es war nicht geplant, aber sie wollte unbedingt mit. Eigentlich sollte jemand mit ihr umkehren, doch dann lief sie bis zum Ziel an seiner Seite, da war sie zwei oder drei Jahre alt, und wir verschwendeten keinen Gedanken daran, wie das ist, wenn ein Hund älter wird. Luna doch nicht! Wir kamen auch nicht auf die Idee, dass der Hund als Rudeltier auf Dabeisein ist alles programmiert ist.
    An Luna kann ich lernen, mit dem Alter umzugehen. Indem ich Rücksicht auf sie nehme, werde ich eines Tages, wenn Zipperlein sich zu Zippern auswachsen, auch auf mein Sofa hören oder eben gerade nicht.
    Mit zunehmendem Alter rückt der Krieg der Körper näher. Zuerst ist Gesundheit so normal wie das Grün des Grases. Und natürlich ist man unsterblich. Das gehört sich so. Sehr selten gibt es in der Jugend Probleme. Doch dann hört man von Unruhen, sie rücken näher, in der Ferne schlagen die ers ten Granaten ein. Um die vierzig plötzlich ein Krebs im Freun deskreis, eine Knieoperation, eine künstliche Herzklappe, Asthma, Diäten. Die Einschläge rücken noch näher. Und dann trifft es einen selbst womöglich. Der Magen, die Bandscheiben, Bluthochdruck. Auf einmal ist das Gras nicht naturgegeben grün. Man muss es gießen. Und es braucht Sonne. Die ist nicht immer da, dafür muss man was tun. Den Teller schön leer essen, und es sollte das Richtige drauf sein. Normal und gesund wird zur Aufgabe, Genuss an die Wörter in Maßen gefesselt, aber es gibt keine Garantie, dass das vor Krankheiten schützt. Und auf einmal erwischt es jemanden in der Nähe. Einen Bekannten, guten Freund, vielleicht sogar endgültig, obwohl der doch immer so positiv gedacht hat und Yoga und Meditation gemacht hat. Jetzt ist man mittendrin im Kriegsgebiet. Und begreift, dass man sterblich ist. Da hatte ich doch tatsächlich all die Jahre geglaubt, mir würde das nicht passieren – und auf einmal musste ich den Fahrplan weiter weghalten, um ihn besser lesen zu können. Aber ich habe als Kind auch geglaubt, meine Oma sei als Rentnerin zur Welt gekommen.
    »Luna, wie lang Gassi ist genug für dich?«, frage ich sie und bekomme natürlich keine Antwort. Ich muss die Antwort finden, wie es auch viele Gesellschaften von ihren Mitgliedern erwarten. Versetze dich in dein Gegenüber hinein und tue, was ihm guttut. Nicht jeder trägt seine Gebrauchsanweisung auf der Zunge. Wie viel ist gut für Luna? Wie viel ist gut für mich? Sie war fünf Jahre alt, als ich sie einmal rücksichtslos überforderte. Am Wochenende hatten wir zwei Fahrradtouren gemacht, damals noch ohne die Sänfte. Montagnachmittag hatte ich einen Verlagstermin. Ich wollte Luna vorher auspowern, damit sie die Besprechung verschlief, im Auto konnte ich sie nicht warten lassen, es war Sommer. Ich verabredete mich vor der Besprechung mit Dagmar, damit Luna einen Anreiz zum Spielen hatte. Doch so wild Blacky sie auch aufforderte, Luna hatte keine Lust. Da mischte ich mich ein und motivierte sie, bis sie mit Blacky fangen spielte. Auf einmal jaulte sie laut auf und kam dann auf drei Beinen zu mir gehumpelt.
    »Kreuzband«, meinte der Tierarzt, den ich am nächsten Tag aufsuchte. Die Rekonvaleszenz dauerte drei Wochen, ich musste ihr täglich eine Spritze geben und sie quälend schonen, denn Luna wollte rennen, durfte aber nicht. Dieser Vorfall war mir eine Lehre. Es war mir nicht um den Hund gegangen, sondern darum, dass ich ein gutes Gewissen haben wollte. Doch Luna fühlte sich an diesem Tag nicht wohl und hätte das Gassi vielleicht sogar lieber ausfallen lassen.
    »Wenn wir immer so viel mit ihr laufen, ist sie das auch gewöhnt«, meint Johannes.
    »Ja, sie ist wahnsinnig fit«, sage ich und merke, dass ich mich schon wieder auf etwas wie Jugend beziehe. Gut ist im mer fit und jung, beim Menschen und beim Tier. Das gefällt mir nicht. Ich will mich nicht gegen den Lauf des Lebens stemmen. Ein Siebzigjähriger muss nicht mehr fit sein. Die Bekanntschaftsanzeige des jung gebliebenen Endsiebzigers finde ich affig und die mädchenhafte Sechzigjährige geradezu peinlich. Aber vielleicht muss ich auch einmal beteuern, wie fit ich bin und dass ich doch noch gar nicht alt bin, was ja nichts anderes heißen soll als noch weit entfernt vom Tod? Wenn nun aber der Tod die Pforte zum Paradies wäre, dann wäre fit gar nicht mehr
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