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Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Titel: Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins
Autoren: Michaela Seul
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einen schwarzen Leithengst vertraut macht. Stundenlang saß ich an meinem weiß-roten Schleiflackschreibtisch und galoppierte durch die ungarische Ebene dem schönsten aller Hengste hinterher, der Donner hieß nach seinem Vorbild Blitz.
    Menschen, die es gerne gemütlich und bequem haben, fühlen sich selten wohl mit mir. Menschen, für die das Sofa der schönste Platz der Welt ist, die stundenlang essen und das Nichtstun genießen, machen mich nervös. Ich will mich bewegen, und das täglich, wenn möglich, beim Sport. Je mehr ich schreibe – einmal waren es sieben Bücher in einem Jahr –, desto mehr Bewegung brauche ich, so als müsste ich all die Buchstaben aus meinem Körper turnen, um Platz für neue zu schaffen. Beim Sport erhole ich mich, und entspannt in der Sauna habe ich fast so gute Ideen wie beim Gassi mit Luna. Doch seit einiger Zeit hat mein Sofa zu sprechen begonnen. Es flüstert: Bleib bei mir .
    Spinnst du!
    Ich bin so weich und kuschelig!
    Na und!
    Schau doch mal aus dem Fenster, das ist doch kein Wetter, um Sport zu treiben. Morgen ist auch noch ein Tag, säuselt mein Sofa, und ich nehme nicht ohne Sorge zur Kenntnis, dass es zuweilen geradezu verführerisch lockt: Du warst heute doch schon joggen und zweieinhalb Stunden mit Luna unterwegs. Findest du nicht, das genügt … in deinem Alter?
    Wenn das so weitergeht, ende ich irgendwann bei einem der Lieblingssprüche meines Opas: Wer rastet, der rostet.
    »Man merkt deiner Luna an, dass sie ein aktives Leben führt«, sagt die Hundepsychologin Stephanie Lang von Langen zu mir, mit der ich mich wegen einer Buchidee treffe. »Sie ist noch so fit, weil sie immer gefordert wurde.«
    Das ist die richtige Antwort für mein Sofa. Ich merke sie mir gleich zweisprachig: Use it or loose it.
    Als Luna zu uns kam, war sie ein Welpe. Irgendwann einmal waren wir gleich alt, obwohl ein Menschenjahr bei einem Hund ihrer Größe keinen sieben Hundejahren entspricht. Als mittelgroßer Hund hat sie mich mittlerweile überholt. Luna durchläuft ein Leben im Zeitraffer. Sie schläft länger als früher. Sie ist ruhiger. Sie läuft langsamer. Wenn sie auf meinen Pfiff zu mir kommt, ist der Blitz nicht mehr geölt, manchmal ist es nicht mal mehr ein Blitz. Luna ist ein altes Mädchen.
    Darf sie das sein? Oder muss sie sich mir zuliebe in Miniröcke und Stöckelschuhe zwängen?
    Ich schaue meiner Gefährtin beim Schlafen zu, und da spüre ich mit einer tiefen Gewissheit: Sie darf alt sein, älter werden. Es ist ganz einfach. Wenn die Liebe groß ist, wächst auch die Geduld. Bis jetzt leidet sie an keinen für mich unangenehmen Alterserscheinungen. Sie ist nicht undicht, ganz im Gegenteil, erstaunt uns oft mit ihrer Sechzehn-Stunden-Blase, sie macht keine Umstände, sie ist … ganz die Alte, aber eben älter. An ihr werde ich Mitgefühl lernen und wie ich ihr helfen kann … vielleicht. Wenn nicht eines Nachts im Schlaf ihr Herz stehenbleibt. Es gibt Todesarten jenseits eines Milztumors.
    Auch Lunas Freundinnen sind alt geworden, und vielen sieht man das an. Sogar im Wesen verändern sie sich. Socke kann jetzt nicht mehr allein sein.
    »A oida Hund«, sagt ihre Chefin Sybille, die mit Hunden groß wurde, »der klebt dir an die Fersen. Der weicht dir ned von da Seitn.«
    Luna ist noch nie an mir geklebt. Luna schmust auch nicht besonders gern.
    »Oiso, wenn der Hund an dir dro hängt wia a Klettn, nachad lebt a nimma lang«, erfahre ich von Sybille. »Weil er Angst hod.«
    »Wovor?«
    »Dass’ aus is, dass a hoid hi is.«
    »Du glaubst oiso, a Hund hat Angst vorm Sterm?«
    »Du vielleicht ned?«, fragt sie mich.
    Ob Luna merkt, dass Socke alt geworden ist? Ist Luna traurig, dass sie mit Socke nicht mehr toben kann? Erinnert sie sich an ihre vormaligen Leistungen? Früher ließ ich sie zwei Kilometer vor dem Bauernhof, wo Socke lebt, aussteigen, sie galoppierte vor dem Auto her. Heute lasse ich sie lediglich die Hälfte laufen, manchmal nur die letzten fünfhundert Meter. Schließlich gehen wir dann noch eine Stunde Gassi. Erleichtert sie das oder enttäuscht es sie? Wahrscheinlich macht sie sich keine Gedanken. Fürs Gedankenmachen bin ich in unserem Team zuständig, und deshalb muss ich so viel Sport treiben, um einen freien Kopf herbeizumeditieren.
    »Einen Marathon würde ich nicht mehr schaffen«, gestehe ich Johannes.
    »Doch«, meint er, der seinen ersten als Dreißigjähriger ohne Vorbereitung absolviert hat. »Du müsstest halt trainieren.«
    Im Hintergrund
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