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Luftschlösser

Luftschlösser

Titel: Luftschlösser
Autoren: Susanne Nitzsche
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den alten Spruch, in dem es um Diskretion ging.
    „Ganz genau. Aber damals hatten die Schreiberlinge auch noch Anstand. Sauhaufen!” Erst das gleichgültige Schulterzucken, das er von seiner Tochter zur Antwort bekam, stimmte ihn versöhnlich. Wenn sie selbst nichts darauf gab, sollte auch er sich besser wieder abregen. Diese neue Nonchalance an ihr verblüffte ihn immer wieder.
     
    Jameson Fenwick hingegen war vollkommen aus dem Häuschen. Gleich mehrere Nennungen seiner Agentur innerhalb einer Woche! Charles war ein wahrer Segen für ihn.
    „Mein lieber Charly, ich kann dir gar nicht sagen, wie stolz ich auf dich bin. Ich selbst habe mich jahrelang abrackern müssen, um wenigstens ein klitzekleines Mal in der Yellow Press genannt zu werden, aber kaum engagiere ich dich, ist die Agentur plötzlich in aller Munde. Wärst du nicht vom falschen Ufer, würde ich dich jetzt glatt küssen!”
    Charles zog die Stirn in Falten und trat vorsichtshalber einen Schritt zurück. „Ich danke dir für deine Selbstbeherrschung, Jim. Warum bist du eigentlich so happy über die Nennung in den Klatschspalten. Wir arbeiten doch lieber im Verborgenen.”
    Fenwick schnalzte tadelnd mit der Zunge. „Aber, aber! Noch nie was von kostenloser Werbung gehört, du Lämmchen? Wie sollen wir sonst neue Kunden an Land ziehen? Die Promis und Hausfrauen in unserer Kundenkartei geben sich unter Ihresgleichen nicht gern die Blöße und geben zu, dass ihre neue, blitzsaubere Weste dem Wirken eines Charles Manning oder Jameson Fenwick zu verdanken ist. Erst ein paar kleine Nebensätze mit dem Namen der Agentur bringen die gestrauchelten Existenzen der Nation dazu, sich von uns generalüberholen zu lassen. So läuft das Business, mein Freund.”
    „Du bist ein ekelhafter Opportunist, Fenwick”, sagte Charles mit Bewunderung in der Stimme.
    „Ich weiß, mein Schatz, ich weiß. Und trotzdem bin ich einer deiner ältesten Freunde. Ich habe mir übrigens deine Freundin im Internet angesehen. Sehr schnuckelig. Ihr würde wahrscheinlich fast jeder Kerl zum Arsch der Welt nachreisen. Die einen, um sie zu vögeln, die anderen, um sie zu frisieren”, lachte Jameson.
    Charles starrte seinen Kumpel einen Moment lang regungslos und recht bedrohlich an, dann zog er eine Augenbraue hoch und schüttelte den Kopf.
    „Für Sätze wie diesen sollte ich dir eine reinhauen.” Nach einer Kunstpause fügte er an: „Aber ich schlage keine Mädchen.”
    Fenwick lachte aus vollem Halse. Was blöde Sprüche anging, hatten sie einander noch nie etwas geschenkt. Für ihn gab es zwischen all den nervtötenden Kunden nichts Schöneres als diese Kabbeleien mit seinem alten Kumpel.
     
    Die Zeitungen fanden schnell neue Opfer für Tatsachenberichte, Kolumnen und Spekulationen. Alles, was von der neugierigen Berichterstattung blieb, waren tatsächlich ein paar Anfragen bei Jameson Fenwick PR, ob man nicht an dieser oder jener Stelle etwas Imagepflege betreiben könne. Natürlich konnte man. Fenwick hatte ja schließlich auf diesen Effekt gesetzt. Dass die Anfragen hauptsächlich von Frauen kamen, die am liebsten von Mr Manning beraten werden wollten, wunderte ihn dabei wenig.

5
     
    Bis weit ins nächste Jahr hinein konnten Persephone (weiterhin mit Edwards Unterstützung, die gelegentlich auch aus purer Einmischung bestand) und Charles ihren Berufen nachgehen, ohne dabei gestört oder behelligt zu werden. Es bedurfte schon eines triftigen Grundes, beide wieder auf das öffentliche Parkett zu locken.
    „Da, wieder ein Brief für dich in meinem Postkasten. Könnte eine Einladung sein. Sieht aus, als hätte jemand einen Staatsempfang geplant.” Edward drehte den schweren Umschlag, den der Briefträger wieder zuverlässig in seinen Briefkasten geworfen hatte, in den Händen. Handgeschöpftes Papier, parfümiert auch noch. Wie nobel. ...und gnadenlos übertrieben.
    „So? Wohin bittet man denn? Öffne das Kuvert ruhig. Wenn man’s sowieso schon bei dir einwirft, kannst du die Arbeit auch gleich erledigen.” Persephone war gerade dabei, einen Grundriss den neuen Bedürfnissen einer Familie aus New Jersey anzupassen und hatte nicht vor, gerade in diesem Augenblick alles stehen- und liegen zu lassen.
    „Na los, Boss, trauen Sie sich”, meldete sich Trish, die sich über ihren Schreibtisch gebeugt hatte und mit einem Brieföffner in Edwards Richtung wedelte.
    „Schon gut, schon gut. Ich mach’ ja schon.” Er schlitzte den Umschlag auf und las die enthaltene Einladung
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