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Luegenprinzessin

Luegenprinzessin

Titel: Luegenprinzessin
Autoren: Nora Miedler
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stolz, registrierte die finsteren Blicke der Quaks und erwiderte laut: »Die haben eben sofort meine Qualitäten erkannt!« Hoffentlich hatte David mich gehört.
    Normalerweise, wenn ich mit einem Jungen – abgesehen von Felix und Chris natürlich – herumplänkelte, lief es darauf hinaus, dass der Junge sich als Erster abwandte. Genau diese Reaktion erwartete ich nun auch von Willi, doch der kam sogar noch näher und sagte, als wäre es völlig selbstverständlich, mit mir zu flirten: »Davon musst du mir irgendwann noch mehr erzählen.«
    Ich war so perplex, dass mir absolut keine schlagfertige Antwort einfiel, also spitzte ich bloß die Lippen und zuckte geheimnisvoll mit den Schultern. Willi machte den Mund auf, um noch etwas zu sagen, doch in dem Moment rief Norbert nach ihm. »Wir sehen uns«, raunte er noch, dann sprintete er nach vorne zu seinem Chef. Mein Herz war dabei, sich zu überschlagen. Nicht dass ich ernsthaft Interesse an dem Typen hatte, aber dass einer, der eindeutig ein paar Ligen über mir spielte – nicht nur altersmäßig, auch optisch –, seine Baggersprüche bei mir anwandte, schmeichelte mir natürlich. Hoffnungsvoll blickte ich mich nach David um. Vielleicht hatte er unseren Flirt ja mitbekommen. Doch David sah nicht mal ansatzweise in meine Richtung. Nein, die Einzigen, die Willi und mich beobachtet hatten, waren die Quaks. Quen und Amelie tuschelten und schossen mir böse Blicke zu und ich hätte schwören können, dass ich das Wörtchen Schlampe heraushörte.
    Nach einem kurzen Marsch über die Wiese kamen wir zum Wäldchen, an dessen Rand sich der Klettergarten befand. Um bis ganz hinauf sehen zu können, musste ich den Kopf in den Nacken legen.
    Konnte man von einer Sekunde auf die andere Höhenangst bekommen? Beziehungsweise fing Höhenangst schon unten an?
    »Mia hat so was schon mal gemacht«, verkündete Vero.
    Norbert horchte auf. »Wer von euch ist denn Mia?«
    Vero grapschte nach meinem Arm und zog mich nach vorne. Ich machte mich los, winkte mit zwei Fingern und murmelte: »Hi.« Ach, du Scheiße, hatte ich Vero gegenüber echt behauptet, schon mal geklettert zu sein?
    »Hi Mia! In welchen Klettergärten warst du denn schon unterwegs?«
    Ich räusperte mich. »Na ja, in solchen wie diesem eben.«
    »Wo? In welchem Bundesland?«
    Meine Lippen wurden ganz trocken, das passierte ständig, wenn ich zum Schummeln gezwungen wurde. Bundesland, Bundesland… konnte ich einfach irgendeines nennen? Oder würde Norbert das sofort als Lüge entlarven, weil es just in dem Bundesland keinen Klettergarten gab?
    »Äh, das war in Ungarn, in der Nähe des Plattensees.«
    »Ach! In Gyenes?«
    »Mhm«, machte ich. »Kann sein. Hab mir den Ortsnamen nicht merken können.« Weil ich Norbert aber nicht enttäuschen wollte und außerdem der Meinung war, wennschon lügen, dann wenigstens einen interessanten Eindruck dadurch hinterlassen, fügte ich hinzu: »War jedenfalls total toll. Auf so einer Brücke«, ich zeigte nach oben, »bin ich abgerutscht, zum Glück aber zwischen den Holzlatten hängen geblieben, sonst wäre ich wohl ungespitzt in den Boden gerammt. Hat ganz schön Kraft gekostet, mich da wieder hochzuhieven«, schloss ich bescheiden lächelnd meinen Bericht.
    Norbert sah ernstlich besorgt aus. »Du wärst sonst in den Boden gerammt? Warst du denn nicht ordentlich gesichert?«
    Mist! Ich hob die Schultern. »Ich weiß nicht. Irgendwas ist da auch gerissen.«
    Norbert blies kräftig Luft aus. »Puh, so was ist absolut fahrlässig.« An die Runde gewandt, sagte er: »Hier wird euch nichts dergleichen passieren.«
    »Können wir jetzt gleich klettern?«, fragte Ben.
    »Das steht morgen Nachmittag auf dem Programm. Und Mia kann dann die Gruppe anführen, wenn sie das möchte?«
    Ich nickte stumm.
    Mr Bean, der mich besser durchschaute, als mir lieb war, betrachtete mich süffisant lächelnd. »Du glaubst es mir ja nicht, Fräulein, aber Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.«
    Er war kein großer Fan von mir. Und wir alle waren nicht gerade Fans von ihm. Seit der ersten Klasse am Gymnasium unterrichtete er uns in Englisch und Erdkunde. Er hatte ein Faible dafür, seine Schüler mit Fräulein und Herr anzusprechen, fast jeden Satz mit dem Wörtchen »so« zu beginnen und außerdem noch ein erstaunlich reichhaltiges Repertoire an abgedroschenen Sprichwörtern, die er nach Belieben auch mal abwandelte. Je nachdem, wie er es brauchte. »Was du morgen kannst besorgen, das verschiebe nicht auf
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