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Luegenprinzessin

Luegenprinzessin

Titel: Luegenprinzessin
Autoren: Nora Miedler
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um einen Waldausläufer herum und kamen zu der Stelle, wo der Rest der Truppe bereits auf uns wartete. Norbert hatte bereits im Vorfeld sieben Bojen quer über die Seebreite verteilt. »Wasserslalom«, kündigte er an. »Die Stoppuhr läuft mit. Die Schwimmart ist egal, wählt diejenige für euch aus, mit der ihr am schnellsten vorankommt.«
    Das war für die meisten Kraulen. Chris war der einzige Brustschwimmer unter den Jungs und brauchte am allerlängsten von allen – was ihn jedoch sichtlich nicht störte. Joe, Amelie und Vero kraulten. Ich war total baff, als ich Vero so sah. Nie hätte ich ihr das zugetraut. Wenn wir im Sommer zusammen im Freibad waren, hüpfte sie nur quietschend im Wasser herum und kreischte, dass sie nicht angespritzt werden wolle. Amelie sah beim Kraulen aus wie eine Fünfjährige. Ihr Körper war fast senkrecht, während sie abwechselnd die Arme in die Luft warf. Das war der Moment, in dem ich beschloss, mich selbst nicht aufs Pseudokraulen zu verlegen – ich hatte es nämlich auch nie gelernt –, sondern wie Chris brustzuschwimmen. Ich war eine verdammt gute Brustschwimmerin und in dem Wissen, dass die ganze Gruppe mir zusah, David mir zusah, gab ich alles, powerte mich völlig aus. Schlussendlich wurde ich Fünfte. Hinter Ben, David, Vero und Felix. Joe landete einen Platz hinter mir, ich jubilierte innerlich. So lange, bis ich sah, dass David seinen Arm um ihre nackten Schultern legte und so tat, als müsse er sie trösten. So ein Scheiß, die lachte doch eh die ganze Zeit!
    Das Abendessen war ohne größere Vorkommnisse vorübergegangen. Wir hatten Erdäpfel in Alufolie in die Glut eines Lagerfeuers geworfen und Fleisch an Spießen gebraten. Die Stimmung war ziemlich gut. Ich bemühte mich, auch ein fröhliches Gesicht zu machen, und übte weiter an meinem neuen Lachen.
    Um zehn Uhr verkündete Mr Bean die viel zu frühe Nachtruhe, doch protestieren half wie immer nichts. Nachdem wir Mädchen uns zu siebt mithilfe eines Wassereimers die Zähne geputzt hatten, hockten wir uns auf die Schlafsäcke und diskutierten, ob wir Licht machen konnten, ohne das Zelt gleich voller Insekten zu haben. Oder ob wir uns schlicht und einfach hinter geschlossenem Reißverschluss verbarrikadieren sollten, mit wenig Luftzufuhr, dafür aber mit Festbeleuchtung.
    »Ich bin allergisch gegen Mückenstiche«, erklärte Kinga zum vierten Mal und klang dabei schon leicht hysterisch. »Ich krieg lauter rote Pusteln. Wenn ihr Licht macht und das Zelt offen bleibt, könnt ihr gleich den Krankenwagen rufen.«
    »Jetzt hör endlich auf«, fuhr Diana sie an. »Wir anderen werden nicht hier ersticken, nur weil du Angst um deinen Teint hast!«
    Ich sah, dass Kinga, die sonst recht hart im Nehmen war, bereits mit den Tränen kämpfte, und stieß Diana in die Seite. »Sei nicht so. So eine Allergie kann gefährlich sein.« Das wusste ich ja aus eigener leidvoller Erfahrung.
    »Dieses Licht vertreibt die Insekten.«
    Ich hörte Joe so selten sprechen, dass ich einen Moment brauchte, um ihre Stimme einordnen zu können. In ihrer gewohnt ruhigen Art stellte sie zwei Gläser mit Kerzen darin in die Mitte des Zelts und zückte ein Feuerzeug.
    »Hält Kerzenlicht Insekten ab?«, fragte Kinga hoffnungsvoll.
    »Normales nicht, dieses schon«, erklärte Joe und lächelte. Im Kerzenschein war sie noch schöner als sonst. Ihr blondes Haar schimmerte in einem hellen Goldton, ihre grünen Augen leuchteten. Sie sah aus wie gemalt. Wie sollte ich da jemals Chancen bei einem Jungen wie David haben?
    In dem Moment geschah etwas, das mich mein Selbstmitleid sofort vergessen ließ. Die Quak-Mädchen holten je drei Flaschen Alcopops aus ihren Rucksäcken.
    Diana stieß einen Pfiff aus.
    Vero flüsterte: »Seid ihr verrückt?«
    Und Joe sagte: »Das ist doch Kinderkram«. Gebannt sahen wir ihr dabei zu, wie sie ihrer Umhängetasche zwei große Flaschen entnahm. Tequila und Kahlua.
    »Kahlua? Was ist das denn?«, fragte Kinga.
    »Kaffeelikör«, antwortete ich für Joe. Genau so eine Flasche stand bei uns zu Hause auf dem Küchentresen herum – meine Mutter roch in den letzten Wochen jeden Abend nach dem Zeug. »Der hat etwas mehr Alkoholgehalt als eure Pops«, fügte ich hinzu. »Und der Tequila sowieso.«
    »Denkst du, ich weiß das nicht?«, fragte Quen gereizt. Und zu Joe gewandt, fügte sie hinzu: »Hast du an Salz und Zitrone gedacht? Anders kriegt man das Zeug ja nicht runter.«
    »Ich hab was viel Besseres mit.« In der einen Hand
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