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Luegenbeichte

Luegenbeichte

Titel: Luegenbeichte
Autoren: Beate Doelling
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war plötzlich da. Es regnete. Ich habe dich schon die ganze Zeit beobachtet. Du hast mir so wehgetan, Josi. Meine kleine Schwester. Du warst immer wie eine Heilige für mich, wie Barbara, sie ist eine Heilige. Aber du wurdest zur Hure. Ich hätte mir sparen können, für dich Kerzen anzuzünden. Du kannst das Licht nicht mehr empfangen. Aber für Louhabe ich es noch getan, in eurem Garten, um ihn zu beschützen. Du bist auch nicht besser als all die anderen da draußen, die nur darauf lauern, den Männern den Kopf zu verdrehen. Und dafür hast du Lou einfach alleingelassen, weil du deine teuflische Lust nicht zügeln konntest.« Robert rannen jetzt Schweißperlen an der Glatze herab. Sein Gesicht war verzerrt, er hörte nicht auf zu reden.
    »Der arme Lou! Meine Mama hat mich auch immer alleingelassen. Weißt du, wie weh das tut?« Seine Stimme wurde wieder weinerlich. »Und dann hat sie die Freier bedient, wie du!«
    »Max ist kein Freier! Max ist mein Freund. Du bist ja krank, Robert!«
    Er holte tief Luft. »Ich wollte Lou da rausholen. Ich hatte meinen kleinen Roboter dabei, Robbi, und wollte ihn Lou vor die Tür stellen und schenken, denn Lou liebt Roboter, so wie ich, denn er versteht mich.«
    »Woher weißt du, dass er Roboter liebt?«
    »Weil ich ihn schon lange kenne. Ich war fast jeden Tag im Garten und habe ihm zugesehen, wie er spielt, wie glücklich er in seiner Familie war. Auch Samstag. Aber du hast sein Glück zerstört, ich konnte es nicht mehr mit ansehen, was du mit deinem Maxi treibst, und Lou war ganz allein in dem großen Raum. Die Vorhänge waren nicht ganz zu. Ich konnte ihn durch einen Spalt sehen. Der arme Kleine …« Roberts Gesicht verzog sich, er fing an zu wimmern. Sie konnte ihn kaum verstehen.
    »Und dann … dann ist alles so nass und kalt. Es regnet ganz doll. Das ist Seine gerechte Strafe. ER will uns wegschwemmen. Wir haben es verdient. Eine neueSintflut. Aber Robert weiß jetzt, wie er den kleinen Lou rettet. Nur einen Moment überlegen, unter dem Dach vom Geräteschuppen. Da kommt Marina um die Ecke. Sie weint und schaut sich um, sieht den Schuppen und stellt sich unter. Aber da steht doch schon Robert! Sie sieht ihn an und schreit, schreit! Sie soll nicht so schreien! Das tut Robi weh. Robi muss ihr den Mund zuhalten. Die blöde Kuh haut Robi, boxt … Dabei wollte Robert nur, dass sie nicht schreit! Ich kann dieses Weibergeschrei nicht hören!« Robert hielt sich die Ohren zu. »Und dann … dann war sie … still. Robi wollte sie nicht töten!« Robert fing an zu weinen und schüttelte den Kopf. »Nein, nein!«
    Josi ging langsam rückwärts, lief um den langen Tisch herum. Robert hörte auf zu weinen. Er kam auf sie zu. Josi war nun hinter dem Tisch. Robert ging weiter. An seinem Schritt konnte sie sehen, dass er wieder sehr stark war – der Robert, der Lilli Sander erstickt hatte, weil er seine Kraft nicht kontrollieren konnte, weil er sich nicht kontrollieren konnte. Josi fühlte ihr Herz in den Schläfen hämmern. Sie ging weiter um den Tisch herum. Robert folgte ihr.
    »Natürlich war es Marina!«, brüllte er.
    »Nein, es war eine Studentin von Thomas! Sie hieß Lilli Sander!«
    »Es war Marina! Sie hatte diese teuflischen Schuhe an und ihren schwarzen Regenmantel.«
    »Ich habe Lilli Marinas Mantel geliehen.«
    »Du lügst! Du falsche Schlange, du Hure du!« Robert kam nun schneller auf sie zu. Sie hatten den Tisch bereits einmal umrundet.
    Josi hatte keine Kraft mehr zum Reden. Sie fing an zu laufen. Robert versuchte, sie zu täuschen, wie beim Fangenspielen, sprang in die andere Richtung. Josi wich ihm aus.
    »Dann war es eine andere Hure!«, murmelte Robert mit zusammengebissenen Zähnen. »Das muss ich beichten, denn Er wird mir vergeben.« Er zeigte auf das Kruzifix. »Er wird mich mit seinen Fittichen decken, und meine Zuversicht wird sein unter seinen Flügeln, denn seine Wahrheit ist Schirm und Schild. Nur er wird uns vor der Pestilenz, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die im Mittage verderbt, bewahren.« Er stand still und starrte sie an.
    »Robert. Bitte, lass mich gehen. Robert! Ich habe dir doch nichts getan.«
    »Du hast Lou alleingelassen. Du bist die Schlange, die Pestilenz …«
    Sie musste hier so schnell wie möglich raus! Zur Polizei! Zu Papa! Weg von diesem kranken Pflegekind. Er war anscheinend in dieser religiösen Familie völlig verrückt geworden. Musste da irgendwas falsch verstanden haben, mit dem Guten und dem Bösen auf der Welt
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