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Luegenbeichte

Luegenbeichte

Titel: Luegenbeichte
Autoren: Beate Doelling
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anderen festhalten musste, um die kleinen Knöpfe zu treffen. Sie war jetzt im Menü, sah die Zeichen und Pfeile und drückte auf den nach oben zeigenden Pfeil und da ruckte der Rollladen und setzte sich langsam und surrend in Bewegung. Der Lichtspalt wurde langsam größer, blendete sie. Draußen war es fast hell.
    Sie sah die Einfahrt der Garage unter ihr. Und dann sah sie Robert. Draußen. Er kam aus dem Garten und er hatte etwas in der Hand. Eine Axt!
    Sie sah, wie er zurück ins Haus lief. Sie rückte sich den speckigen Ledersessel ans Fenster, kam außer Atem dabei, stellte sich auf die Lehne.
    »Mach die verdammte Tür auf, du Miststück!«, brüllte Robert. Und dann krachte die Axt mit voller Wucht in die Tür. Sie hörte Holz splittern. Fast wäre sie bei dem Schlag vom Stuhl gefallen. Sie rüttelte an der Halterung der Gardinenstange. Sie war mit zwei Schrauben fest in der Wand verankert und wackelte nur ein bisschen.Es fehlten nur ein paar Zentimeter, bis sie die Gardinenstange zu fassen kriegte. Sie stellte sich auf Zehenspitzen – und rutschte beinahe von der Sessellehne! Sie sprang mit beiden Händen an die Stange, hing dort, zwei, drei Sekunden, die Halterung knirschte langsam aus der Wand und sie fiel mitsamt der Stange erst halb auf den Sessel, dann auf den Boden. Ihr Knie war dabei gegen die Wand geknallt; der Hintern taub. Ihr wurde schwarz vor Augen. Putz rieselte auf sie herab. Der nächste Axtschlag hieb in die Tür und krachte, als würden ihre Knochen splittern. Er ließ sie aufspringen, mit der Stange in der Hand.
    Diesmal war schon die halbe Schneide der Axt zu sehen, aber sie steckte fest. Josi hörte, wie Robert sich abmühte, die Schneide aus dem Holz zu reißen.
    Sie holte aus und haute das Ende der Gardinenstange gegen die Scheibe, aber davon fiel nur der Pinienzapfen ab und kullerte durchs Zimmer. Robert zerrte noch immer an der Axt, keuchte und fluchte dabei. Sie versuchte, die Scheibe frontal mit der Stange einzuschlagen, ohne Erfolg. Das musste so ein Dreifach-Isolierglas sein, so eins, womit man jede Menge Energie sparte und das absolut einbruchsicher war. So was hatte Thomas auch in seinen Fenstern. Sie sah, wie die Axt mit einem Ruck aus dem Holz verschwand, und hörte einen Knall im Nebenzimmer, dann schepperte es, als wäre ein Computer runtergefallen. In der Tür war jetzt ein schmaler Spalt. Für einen Augenblick war es still. Hatte Robert sich durch den Rückschlag vielleicht selbst außer Gefecht gesetzt?
    Sie hörte ihr Herz rasen. So schnell konnte ein Herzdoch gar nicht schlagen! Bestimmt würde sie gleich einen Herzinfarkt kriegen.
    Sie sah den Pinienzapfen neben dem Bett liegen. In dem Moment krachte die Axt wieder in die Tür, vergrößerte den Spalt. Diesmal bekam Robert die Schneide ohne Schwierigkeiten aus dem Holz und schlug gleich wieder zu. Sie sprang zum Zapfen, hob ihn auf und schleuderte ihn mit voller Wucht gegen das Fenster. Es knisterte. Und dann sah sie einen Riss in der Scheibe und von dem Riss ging ein weiterer Riss aus und viele kleine Risse schlängelten sich durchs Glas. Sie hielt die Luft an. Es knisterte. Im Loch in der Tür erschien ein Teil von Roberts knallrotem Gesicht.
    In dem Moment griff sie nach dem Gardinenstangen-Speer und rannte zum Fenster, stieß mit voller Wucht gegen die Risse, stocherte, bis das Glas barst, hörte Robert im Hintergrund: »Bitte, lieber Gott, gib Josi die gerechte Strafe, sie hat es verdient!«
4:39
    Josi kletterte aufs Fensterbrett, trat den Rest Scheibe aus dem Fenster, unter ihr Pflastersteine, die Einfahrt zur Garage, es war verdammt hoch, sie zögerte einen Augenblick, aber da sah sie Roberts Hand durch den Holzspalt greifen, seinen Arm, sah noch, wie er versuchte, an die Verriegelung zu kommen, aber die Stuhllehne versperrte ihm den Zugriff. Alles in ihr drängte vorwärts, sie spürte etwas in ihr Fleisch schneiden, tief in die Schulter, in den Arm. Es wurde ganz heiß in ihr. Dann sprang sie.

Wer bittet, dem wird gegeben.
15:43
    So war das also, wenn man tot war. Kein Schmerz, kein Durst, keine Angst. – Dafür weiche Kissen. Ruhe.
    Obwohl, so ruhig war es gar nicht. Andauernd Stimmen und Schritte und andere Geräusche. Und es roch so komisch.
    Sie öffnete die Augen. Ein Engel stand neben ihr, ganz in Weiß, mit blondem Haar und Namensschild über der linken Brust: »Schwester Antonia«.
    »Na, schön geschlafen?«
    »Ich bin gar nicht tot?«
    Der Engel lächelte, hob ihr Handgelenk, fühlte den
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