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Lügen in Kriegszeiten

Lügen in Kriegszeiten

Titel: Lügen in Kriegszeiten
Autoren: Arthur Ponsonby
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bezüglich der Entsendung eines britischen Expeditionsheeres im Falle eines Krieges zwischen Deutschland und Frankreich berichtete. In der Übersetzung, die in anderen Zeitungen ohne das Facsimile abgedruckt wurde, fanden sich drei Fehler:
    a) Eine Einschaltung, die ein wesentlicher Bestandteil des Textes war, lautete: „L’entrée des Anglais en Belgique ne se ferait qu’après la violation de notre neutralité par l’Allemagne.’’ (Der Einmarsch der Engländer in Belgien wird erst nach der Verletzung unserer Neutralität durch Deutschland stattfinden.) Dies wurde als eine Randbemerkung und auf französisch gegeben, damit es viele Leute nicht verstehen sollten.
    b) In der Stelle „He (Colonel Barnadiston) emphasised that our conversation must be absolutely confidential.“ (Er, Oberst Barnardiston, betonte, daß unsere Unterredung absolut vertraulich sein muß), wurde das Wort „conversation“ mit „Abkommen“ übersetzt, als ob es „convention“ hieße.
    c) Das Schlußdatum auf französisch „Fin septembre 1906“ (Ende September 1906) wurde mit „Abgeschlossen September 1906“ wiedergegeben und auf diese Art der Eindruck hervorgerufen, als ob ein „Abkommen abgeschlossen“ worden wäre.
    Einzeln genommen, hätten die Fehler als Nachlässigkeitsfehler aufgefaßt werden können, aber alle drei zusammen weisen zweifelsohne auf einen absichtlichen Fälschungsversuch hin.
    In den ersten Kriegsmonaten machte eine Meldung des Wolff’schen Nachrichtenbüros die Runde in den Zeitungen: „Heute versuchte ein französischer Arzt mit Hilfe von zwei verkleideten französischen Offizieren das Wasser eines Brunnens in Metz mit Pest- und Cholerabazillen zu vergiften. Die Verbrecher wurden erwischt und erschossen.“ Später wurde diese Legende amtlich widerrufen.
    Der größte Tunnel in Deutschland bei Kochem an der Grenze, hieß es, sei von einem Wirt in Kochem, namens Nicolai, und seinem Sohne zerstört, und beide seien erschossen worden. Die Rheinisch-Westfälische Zeitung führte aus, daß nach sorgfältiger Untersuchung entdeckt wurde, daß Nicolai ein geborener Franzose und naturalisierter Deutscher sei, und daß man sich gratulieren dürfe, daß der Verbrecher kein echter Deutscher ist. Am darauffolgenden Tage gab der Bürgermeister von Kochem bekannt, daß an dem angeblichen Anschlag kein Wort wahr sei; Nicolai sei am Leben und ein hochangesehener Bürger, während sein Sohn in einem preußischen Regimente diene.
    Greuellügen waren in Deutschland gerade so zahlreich wie in diesem Lande. Das Augenausstechen scheint sich dort ebenso großer Beliebtheit erfreut zu haben, wie hier die belgischen Babys mit den abgehackten Händen.
    Im September 1914 erfuhr eine Dame in Köln, daß es in einem Lazarett in Aachen einen ganzen Saal voll verwundeter Soldaten gäbe, denen die Augen ausgestochen worden waren. Auf eine diesbezügliche Erkundigung hin erwiderte ein führender Arzt in Aachen, daß es keinen solchen Saal gebe, und daß man keinen einzigen derartigen Fall beobachtet habe. Aber die Geschichte wanderte von Aachen nach Bonn, wo der Chefarzt sie abermals in Abrede stellen mußte. Dann reiste sie nach Sigmaringen. Die Weserzeitung in Bremen griff sie auf und erzählte ähnliches von einem Krankenhause in Berlin. Dies wurde von der Kommandantur der Residenz widerlegt. Die Legende erreichte ihren Höhepunkt, als erzählt wurde, daß ein kleiner zehnjähriger Knabe „einen ganzen Eimer voll Soldatenaugen“ gesehen habe.
    Die Zeit im Bild (12. Januar, Nr. 38) gab die genaue Beschreibung eines Priesters, der eine Kette von lauter Ringen von Fingern, die er abgeschnitten hatte, um den Hals trug.
    Eine amtliche Meldung von Lüttich, wo dies geschehen sein sollte, erklärte, daß es keinen solchen Fall gebe.
    In der Kölnischen Volkszeitung vom 15. September 1914 wurde erzählt, wie eine Kompagnie deutscher Soldaten durch ein belgisches Dorf marschierte, als der Priester, der vor der Kirchentüre stand, den Hauptmann aufforderte, mit seinen Soldaten hereinzukommen, „da es“, wie er sagte, „doch in dieser schweren Zeit gut sei, auch an den lieben Gott zu denken“. Der Hauptmann folgte der Einladung. Hinter dem Altare war ein Maschinengewehr versteckt. Als alle in der Kirche waren, wurde das Maschinengewehr aufgedeckt und die ganze Kompagnie erschossen.
    Solche Geschichten wie diese 17   entsprangen hauptsächlich antikatholischer Einstellung. Priester wurden beschuldigt, französische Soldaten in ihren
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