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Lügen in Kriegszeiten

Lügen in Kriegszeiten

Titel: Lügen in Kriegszeiten
Autoren: Arthur Ponsonby
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ist nicht so sehr die Richtigkeit der Nachricht, als ihre Wirkung, die von Belang ist 16 .“
    Die Türken waren unbequeme Verbündete. Die Massenermordungen der Armenier mußten verheimlicht werden, wenn auch einige Zeitungen den Versuch machten, sie zu verteidigen.
    Unsere Dichter und Professoren hatten ihre genauen Gegenstücke in Deutschland, die auch dem orthodoxen „Patriotismus“ einen intellektuellen und literarischen Ton gaben.
    Im Auslande war das deutsche Lügen nicht sehr geschickt. Es war entweder zu spitzfindig oder zu plump. In Anbetracht der vielen Feinde mußte es sich über ein weites Feld erstrecken. „Einkreisung“ war das Hauptschlagwort, und im Falle Frankreichs und Rußlands „Angriff“.
    Im Oktober 1914 erklärte der bayerische Kronprinz Rupprecht, daß es seit Jahren Englands Bestreben gewesen sei, „uns mit einem Ring von Feinden zu umgeben, um uns zu erdrosseln“, und es gab viele ähnliche Erklärungen.
    Hinsichtlich der absichtlichen Einkreisungspolitik, insofern sie sich aus England bezieht, bemerkt Herr Rudolf Kircher in seinem Buche Engländer (1926):
     
    Greys Persönlichkeit ist der lebende Beweis dafür, daß es eine Einkreisungspolitik als Kriegsziel, wie man sich in Deutschland einbildete, niemals gegeben hat. All dieses waren phantastische Vermutungen, ebenso phantastisch wie die Idee, daß das deutsche Volk für einen Angriff und Kampf um die Weltherrschaft reif und bereit sei.
     
    Die deutsche Regierung war, wie alle übrigen Regierungen, schuldlos und den Machenschaften der feindlichen Regierungen preisgegeben. Sie hatte kein Hauptungeheuer zu schildern wie die Alliierten, sondern nur eine Anzahl nicht sehr hervorragender Staatsmänner. In den ersten Schreckenstagen brachte sie die „militärische Meldung“, daß „französische Flieger am 3. August 1914 in der Nähe von Nürnberg Bomben abgeworfen hatten“, und in den Zeitungen erschienen flammende Überschriften. Aber der preußische Gesandte in München telegraphierte nach Berlin, daß „kein Beweis vorhanden sei, daß Bomben abgeworfen wurden, und natürlich noch weniger dafür, daß die Flieger Franzosen waren“. (Kautsky, Dokumente, Nr. 758.) Gleichzeitig kam eine Mitteilung vom Regierungspräsidenten in Düsseldorf daß „achtzig französische Offiziere in der Uniform preußischer Offiziere vergeblich versucht hätten, in zwölf Automobilen bei Walbeck über die deutsche Grenze zu kommen“. Beide Meldungen wurden von Herrn Jagow, dem Außenminister, an die Gesandten in Brüssel und im Haag telegraphisch weitergegeben, damit sie als Völkerrechtsbruch den Regierungen zur Kenntnisnahme gebracht würden. Zweifelsohne wurden beide geglaubt, aber keine von ihnen war begründet. Andererseits waren bereits vor dem 3. August 1914 mehrere Fälle von französischer Gebietsverletzung durch deutsche Grenzpatrouillen vorgekommen.
    Abgesehen von solchen Sinnlosigkeiten, wie „Gott strafe England“ und dem „Haßgesang“, richtete sich die Aufmerksamkeit natürlicherweise besonders auf Großbritannien. Am 3. September 1914 brachte die Frankfurter Zeitung eine Rede von Mr. John Burns, die rein erfunden war. Im Oktober erschien in der New York American ein Bericht über ein Interview mit einem „hochgestellten Vertreter der britischen Regierung“, der als vollkommen falsch erwiesen wurde. Flugzeuge wurden dazu benutzt, um auf französische Schützengräben und Quartiere Ansichtskarten von zerstörten französischen Kirchen mit der aufgedruckten Legende „von den Engländern zerstört“, abzuwerfen. Es gab die gewöhnlichen übertriebenen Berichte und aufsehenerregenden Ausführungen über das, was in Feindesland vorging, Verzweiflung, Sittenverderbnis und Schrecken, Beschuldigungen des Mißbrauches der „weißen Flagge“, besonders gegen die englischen Truppen und andere „notwendige“ Kriegslügen.
    Neutrale Länder wurden selbstverständlich von beiden Seiten mit Propaganda versehen. Es gab einen deutschen Film, aus dem vorgeführt wurde, wie deutsche Soldaten belgischen und französischen Kindern zu essen gaben, und wie englische Gefangene, die unter den strengen Augen preußischer Soldaten arbeiten, vor Entzücken grinsen.
    Am 25. November 1914 veröffentlichte die Norddeutsche Allgemeine Zeitung in Facsimile eine Übersetzung eines vom 10. April 1906 datierten Schreibens des Generals Ducarne an den belgischen Kriegsminister, in dem er über den Besuch des Obersten Barnardiston und dessen Erklärung
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