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Lügen haben rote Haare

Lügen haben rote Haare

Titel: Lügen haben rote Haare
Autoren: Anne-Marie Käfer
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versteht! Ich habe lediglich gesagt, dass ich, falls ich dir verzeihen werde, mal irgendwann deine Frau werden würde und … und, dass ich dir dann einen roten Porsche schenken werde, weil jemand deinen Audi zerkratzt hat.«
    Roger schlägt sich mehrfach mit der Hand vor die Stirn. Will er damit etwa andeuten, dass ich doof bin? Er kneift die Augen zusammen. »Und woher weißt du bitte schön, dass mein Audi zerkratzt ist? Also du warst das? Ich fasse es nicht!«
    Wenn ich jetzt nicht aufpasse, hat er mich! Ich lenke ab und äffe seine Stimmlage nach. »Erkläre du mir lieber, warum du fremdgevögelt hast, hä?«
    Roger zischt mich an. »Pst! Sprich leiser, Karo, muss ja nicht jeder mitbekommen! Wenn das rauskommt …, das wäre eine Katastrophe für meine Karriere.«
    »Roger, ich will gar nicht wissen, wer sie ist, sondern nur eine Erklärung, warum du mich betrogen hast. Ich verzeihe dir ja, aber nenne mir den Grund!« Noch merke ich nicht, dass ich mich so klein wie ein Sandkorn mache. Die nächsten Worte treffen mich darum unvorbereitet und mit voller Wucht.
    »Es ist aus zwischen uns, Karo, ich war nur zu feige, es dir zu sagen. Ich habe Ricarda bereits vor zwei Wochen kennengelernt, wir haben uns vom ersten Augenblick an gemocht.«
    Gemocht ? Meine Hände fangen an zu zittern.
    »Jetzt sag bitte nicht, dass es sich um die Ricarda handelt, ich meine die Ricarda, die Tochter deines Chefs Professor Holland, die vor Kurzem aus Amerika zurückgekehrt ist und jetzt eine eigene Unfallchirurgie-Praxis von Paps gesponsert bekommt? Hattest du nicht über sie gelästert? Mannsweib, hattest du sie nicht Mannsweib genannt?«
    Roger senkt schuldbewusst den Blick. »Doch, Karo, es ist genau die Ricarda. Wir möchten so schnell wie möglich eine Gemeinschaftspraxis eröffnen, ich kann so gut wie ohne finanzielle Beteiligung einsteigen. Kannst du dir vorstellen, was das für mich bedeutet?«
    »Ja dann«, höre ich mich gefasst sagen und krame in meiner Handtasche nach Rogers Schlüsseln, die er mir vor Wochen in einem Schmuckkästchen überreicht hatte. Roger legt ebenfalls meinen Bund auf den Tisch. Aus dem Sandkorn wird der Mount Everest. Obwohl die Luft im Moment sehr dünn ist, wundere ich mich, dass ich locker und leicht atmen kann.
    »Es tut mir leid, Karo, ehrlich.«
    »Mir nicht, Roger. Jetzt, nachdem ich den Grund für deinen Fremdgang weiß, tut es mir überhaupt nicht mehr leid. Du bist ein geldgeiles, armseliges Arschloch und ich wünsche dir Albträume, wenn du nur daran denkst, dieses Flintenweib bumsen zu müssen. Pfui Spinne, wie konnte ich mich nur so in einem Menschen täuschen. Sind da meine Klamotten drin?« Ich deute auf die Reisetasche. Er nickt verstört und schreit plötzlich vor Schmerz auf, weil sich einer meiner hohen Absätze mit voller Wucht durch seinen rechten Krankenhausschuh bohrt, und zwar so feste, dass ich Mühe habe, ihn wieder herauszuziehen.

2. Meine Schwester Conny
    In meinem Auto krame ich Oma Fines alte Strickjacke aus der Reisetasche und kuschele mich hinein. Die Stöckelschuhe tausche ich gegen meine rosafarbenen Plüschpantoffeln mit Bommel, die Roger ordentlich in eine Plastiktüte gepackt hat, und zack, schon fühle ich mich wohler.
    Ein Blick in den Rückspiegel zeigt, dass ich so kurz nach einem Beziehungscrash verflixt gut aussehe. Ich verspüre nicht das geringste Bedürfnis, mich schluchzend auf den Schoß meiner Mutter zu flüchten, sondern gebe dem grummelndem Knurren meines Magens nach und fahre, allein aus diesem Grund, Richtung Elternhaus.
    Jedes Mal, wenn ich in die Birkenstraße in Sülldorf einbiege, erwachen herrliche Kindheitserinnerungen. Verstärkt wird dieses Gefühl durch den Duft von frisch gemähtem Gras, den ich als Kind besonders liebte. Meine Eltern waren und sind auch heute stolz auf das schicke Einfamilienhaus mit den roten Klinkersteinen, das sie mit viel Energie, Freude und Eigenleistung, noch vor meiner Geburt, gebaut hatten.
    »Erst als unser zweites Küken geschlüpft ist«, erinnert sich mein Vater gerne zurück, »war unser Glück vollkommen.«
    In der Birkenstraße, in der es früher nur so von spielenden und lachenden Kindern wimmelte, ist es ruhig geworden. Niemand meiner ehemaligen Freundinnen und Freunde lebt mehr in der ›Baumsiedlung‹, in alle Himmelsrichtungen sind sie ausgeflogen. Ich parke auf der Garagenauffahrt der Hausnummer 18 und mache mich durch das Gartentor auf den Weg in den Wintergarten. Das quiekende Gekicher der
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