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Lügen haben rote Haare

Lügen haben rote Haare

Titel: Lügen haben rote Haare
Autoren: Anne-Marie Käfer
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der Couch erarbeitet, dass es daran liege, dass Roger mich nicht persönlich verletzt hat. Schließlich hat er mich nicht wegen meiner Person, sondern aus finanziellen Gründen verlassen. Das ist ein riesiger Unterschied. Und für Bruni steht fest, dass, wenn er es dem groben Pferdegesicht besorgen müsse, eh immer nur mich vor Augen hätte.
    »Ha, was meinst du, wie der kotzen wird, wenn er danach das Licht anmacht, und puff …, statt der Traumfrau liegt ein hässliches Weib neben ihm. Weißt du, das ist ungefähr so … wie, wie mit Prinz Charles, Lady Diana und Camilla.«
    Ja, da gab ich ihr Recht … jedoch, war es bei denen nicht umgekehrt? Dann wäre ja ich quasi Camilla und die bescheuerte Ricarda Lady Diana. So ganz blicke ich durch Brunis Tiefenpsychologie noch nicht durch. Der Gedanke, Camilla zu sein, gefällt mir nicht. Aber egal. Freud habe ich auch nie so richtig verstanden.
    In der Tiefgarage treffe ich auf Heike Gebauer und Ulrike Assmann aus der Buchhaltung. Wir nehmen gemeinsam den Aufzug und ich muss mir richtig Mühe geben, um das Gespräch der beiden verstehen zu können. Sie flüstern regelrecht.
    »Nee, der hat sich doch seit Jahren nicht mehr hier blicken lassen. Der soll im Ausland sein«, wispert die Gebauer.
    Ulrike Assmann kichert und wackelt mit den Hüften. »Vielleicht auf Gran Canaria? Da sollen sich die Schwulen ja besonders wohl fühlen!«
    Heike Gebauer zuckt mit den Schultern. »Nichts Genaues weiß man nicht.«
    Pling! 3. Etage. Schade, dass ich aussteigen muss. Haben die etwa über Paul Geiger geredet?
    Bruni schwört bei allem, was ihr heilig ist, nicht getratscht zu haben. Sie habe lediglich gestern Abend im Supermarkt die hochschwangere Brigitte aus der Kantine getroffen. Und die hat erzählt, dass der Chef sie höchstpersönlich in den Mutterschutz verabschiedet hätte. »Und dann hat Brigitte noch gesagt, dass der Geiger ganz traurig geschaut hätte und meinte, dass er ihren Vater …, also Brigittes Vater beneiden würde, weil er Großvater werden würde. Und daraufhin habe ich lediglich geantwortet, dass das kein Wunder sei, denn Geiger könne ja nie Großvater werden, weil sein Sohn Paul schwul ist.«
    Aber so richtig getratscht, nein, das hätte sie niemals.
    Bruni hält es in der Tat wie eine Psychologin. Alles eine Sache der Auslegung. Ich lasse mich mit einem Seufzer auf meinen Schreibtischstuhl fallen und registriere freudig, dass heute Freitag ist. Endlich Wochenende! Gundula und Nikolaus betreten gemeinsam das Büro, wobei Nikolaus der Piefke galant die Tür aufhält. Nach einer kurzen Begrüßung verschwindet der Chef ins Chefzimmer und die Piefke in ihren Glaskasten.
    »Kann ich denn was dafür, dass Kantinen-Brigitte eine Tratsch-Tante ist?«, fährt Bruni fort. Sie blickt mich so unschuldig an, dass ich lachen muss.
    »Nein«, sage ich in beruhigendem Tonfall, »dafür kannst du natürlich nichts.«
    Während ich meinen PC hochfahre, bedanke ich mich bei Bruni für das gestrige gute Gespräch und dass sie mir so vieles bewusst gemacht hat. Genau jetzt beschließe ich, nicht mehr einen Gedanken an den geldgeilen Roger zu verschwenden. Basta. Aus.
    Zehn Minuten später bittet Nikolaus mich in sein Refugium. Ich versinke in dem dicken schwarzen Ledersessel, der leise pfft macht, als ich mich setze. Dieses pfft hört sich wie ein leiser Pups an. Mir ist das peinlich, obwohl es mir nicht peinlich sein müsste. »Einen Augenblick noch«, sagt Nikolaus und blättert in einem Ordner, der vor ihm auf dem Schreibtisch liegt. Dann steht er auf, geht zur Glasvitrine und öffnet eine kleine Holzschachtel. Während er nach einer Zigarre greift, sehe ich mit Entsetzen, dass das Zeichenblatt, auf dem ich gestern herumgemalt habe, auf seinem Schreibtisch liegt. Nervös rutsche ich auf dem Sessel hin und her, während ich auf mein ›Kunstwerk‹ starre.
    Die Piefke auf Nikolaus Schoß! Ich war gestern so neben der Spur, mir war gar nicht bewusst, was ich da zu Papier gebracht habe. Und rechts unten meine schwungvolle Signatur ›van Goch‹. Ich verfluche meine Zeichenkünste, denn nur ein blinder Maulwurf würde nicht erkennen, was und wen diese Karikatur darstellt. Ich möchte weglaufen, würde in diesem Moment lieber den Regenwald mit einem Wischmopp trocken wischen oder in der Arktis Gletscher mit einem Feuerzeug zum Schmelzen bringen, als hier zu sitzen. Geigers Zigarre raucht, er zieht genussvoll daran. Dann greift er nach der Zeichnung. »Zu meinem Anliegen komme
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