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Lügen haben rote Haare

Lügen haben rote Haare

Titel: Lügen haben rote Haare
Autoren: Anne-Marie Käfer
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ihr mit einer Unschuldsstimme hinterher.
    Die Piefke bremst ab und verschwindet in die danebenliegende Kabine. »Ferkel gibt es!«, höre ich sie im Hinausgehen noch rufen.
    Bruni wedelt aufgeregt mit den Armen, nachdem ich wieder auf meinem Drehstuhl sitze. Ich wedele aufgeregt mit meinem Handy zurück. »Rate mal, wer mich gerade angerufen hat!«
    Sie unterbricht mich ungeduldig. »Warte, Karo, zuerst ich.« Sie beugt ihren Kopf über den Schreibtisch und raunt grinsend. »Na, hier war eben was los. Nikolaus hat telefoniert, die Tür war ja nicht geschlossen und ich konnte fast jedes Wort verstehen. Na gut, ein paar Schritte musste ich schon zum Kopierer machen, um noch besser verstehen zu können. Er telefonierte mit Paul, seinem Sohn, du weißt doch, der lebt in England, scheint aber momentan in Hamburg zu sein. Der Geiger hat sich über etwas ganz arg empört, und dann hat er wortwörtlich gesagt: › du bist in … was? Schwul …? Das kannst du mir besser unter vier Augen erklären. Na, ich habe mir so etwas schon gedacht. Gut … ich komme sofort.‹
    Und dann ist er, samt seinem Aktenkoffer, kurz zur Piefke rein, und wieder habe ich Wortfetzen wie › mein Sohn ‹ und › schwul, bitte kommen Sie nach, Frau Piefke ‹ verstanden. Anschließend hat er donnernden Schrittes, grußlos, das Büro verlassen.«
    Ich schüttele verständnislos den Kopf. »Dass das immer noch ein Thema ist, ich meine, in der heutigen Zeit?«
    Frau Piefke kehrt polternd zurück und unterbricht unseren Informationsaustausch. Eilig rafft sie ihre Sachen zusammen, sagt kurz und knapp »Ich muss dem Chef hinterher« und rauscht, ebenfalls grußlos, an uns vorüber.
    Herrlich, sturmfreie Bude!
    Jetzt darf ich endlich meine Neuigkeit herausposaunen. Bruni klatscht in die Hände. »Siehst du, er ist froh, wenn er mit dir wieder im Reinen ist.« Zielsicher stöckelt sie in Geigers Büro, öffnet eine Glasvitrine und kommt mit zwei edel eingepackten Cognac-Pralinen zurück.
    »Wenn das kein Grund zum Anstoßen ist«, sagt sie feierlich.
    Ich seufze leise. »Das Rad der Fortuna dreht sich, Bruni! Heute unten, morgen wieder oben. Im Grunde habe ich ihm längst verziehen, aber ein wenig werde ich ihn schon noch zappeln lassen. Roger hat noch nicht einmal das zerkratzte Auto und seinen verbrannten Hintern erwähnt, ist er nicht großherzig?«
    »Ich weiß nicht, von welchem Auto du sprichst«, erinnert sie mich lachend an das Gespräch, dass wir vor Kurzem geführt hatten. »Denk dran, das kann jeder gemacht haben.«
    Ich betrete die Klinik und bemerke die bewundernden Blicke zwei junger Männer, die in Rollstühlen sitzen.
    Der in dem grünen Jogginganzug grinst seinen Kumpel breit an. »Da hat sich die Mutti aber ordentlich für den Papa aufgedonnert, was?«
    Ich bleibe stehen, bücke mich kurz und entferne nicht vorhandene Fusseln von meinen Schuhen. Die spinnen ja wohl! Von wegen Mutti ! Die haben ganz offensichtlich die falschen Medikamente geschluckt.
    »Wenn ihn dieser Anblick nicht wieder schnell auf die Beine bringt«, diagnostiziert der rote Jogger.
    Wieder in voller Größe ignoriere ich die beiden Volltrottel, kann jedoch nicht umhin, ein wenig Eindruck zu schinden. Ich halte einen chinesischen oder japanischen (also ich kann die nie unterscheiden) Weißkittel am Ärmel fest und rede so laut, dass die beiden Schlaumeier es hören können. »Entschuldigung. Wissen Sie vielleicht, ob mein Mann, Dr. Roger Magnussen, noch im OP ist? Ich wollte ihm nur den Porscheschlüssel bringen.«
    Auf dem kleinen Namensschild an seinem Kittel steht ›Dr. Li Laa‹. Es wäre wie ein Sechser im Lotto, wenn dieser kleine Mann Roger kennen würde, denn in der riesigen Klinik kann unmöglich jeder jeden kennen. Der Asiat, der sich in Augenhöhe mit meinen Brustwarzen befindet, nickt jedoch heftig. Mist!
    »Logel ist in del Notaufnahme, da können Sie im Moment abel nicht stölen.« Er legt Daumen und Zeigefinger unter sein Kinn und überlegt. »Abel …, Logel ist doch gal nicht velheilatet …, und einen Polsche fählt el auch nicht.«
    »Doch, el fählt sehl wohl einen Polsche! Einen Loten!«, äffe ich ihn nach. Als wenn dieser kleine Mann wüsste, welches Auto Roger fährt. Für die › Eheflau‹ fällt mir kein passendes Argument ein, aber ich weiß, dass ich es bald sein werde. Ich schiele kurz Richtung Rollstühle. Der Gesichtsausdruck der Männer verrät, dass sie sich noch nicht entschieden haben, wem sie glauben sollen. Der
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