Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lügen haben rote Haare

Lügen haben rote Haare

Titel: Lügen haben rote Haare
Autoren: Anne-Marie Käfer
Vom Netzwerk:
und nickte verständnisvoll. Nachdem sie leise anmerkte, dass meine Schwester ja ganz ordentlich zugelegt hätte, wo sie doch immer ein so zierliches ›Püppchen‹ war, stieg mein Gute-Laune-Pegel. Ich nickte verschwörerisch und schenkte Frau Ahlers mein schönstes Lächeln.
    Meine Mutter äußerte große Bedenken, dass ihre ältere Tochter nie und nimmer nach der Entbindung wieder auf ihr Normalgewicht käme, und Conny schossen nach solchen Sprüchen, wie auf Knopfdruck, Tränen in die Augen. Obwohl das ›trächtige Mutterschiff‹ eigentlich sehr humorvoll mit den Witzen meines Vaters umging, sprach sie sechs Wochen vor der Entbindung ganze drei Tage nicht mit ihm. Und das nur, weil er erwähnte, dass in der Hamburger Morgenpost stand, in der Lindenallee in Sülldorf habe eine Explosion stattgefunden. Prustend gestand er: »Conny, in diesem Moment dachte ich, dass du geplatzt sein könntest.«
    Opa Heini dagegen war feige. Er agierte stets wortlos hinter Connys Rücken. So, dass sie es nicht sehen konnte, formte er mit beiden Händen einen imaginären Riesenbauch oder watschelte breitbeinig und schwerfällig hinter ihr her.
    Ich schrecke aus meiner Schlafstellung hoch, weil Bruni mich unter dem Schreibtisch mit sanften Tritten attackiert.
    Nikolaus steht neben unserem Schreibtisch, schüttelt den Kopf und trommelt nervös mit zwei Fingern auf der Tischplatte. Hastig drehe ich mein bekritzeltes Blatt um und richte die Sonnenbrille, die jetzt quer über meinem Gesicht hängt. Ich fühle mich zu Recht ertappt und laufe rot an.
    »Wie Sie wissen, Frau van Goch, bin ich ein umgänglicher Mensch, und darum bitte ich zu entschuldigen, dass ich Ihren«, jetzt wird seine Stimme etwas lauter, »Schönheitsschlaf störe!« Als er bemerkt, wie beschämt ich bin, fügt er sanfter hinzu: »Reichen Ihnen zehn Minuten, um wach zu werden?«
    Ich bekomme kein Wort heraus und nicke verlegen. Nikolaus verschwindet wieder in sein Arbeitszimmer und lässt die Tür halb geöffnet.
    Bruni flucht leise. »Ich habe ihn nicht hereinkommen gehört, sonst hätte ich dich eher getreten«, flüstert sie entschuldigend.
    »Ist doch egal«, murmele ich mit einem Blick auf meine Armbanduhr. Ich schnappe mein Handy und stehe abrupt auf.
    »Bin kurz Pipi, ich laufe gleich über …, noch neun Minuten.«
    Im Laufschritt haste ich über den Flur, denn ich habe die Angewohnheit, immer in letzter Sekunde pinkeln zu gehen.
    Während ich in akrobatischer Stellung versuche, natürlich ohne mich auf den Tiefspüler zu setzen, die Keramik zu treffen, klingelt mein Handy. Ich erkenne Rogers Kliniktelefonnummer auf dem Display und drücke mit einem warmen Dankbarkeitsgefühl im Magen die Annahmetaste. Mit der rechten Hand zerre ich an meinem Slip, damit er nicht mit der Klobrille in Berührung kommt.
    »Wir müssen reden, Karo …«
    Ich unterbreche ihn. »Stopp, Roger. Komm mir jetzt nicht mit irgendwelchen Ausreden, etc. pp. Von wegen Entschuldigung und alles ist wieder im Lot! Das kannst du vergessen!«
    Statt darauf einzugehen, fragt er: »Wo bist du? Was rauscht da so?«
    »Wo soll ich schon sein? Ich bin in der Firma. Im … im Spa-Bereich. Der Wasserhahn läuft.« Spa-Bereich hört sich irgendwie viel besser an als WC-Kabine. Endlich hört das Rauschen auf, ich wurstele den Slip über die Hüften.
    Roger schnappt nach Luft. »Ihr habt einen Spa-Bereich?«
    »Sicher, seit gestern. Wir sind ja hier nicht in einem ollen Krankenhaus.«
    Nach einer kurzen Pause schlägt Roger vor: »Hast du heute Zeit? Gegen 17 Uhr? Wir könnten uns im Krankenhaus in der Cafeteria treffen, ich habe Nachtdienst.«
    Ich lasse mir die Enttäuschung nicht anmerken, eigentlich hätte er den Dienst tauschen können. Versöhnung in der Cafeteria feiern? Der beste Italiener der Stadt wäre heute gerade gut genug gewesen, menno. Aber gut, Männer sind in dieser Beziehung eher unromantisch. Was sollʼs. »Okidoki, ich komme.«
    Ein zufriedenes, wieder vollkommen abgeschwollenes Gesicht blickt mich aus dem Spiegel an. Ich wasche mir flott die Hände. Als ich aus dem Sanitärbereich eile, stoße ich mit Frau Piefke zusammen, die augenscheinlich auch mal dringend für ›kleine Mädchen‹ muss, sie läuft x-beinig.
    »Sie brauchen bei Herrn Geiger nicht mehr zu klopfen, der musste dringend weg«, erklärt sie mir, als sie in die Kabine gehen will, in der ich vorher war.
    Mist, ich habe vergessen abzudrücken. »Da nicht rein, Frau Piefke, da wurde nicht abgedrückt«, rufe ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher