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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten
Autoren: Marian Keyes
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Ahnung, Lucy, aber so ist das nun mal.«
    Tu nicht so, als ob du alles wüßtest, dachte ich nervös.
    Ich holte tief Luft. »Daniel, ich muß mit dir sprechen.« Aber als ich ihm dann zu sagen versuchte, was mir fehlte, war das nicht so einfach, wie ich angenommen hatte. Es war sogar ausgesprochen schwierig und peinlich.
    Die romantische Vorstellung, daß ich auf ihn zustürmte und er mir den Kummer wie mit einem Zauberschlag wegküßte, war verflogen. Er hatte eine neue Freundin, zum Teufel. Ich war nur seine gute Freundin. Ich hatte keinen Anspruch auf ihn. Was konnte ich da sagen? Etwa »Daniel, schieß die Tussi in den Wind«? Das ging ja wohl kaum.
    »Äh, Lucy, worüber möchtest du mit mir sprechen?« fragte er, nachdem viele Sekunden vergangen waren und ich nach wie vor nichts gesagt hatte.
    Ich sah ewig lange auf meine Hände, bevor ich die richtigen Worte fand. »Charlotte hat gesagt, sie hat dich mit ’ner Frau gesehen, und ich war, äh, eifersüchtig«, brachte ich schließlich heraus. Ich wich seinem Blick aus und machte mich klein.
    Vielleicht war es doch kein guter Einfall gewesen, es ihm zu sagen. Vielleicht war der Einfall sogar ausgesprochen schlecht gewesen.
    Mir wurde klar, daß ich nicht hätte kommen sollen. Ich mußte verrückt gewesen sein. Ich hätte einfach ins Bett gehen und die weitere Entwicklung abwarten sollen. Irgendwann wäre der Schmerz schon vergangen.
    »Nur, weil sie klein ist und dunkles Haar hat«, fügte ich rasch hinzu, in einem Versuch, verlorenen Boden wieder gutzumachen und verlorene Würde wiederzuerlangen. Was die Würde anbelangte, hatte ich mich vorher geirrt – bei Daniel war ich auf sie angewiesen. »Es macht mir nichts aus, wenn du mit strammen Blondinen ins Bett gehst, aber ich muß immer wieder an den Abend im Haus meines Vaters denken, als du mich zurückgewiesen hast. Ich dachte immer, es hätte daran gelegen, daß ich nicht dein Typ bin. Es war kein schönes Gefühl, als mir Charlotte sagte, daß die Frau, mit der sie dich gesehen hat, ein bißchen wie ich aussah. Was stimmt nicht mit mir...?«
    »Ach, Lucy«, sagte er mit einer Art Lachen. Lachte er mich aus, oder war er erleichtert? War es ein schlechtes oder ein gutes Zeichen?
    »Ich nehme an, daß dir Sascha tatsächlich ein bißchen ähnelt«, sagte er. »Es war mir gar nicht aufgefallen, aber jetzt, wo du das sagst...«
    Sascha. Natürlich. Warum konnte sie nicht einfach Madge heißen?
    »Mehr wollte ich nicht wissen«, sagte ich munter, in einem wirklich späten Versuch, verlorenes Terrain zurückzugewinnen. »Sonst ist alles in Ordnung. Ich hab wie üblich zu stark reagiert. Du kennst mich ja. Es war schön, es loszuwerden. Jetzt muß ich aber gehen...«
    Ich erhob mich, und wenn ich sofort gegangen wäre, hätte ich den Auftritt meines Zorns verpaßt. Aber nein, ich traf ihn an der Tür, während er hereinkeuchte, vom langen Weg durch die Stadt ausgepumpt. »Entschuldige die Verspätung«, stieß er hervor und faßte sich an die Brust. »Der entsetzliche Verkehr. Jetzt bin ich aber da...« Und damit attackierte ich Daniel mit plötzlicher Wut.
    »Du hättest mir ja wenigstens sagen können, daß du ’ne neue Freundin hast, statt mir all den... all den... Scheiß aufzutischen«, stieß ich hervor, »von wegen ich müßte mehr unter Leute gehen. Warum hast du nicht einfach gesagt, daß ich dir im Weg bin und Sascha dich dringender braucht als ich. Ich hätte das schon verstanden.«
    Er machte den Mund auf, um etwas zu sagen, aber ich kam ihm zuvor.
    »Ein Wort von dir hätte genügt, wenn du mich aus dem Weg haben wolltest. Meinst du denn, es hätte mir was ausgemacht, glaubst du etwa, ich wär’ eifersüchtig gewesen? Das ist ja wohl das Letzte! Du hältst dich wohl für den größten Verführer aller Zeiten und glaubst, jede Frau ist verrückt nach dir.«
    Wieder bemühte er sich, etwas zu sagen. Wahrscheinlich wollte er meine Vorwürfe abstreiten, aber er hatte nicht die geringste Chance.
    »Wir sind angeblich gute Freunde, Daniel. Wie kannst du da so tun, als läge dir mein Wohl am Herzen, wenn es nicht stimmt?«
    »Aber...«
    »Es ist doch deutlich zu sehen, daß der einzige, der dir am Herzen liegt, du selbst bist!«
    Das war bei den meisten Streitigkeiten der Moment, in dem wütendes Gebrüll in tränenreiches, zitterndes Schluchzen umschlägt. Ich war keine Ausnahme – man hätte die Uhr danach stellen können. Meine Stimme verließ die nach oben offene Kreischskala, und ich merkte, daß
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