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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten
Autoren: Marian Keyes
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auf ihn so mitleiderregend gewirkt?
    Auf einmal hatte sich der Tag bewölkt. Ich saß schweigend da. Geburtstag hin oder her – ich war viel zu wütend, als daß ich freundlich zu ihm hätte sein können.
    »Ich werde dich also in Zukunft nicht mehr so häufig sehen«, sagte ich.
    »Versteht sich«, sagte er gut gelaunt. Am liebsten hätte ich losgeheult.
    Ich saß da und starrte mürrisch den Tisch an. Daniel hatte sich wohl von meiner Stimmung anstecken lassen, denn auch er war ganz gegen seine sonstige Gewohnheit sehr gedämpft.
    Die Mahlzeit war kein solcher Erfolg, wie man angesichts der ausgesuchten Rüpelhaftigkeit des Personals hätte erwarten dürfen. Zwar war das Essen ganz ordentlich, aber ich brachte keinen Bissen hinunter. Ich hatte die Nase von Daniel gestrichen voll. Woher nahm er die Frechheit, sich für mich zu freuen? Als wäre ich behindert oder was.
    Zum Glück lieferte uns das unmögliche Verhalten der Bedienungen Gesprächsstoff. Jede einzelne von ihnen behandelte die Gäste so von oben herab, war von solcher Arroganz und schlichter, altmodischer Flegelhaftigkeit, daß Daniel und ich gegen Ende der Mahlzeit wieder ansatzweise miteinander redeten.
    Als wir Kaffee bestellen wollten, übersah uns der Kellner betont. Daraufhin sagte Daniel: »Wichser.« Dabei lächelte er mir ein wenig zu.
    »Dämlicher Sack«, stimmte ich ihm lächelnd zu.
    Als die Rechnung kam, stritten wir darum, wer sie bezahlen durfte.
    »Nein, Daniel«, sagte ich fest. »Heute bin ich dran. Du hast Geburtstag.«
    »Willst du wirklich?«
    »Ich will wirklich«, sagte ich mit einem Lächeln. Es verging mir, als ich den Rechnungsbetrag sah.
    »Laß mich die Hälfte übernehmen«, schlug Daniel vor, der den entsetzten Ausdruck auf meinem Gesicht offenbar richtig gedeutet hatte.
    »Kommt überhaupt nicht in Frage.« Wir stritten uns weiter. Daniel versuchte, mir die Rechnung zu entreißen, ich entriß sie ihm usw. usw. Schließlich ließ er freundlicherweise zu, daß ich bezahlte.
    »Vielen Dank für ein tolles Essen«, sagte er.
    »So toll war es nun auch wieder nicht, was?« gab ich betrübt zurück.
    »Doch«, sagte er mannhaft. »Ich wollte den Schuppen immer schon kennenlernen, und jetzt weiß ich, wie es da ist.«
    »Versprich mir was, Daniel«, bat ich ihn mit Nachdruck.
    »Was du willst.«
    »Daß du nie wissentlich und willentlich noch mal hierhergehst.«
    »Ist versprochen.«
    Ich begleitete ihn zur U-Bahn und ging dann zur Bushaltestelle weiter. Ich war zutiefst deprimiert.
     
    Tom erwies sich als Mann von Welt vom Scheitel bis zur Sohle. Wie vereinbart klingelte er um Punkt sieben und kam wie vereinbart nicht in die Wohnung. Was ihm an elegantem, ätherischem und anmutigem gutem Aussehen fehlte, machte er durch seinen Selbsterhaltungstrieb mehr als wett. Er war kein Dummkopf und sah in Karen eine wutschnaubende und rachsüchtige Verliererin.
    Ich eilte nach unten, wo er in seinem Wagen wartete. Sein Anblick hinter dem Steuer versetzte mir eine Art Schock. Es war nichts Schlimmes – nur sah er so aus, als müßte er eigentlich an einem Fleischerhaken hängen. Diesen Eindruck verstärkte noch das rote Hemd, das er trug. Hoffentlich ließ er sich nie die Nase piercen.
    Er fuhr mit mir zu einem Restaurant – es war just das Lokal Zu des Kaisers neuen Kleidern, in dem ich mit Daniel gewesen war. Ungläubig und voll Abscheu starrte Maurice, der noch Dienst hatte, herüber, als Tom in meiner Begleitung durch die Tür stürmte und mit den Hufen auf dem Boden scharrte.
    Nach dem Diner mit allem Drum und Dran versuchte er mich in seine Wohnung zu lotsen; wohl um dort die Stellung Neunundsechzig auszuprobieren. Er hatte nicht die geringste Aussicht. Er war ganz nett, aber ins Bett gegangen wäre ich nicht einmal dann mit ihm, wenn er der letzte Mann auf dem Planeten gewesen wäre. Nicht nur schien ihn meine Ablehnung nicht im geringsten zu stören, seine Augen leuchteten im Gegenteil voll Bewunderung auf.
    »Würdest du gern unter der Woche mal mit mir ausgehen?« fragte er eifrig. »Wir könnten ins Theater gehen.«
    »Mal sehen«, sagte ich zweifelnd.
    »Es muß nicht unbedingt das Theater sein«, fuhr er fort. Er wirkte bemüht. »Wir könnten auch kegeln oder Go-Kart-Fahren gehen. Worauf du Lust hast.«
    »Mal sehen«, sagte ich. Ich empfand ihm gegenüber ein schlechtes Gewissen. »Ich ruf dich dann an.«
    »In Ordnung«, sagte er. »Hier hast du meine Nummer. Und hier meine Nummer in der Firma. Und hier die von meinem
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