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Lucy im Himmel (German Edition)

Lucy im Himmel (German Edition)

Titel: Lucy im Himmel (German Edition)
Autoren: Stefanie Mohr
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eleganten Handbewegung zum Einsteigen auf.
         »Ich möchte bitte nach Nürnberg, in die Gruft in den Arkaden an der Westmauer des Johannisfriedhofs«, sagte ich mein auswendig gelerntes Sprüchlein auf, das mir Helene eingetrichtert hatte. Das war nämlich der Ort, der üblicherweise in meiner Gegend als Landestation für Engel benutzt wurde. Der Liftboy nickte und schloss das Türgitter.
         Helene hob die Hand und winkte mir zum Abschied kurz zu. »Denk dran, der Aufzug holt dich in genau achtundvierzig Stunden wieder ab.«
         Bevor ich noch antworten konnte, sausten wir jedoch schon nach unten.
     
    Ich wäre fast in die Knie gegangen, hätte mich der Engel nicht am Ellenbogen gefasst und festgehalten.
         »Zum ersten Mal mit einem Aufzug unterwegs, Frau Kollegin?«, fragte er grinsend. »Ich bin übrigens Manuel.«
         »Ich bin kein Engel«, sagte ich leise und wurde rot. »Ich gehe zurück auf die Erde, weil mein Mann nicht über meinen Tod hinwegkommt und die Engel nicht mehr weiter wissen.«
         Manuel sah mich überrascht an. »Oh. Da wird dir aber eine große Ehre zuteil. Gabriel muss dich sehr mögen. Ich habe noch nie einen Menschen zurück auf die Erde gebracht.«
         »Ach, in zwei Tagen bin ich ja schon wieder hier oben.« Dann fiel mir ein, dass ich mich nicht einmal vorgestellt hatte. »Ich heiße Lucy.«
         Engel Manuel ergriff meine Hand und schüttelte sie. »Na, vielleicht macht dir die Mission ja so viel Spaß, dass du danach beschließt, dich für eine Engelsausbildung zu bewerben. Wir haben im Moment nämlich ein paar Probleme mit dem Nachwuchs.«
         »Man kann lernen, ein Engel zu sein?«, fragte ich ungläubig.
         Manuel nickte. »Natürlich. Du musst nur den Eignungstest bestehen. Dann ist es ein ganz normaler Ausbildungsberuf. Oder hast du gedacht, wir fallen einfach so vom Himmel?« Er musste über sein eigenes Wortspiel lachen.
         Mir sausten die Ohren. Wollte er mich auf den Arm nehmen? Plötzlich begann der Aufzug langsam zu bremsen, bis er schließlich ganz sanft zum Stehen kam. Manuel trat vor und öffnete das Gitter, dann ließ er mich aussteigen.
         Um uns herum erstreckte sich ein großer quadratischer Raum, an dessen Wänden in antik aussehenden Schalen Flammen züngelten, die gespenstische Schatten warfen. Sobald wir die Gruft betraten, loderte das Feuer heller, sodass der Raum gleich ein bisschen weniger gruselig wirkte. Insgeheim hatte ich befürchtet, dass sich in der Gruft Särge befinden könnten; stattdessen stand an einer Seite des Raumes eine einfache Bank, wie es sie früher an Bushaltestellen gegeben hatte.
         »Nanu?« Mein Begleiter sah sich suchend um. »Niemand da, um dich in Empfang zu nehmen?«
         »Nein, die Engel haben alle zu viel zu tun.«
         »Ich sag ja: Personalengpass. Hat dir Helene wenigstens gesagt, wie du hier rauskommst?«
         »Ja«, murmelte ich zögerlich. »Ich soll die Stufen hinaufgehen. Am Ende ist eine Tür, die aus der Gruft führt. Durch die muss ich hindurchgehen, ohne sie aufzumachen.« Meine Stimme wurde immer unsicherer. Oben im Himmel hatte es sich noch nicht so abstrakt angehört wie hier unten. »Könntest du vielleicht warten, bis ich draußen bin, bevor du zurückfährst? Ich meine ... falls ich es nicht schaffe«, beendete ich den Satz fast im Flüsterton. Mein Gott, wäre das peinlich, wenn ich schon an der Tür scheitern würde und über mein Handy einen Notruf in den Himmel schicken müsste.
         »Warte, ich komme schnell mit bis zur Tür.« Manuel nahm mich bei der Hand. Sofort fühlte ich mich erleichtert.
         Wie sich einen Augenblick später herausstellte, war alles ganz einfach. Ich schreckte nur im ersten Moment zurück, weil es ungewohnt war, durch etwas hindurchzugehen. Aber schlussendlich war es nicht schwerer, als eine Hand in einen Eimer Wasser zu stecken. Im Freien drehte ich mich noch einmal um und winkte Engel Manuel zu, dann lief ich durch die Arkaden in die Sonne.
     
    Ein warmer Sommertag empfing mich. Ich blieb stehen, schloss die Augen, hielt mein Gesicht in die leichte Brise und atmete den Duft eines nahen Rosenstrauchs ein.
         Nach einer Weile beschloss ich, auf dem Weg zum Ausgang schnell mein Grab zu besuchen. Ich drehte mich um und ... stieß mit einer Frau zusammen, die mit dem Rücken ganz nah hinter mir stand. Sie fuhr erschrocken herum.
         »Oh Gott, ich habe Sie gar
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