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Lotte, Motte und ich

Lotte, Motte und ich

Titel: Lotte, Motte und ich
Autoren: Meike Haas
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nicht mehr gab. Ich sah den Tisch und sehnte mich nach der richtigen Küche drum herum. Nach unserer Küche in dem kleinen Häuschen in Bergenheim. Nach der Wiese hinterm Haus und nach Amelie, die zwei Häuser weiter wohnte und die mich nie so anschaute, als sei ich ein bisschen doof, auch nicht, wenn ich etwas Dummes fragte.
    Mama und Olov tranken Kaffee und sprachen darüber,was sie noch im Baumarkt besorgen mussten und welche Kisten sie schon auspacken konnten. Ich dachte, dass Amelie auf jeden Fall gesagt hätte: Komm doch nach dem Frühstück zu mir. Dann hätten wir uns getarnt. Denn Tarnen war unser Lieblingsspiel. Wir hätten uns Grasbüschel in die Haare geflochten und wären völlig unsichtbar durch die Wiese geschlichen, und wenn ich gesagt hätte, lass uns Zaubersprüche machen, wäre sie sofort dabei gewesen.
    »Warum kann Amelie nicht zu meinem Geburtstag kommen?«, sagte ich.
    Mama seufzte nur. Sie hatte es mir nämlich schon zehn Mal erklärt. Amelie konnte nicht kommen, weil das Baby ungefähr an meinem Geburtstag auf die Welt kommen sollte. Amelie wohnte ja jetzt so weit weg, dass sie übernachten musste. Aber um einen Übernachtungsgast konnte Mama sich nicht kümmern, wenn das Baby kam. Ich fand das so blöd von dem Baby, dass es sich ausgerechnet meinen Geburtstag ausgesucht hatte!
    Ich wollte wirklich gern eine Schwester haben oder meinetwegen auch einen Bruder, aber nicht an meinem Geburtstag! Das würde dann ja nicht nur in diesem Jahr blöd sein, sondern immer! Das Baby hätte jedes Jahr an meinem Geburtstag Geburtstag. Das war total ungerecht.Mama hatte zwar gesagt, dass es höchstwahrscheinlich nicht genau am selben Tag auf die Welt kommen würde, sondern kurz davor oder danach, aber vielleicht war es auch pünktlich.
    Olov beugte sich zu mir. »Es fällt uns sicher noch was Gutes ein für deinen Geburtstag.«
    »Was denn?«, rief ich. »Ich habe hier ja nicht mal Freundinnen, die ich einladen kann! Und außerdem hat Mama mir versprochen, dass ich an meinem neunten Geburtstag Freundinnen zum Übernachten einladen darf!«
    »Tinka, nicht schon wieder!«, sagte Mama mit Stirnfalte. Sie war wütend, wie jedes Mal, wenn wir darüber sprachen.
    Es war nämlich so, dass ich schon im letzten Jahr, als ich acht wurde, eine Pyjama-Party machen wollte, und damals hatte Mama gesagt: Nächstes Jahr. Und jetzt war ja nächstes Jahr. Und sie hatte es versprochen.
    Aber Mama meinte, in der Zwischenzeit sei so vieles passiert, was sie damals nicht wissen konnte, und darum würde ihr Versprechen nicht mehr gelten. Das finde ich nicht. Dann würden Versprechen nämlich nie gelten, weil man nie weiß, was passiert.
    Mama öffnete also gerade ihren Mund, um zu sagen: »In der Zwischenzeit ist so viel passiert«, da klingelte es ander Tür. Sie machte den Mund wieder zu und stand auf. Ich lief hinterher, um zu sehen, wer es war.
    Lotte! Und ihre Mutter. Das erkannte ich sofort. Die Frau neben ihr hatte nämlich genau dieselbe sommersprossige Steckdosennase. Sie sagte: »Guten Tag. Wir sind die Müllers von gegenüber. Karin heiße ich. Wir können uns doch duzen?«
    Mama nickte und streckte Lottes Mutter ihre Hand entgegen. »Andrea«, sagte sie. Mehr nicht, denn Lottes Mutter redete einfach weiter. »Tinka und Lotte haben sich ja schon kennengelernt und jetzt wollten wir fragen, ob Tinka nicht den ganzen Tag bei uns verbringen will. Ihr habt doch hier sicher alle Hände voll zu tun.«
    Schnell schaute ich zu Mama. Sie lächelte, bestimmt fand sie die Einladung genauso gut wie ich.
    »Das ist aber nett!«, sagte sie. »Wollt ihr nicht reinkommen ...« Dann schaute Mama unsicher in den Gang mit den vielen Kisten und sagte: »... es ist nur ein bisschen ...«
    »Nein, nein, nein, wir wollen gar nicht stören. Nur Tinka wollen wir.« Lottes Mutter beugte sich näher zu Mama hin. »Das Ganze ist der pure Eigennutz. Lottes Freundin ist im Urlaub und jetzt sitzt sie immer bei mir in der Wohnung herum und will unterhalten werden. Da kommt Tinka wie gerufen!«
    »Ja, also, meinetwegen ... gerne!«, sagte Mama.
    »Und was meinst du, Tinka?«, fragte Karin.
    »Ich will auch!«
    »Vormittags sind wir zu Hause«, sagte Karin jetzt zu Mama, »und nachmittags radeln wir in die Stadt in die Eisdiele.«

    Genau so machten wir es! Erst gingen wir in Lottes Zimmer. Ich wusste ja schon ein bisschen, wie es aussah, weil ich mit dem Fernglas hineingeschaut hatte. Aber von innen konnte ich auch ihr Bücherregal sehen und die vielen
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