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Lotte, Motte und ich

Lotte, Motte und ich

Titel: Lotte, Motte und ich
Autoren: Meike Haas
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guckte, und begann lauter freundliches Zeug herauszusprudeln: »Ach ja, wie nett von Ihnen! Wir haben ihn schon vermisst« und so.
    Aber die Petzel-Petze ließ Mama nicht ausreden. »Ich hätte mir beinahe den Knöchel gebrochen, weil er im Hauseingang lag!«
    »Oh!«, sagte Mama jetzt.
    »Direkt vor den Briefkästen! Da muss man ja stolpern!« Jetzt streckte sie Mama ihre andere Hand entgegen, daran baumelte ein Schuh mit kleinen Riemchen und an der dünnen Sohle baumelte etwas, das ich gar nicht erkennen konnte. Aber die Petzel-Petze sagte es schon. »Der Absatz ist ab! Weil ich umgeknickt bin! Das war ein teurer Schuh! Ich bitte Sie, daran zu denken, dass hier im Haus auch Leute wohnen, die arbeiten müssen! Der Lärm im Hof ist schon schwer erträglich für jemanden, der seinen Schlaf braucht! Und herumliegendes Spielzeug ist wirklich nicht zu tolerieren!« Sie überreichte Mama den Ball. »Ich bringe den Schuh zum Schuster, die Rechnung lasse ich Ihnen schicken.« Dann drehte sie um und stöckelte davon.
    »Blöde Ziege!«, murmelte Mama und zog die Tür zu.
    »Total blöde Ziege«, stimmte ich zu. Ich dachte, wirkönnten zusammen auf die Petzel-Petze schimpfen, dazu hatte ich große Lust, weil ja sowieso so viel Wut in mir drin war.
    Aber Mama wollte nicht mit mir zusammen schimpfen, sondern gegen mich. Sie drehte sich um und die Falte auf ihrer Stirn war so tief wie nie zuvor. »Was hast du da eben erzählt, von wegen geklaut und so? Vor den Briefkästen lag er! Im Hausgang! Und anstatt einmal die Augen aufzusperren, erfindest du irgendwelche Geschichten, um dich herauszureden!«
    »Nein!«, schrie ich. »Lotte hat das gesagt!«
    »So. Und jetzt schiebst du die Schuld auch noch auf Lotte! Das finde ich unmöglich! Man muss wenigstens für seine Fehler geradestehen!«
    Ich zog schnell die Tür zu und hockte mich hinter den halb aufgehängten Vorhang.
    Mama kam hinterher und redete auf den Vorhang ein. »Das geht so wirklich nicht. Das ist schlimmer, als den Ball zu verschlampen. Du kannst doch nicht einfach alles auf deine neue Freundin schieben, nur um nicht suchen zu müssen!«
    »Neue Freundin! Von wegen!«, schrie ich verzweifelt – und da war es auf einmal still.
    Es dauerte eine Weile, dann schob Mamas Hand denVorhang beiseite und ihr Gesicht guckte besorgt herein. »Habt ihr euch gestritten?«, fragte sie.
    »Das geht dich gar nichts an!«, sagte ich, aber da musste ich schon schluchzen.
    Mama setzte sich umständlich und schnaufend zu mir. »Komm mal her, Tinka«, sagte sie und streckte die Arme nach mir aus.
    Da kroch ich zu ihr und legte meinen Kopf auf ihren dicken schwangeren Bauch. Mama streichelte mir die Schulter und ich heulte in ihr T-Shirt hinein und erzählte alles: von Motte und der Zauberspruchmaschine, von Fabian und der Ermittlung, von Frau Hellmann und dem Hund und davon, dass Motte jetzt wieder da war und Lotte von mir nichts mehr wissen wollte.
    Mama hörte zu und nickte und verstand alles. An der Schulter spürte ich ihrenwarmen Arm und an der Backe spürte ich ihren warmen Bauch. Und einmal, gerade als ich »Die blöde Motte!« sagte, boxte das Baby von innen dagegen. Da wusste ich, dass mein Geschwisterchen auch meiner Meinung war.

    Als ich fertig geweint hatte, schlug Mama vor, dass sie mit mir bei Frau Hellmanns Tochter anrufen würde, und das fand ich super. Sie sagte noch einige andere Sachen. Dass ich nie mehr andere grundlos verdächtigen sollte (so wie wir das mit Fabian gemacht hatten) und nie mehr einfach die Schuld auf andere schieben (so wie ich das mit Lotte gemacht hatte). Aber das wusste ich ja schon und drum nickte ich nur ungeduldig.
    Sie sagte auch, dass es ganz normal sei, wenn Lotte und Motte jetzt viel zu bereden hatten, sie seien schließlich beste Freundinnen. Das würde aber noch lange nicht bedeuten, dass Lotte mich nicht mehr mochte, und bestimmt könnten wir alle drei Freundinnen werden. Da nickte ich auch, obwohl ich ja gar nicht mit Motte Freundin werden wollte. Ich nickte, weil ich endlich telefonieren wollte!
    »Also dann«, sagte Mama und wuchtete sich nach oben. Ich gab ihr den Zettel mit der Telefonnummer und trabte hinter ihr her zum Telefon.

9
Der halbe Hund
    Ich finde, fremde Leute anzurufen ist scheußlich. Man weiß nicht, wer ans Telefon geht und ob man Sie oder Du sagen soll und wie man erklärt, wer man überhaupt ist. Ich war sehr zufrieden, dass Mama wählte. Und ich war sehr zufrieden, als sie sagte: »Guten Tag Frau Hellmann, hier ist
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