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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition)
Autoren: Lost Place Vienna
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entgegen.
    »Hallo, Zirner. Was gibt’s? … Verstehe. Nein, damit war zu rechnen.
Keine Sorge, damit komm ich schon klar. Bis später.« Sie steckte das Handy ein
und wich einer Gruppe italienischer Touristen aus, die aus dem Belvedere auf
den Gehsteig strömten und in ihrer Landessprache plapperten. Valentina dachte
wieder an ihre Mutter. Vielleicht würde sie doch bald mal wieder mit ihr
telefonieren müssen. Aber dann vom anderen Telefon aus. Das musste getrennt
werden. Alles musste getrennt werden, nichts durfte sich mischen. Die Familie
hatte mit ihrem Beruf nichts zu tun, überhaupt nichts. Wer anfing zu mischen,
befand sich bereits im Netz der Gefälligkeiten und der Korruption. Deswegen
hielt sie sich ihre privaten Kontakte auf einem anderen Telefon. Und das
klingelte fast nie.
    Ein kleines Mädchen hatte sich von der Hand seiner Mutter gerissen
und rannte einem Ball hinterher. Valentina stoppte ihn mit dem Vorderrad und
kickte ihn mit den Speichen zu dem Mädchen zurück. Zum Glück schob sie das Rad
noch immer. Einen weiteren Unfall hätte sie heute nur schwer verkraftet.
    Sie musste an ihre Begegnung mit Adler denken. Sie würde nach ihm
recherchieren. Er war zwar dreist, aber nicht uncharmant.
    »Hells Bells« erklang wieder aus der aufgesetzten Hosentasche.
Valentina hielt an, da sie bereits vor ihrer Wohnung angekommen war, und
nestelte das Handy hervor.
    » Mamma , woher hast du diese Nummer?«
    * * *
    Zirner lief unruhig in seinem Büro auf und ab. Immer wieder
starrte er auf den Kaktus, der sich einsam auf dem falschen Marmor des Fensterbrettes
in die Höhe reckte und sich mit einigen seiner Stacheln in der Gardine
verfangen hatte. Zwei Blüten kündigten sich an. In den letzten Jahren waren sie
stets abgefallen, ehe sie ihre Pracht entfalten konnten. Auch in diesem Jahr
gab Zirner ihnen keine Chance.
    Dafür gab er Valentina eine Chance. Sie könnte es packen. Für ihn
war der Zug abgefahren, er war für die aktive Seite wertlos geworden. Er hatte
jahrelang gute Arbeit geliefert. Jetzt war er ausgebrannt. Er hatte gehört,
dass sie jemanden für einen Top-Job suchten. Eine Frau. Zirner kannte nur eine
Frau, die das brachte, was gefordert wurde: Valentina. Aber sie war ein
Dickkopf. Und sie hatte ihre Prinzipien. Scheiß auf die Prinzipien, am Ende
dankt es dir keiner, dachte Zirner und schenkte sich einen ein. Einen Grappa
zur Beruhigung, warum auch nicht.
    Dann setzte er sich hinter den Schreibtisch und öffnete die Kladde.
Was er las, gefiel ihm noch immer nicht. Zu viele Informationen wiesen zur
Mafia. So konnte er die Daten unmöglich an Valentina weiterreichen. Sie waren
schon eine Sondereinheit. Aber wenn herauskäme, dass es sich um drei tote
Frauen handelte, die für die Camorra gearbeitet hatten, würde es noch eine
Sondereinheit geben, und der Fall würde ihnen entzogen werden. Und dann wäre sein
Plan beendet, noch ehe er begonnen hatte. Er musste Valentina im Rennen halten.
Sie war seine Pension. Wenn sie einschlug, war er ein gemachter Mann. Er trank
und goss sich noch ein Glas ein. Dann begann er die Akte zu bearbeiten.
    * * *
    Das Gespräch war kurz gewesen. Gespickt mit Floskeln. Nett und
nervig zugleich. Ja, sie hatte sich auch ein wenig gefreut, die Stimme ihrer
Mutter zu hören. Egal, worüber sie geredet hatten. Am liebsten hörte sie noch
immer, wenn ihre Mutter über das Essen sprach. Was sie für wen gekocht hatte
und wer alles gekommen war und wem es besonders gut geschmeckt hatte. Da war
die Welt heil, es gab keine Konfliktzonen. Dass Zio Marco ein kleiner
Geldeintreiber der Mafia war, wog da nicht so schwer, wichtiger war, dass ihm
die Saltimboccabesonders gut geschmeckt hatte.
Valentina konnte alles andere ausblenden. Für einen Moment. Weil sie dem
glückseligen Klang in der Stimme ihrer Mutter lauschte.
    Jetzt hatte sie das Gespräch aber beendet und verfluchte Zio Marco.
Weil er ein schmieriger Ganove war. Und nicht nur das. Vor allem ahnte
Valentina, über welche Wege ihre Mutter an die Telefonnummer gekommen war. Aber
sie durfte sich davon nicht ablenken lassen. Sie hatte sich zu konzentrieren.
Großes stand bevor.
    Es wäre nicht die erste Pressekonferenz, die sie zu halten hatte,
aber drei geköpfte Frauen waren nicht alltäglich. Sie vertraute Zirner, aber
für diese Pressekonferenz benötigte sie einen gewiefteren Mentor.
    Bernhard Fleischhacker hatte der Gesellschaft Jesu angehört, war
zwanzig Jahre lang Jesuit gewesen und dann aus dem Orden ausgetreten,
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