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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition)
Autoren: Lost Place Vienna
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konnte.
    Er wartete trotzdem. Eine Unterredung mit ihr war ihm wichtig.
Bisher hatte er die türkische Putzfrau vernommen und den Vermieter, dem die
Praxisräume gehörten. Außerdem hatte er einige Nachbarn befragt und das
Okuliermesser auf Fingerabdrücke und DNA -Spuren
überprüfen lassen. Fingerabdrücke waren keine zu finden gewesen, und die DNA -Partikel suchten noch ihr gegenüber.
Belledin hätte Hartmanns gesamte Klientel alphabetisch durchforsten können,
aber dann hätte er gleich das halbe Dorf bestellen müssen. Die Befragten
wussten Hartmann nur als freundlichen Menschen, pünktlich zahlenden Arbeitgeber
und Mieter zu preisen, mehr war nicht zu erfahren gewesen. Und da Hartmanns
Verwandtschaft sich bequemte, in Celle zu bleiben, war Christa Faller wohl die
Person, die dem Toten am nächsten gestanden hatte. Immerhin war sie seine
Gehilfin und kannte die Kundschaft, unter der sich der Täter befinden konnte.
Vielleicht hatte aber auch sie Gründe, Hartmann zu töten? Nach all dem, was an
Gerüchten über Hartmanns Vielweiberei kursierte, drängte sich das Motiv
Eifersucht geradezu auf. Und es wäre nicht das erste Mal, dass ein
Arbeitsverhältnis auch auf die private Ebene überschwappte. Wenn man sich den
ganzen Tag im weißen Kittel gegenüberstand, wollte man irgendwann auch wissen,
was es darunter gab. Belledin lachte bei dem Gedanken. Er liebte kleine Schlüpfrigkeiten,
behielt sie aber meist für sich.
    »Die Gedanken sind frei …«, begann er mit tiefem Bass zu singen und
blickte dabei auf seine Armbanduhr. Die Verspätung von Christa Faller sprach
nicht für sie. Vielleicht hatte sie tatsächlich etwas zu verbergen. Das gefiel
Belledin, und er begann lauter zu singen; dabei lief er von einem Raum in den
anderen, in der Hoffnung, dass ihm dabei irgendetwas auffallen würde, was er
bei seiner ersten Besichtigung übersehen hatte.
    * * *
    Killian verglich die Visitenkarte, die Bärbel ihm gegeben hatte,
noch einmal mit der Hausnummer, vor der er stand: Rathausstraße 3. Er kannte
dieses Haus und hatte schwache Erinnerungen an einen Zahnarzt, der ihm die
erste Karies aus den Backenzähnen gebohrt hatte. Reflexartig glitt seine Zunge
über die Keramikplomben, die mittlerweile sein Gebiss füllten, und schloss die
Tür seines Defenders.
    Die Praxis des Heilpraktikers befand sich tatsächlich in den
Folterkammern des einstigen Zahnarztes. Dr. Schindler war einer jener
hartgesottenen Kerle gewesen, die auch in die Gefängnisse gingen, um den
schweren Jungs auf den Zahn zu fühlen. Wenn Killian in Rückenlage gegen das
grelle Licht blinzelte, gab es keine Spritze zur Betäubung, sondern
Gruselgeschichten von Dr. Schindler, der sich weit über ihn beugte und immer
näher kam, je gruseliger die Geschichten wurden. Am liebsten erzählte er den
Witz mit der riesigen Kneifzange, die nie und nimmer in einen Kindermund
gepasst hätte. Und dann lachte er laut und riss sein Maul so weit auf, dass man
seine schlechten Zähne nicht nur sehen, sondern auch riechen konnte. Wie konnte
ein Zahnarzt so faule Zähne haben?
    Die Treppen rochen nach Putzmittel, das vertrieb die Erinnerung an
den fauligen Odem Dr. Schindlers. Eine Türkin, die Mitte fünfzig sein mochte,
wirbelte den nassen Mopp über den falschen Marmor.
    »Affedersiniz«, sagte Killian
in den Rücken der arbeitenden Frau. Sie schrak hoch und drehte sich zu ihm um.
Er lächelte und nahm mit einem großen Schritt drei Stufen auf einmal, um nicht
in das frisch Gewischte zu treten. Die Putzfrau nahm es dankbar auf, lachte
ebenfalls und tauchte den Mopp wieder in den schäumenden Wassereimer.
    Die Eingangstür der Praxis war angelehnt. Killian klopfte dennoch an
und trat dann ein. Es war niemand zu sehen.
    »Hallo? Jemand hier?«, rief er.
    Keine Antwort. Er ging durch einen kleinen Flur, passierte das leere
Wartezimmer und landete an der Rezeption. Als er auch hier niemanden antraf,
wollte er schon wieder kehrtmachen. Aber aus einem der Praxisräume war ein
Geräusch zu vernehmen. Killian ging auf die angelehnte Tür zu und drückte sie
auf. Das Geräusch rührte von einem Drucker, der einen Stapel Papier auswarf.
Doch es war niemand zu sehen, für den der Druckauftrag erledigt werden sollte.
Killian betrat den Raum und spürte plötzlich etwas Hartes in seinem Rücken, das
sich wie der Lauf einer Waffe anfühlte. Instinktiv hob er die Hände und
überlegte rasch, wie er die Bedrohung entschärfen konnte. Die eingetrimmten
Lektionen des Nahkampfes
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